Mehr gemeinnütziger Wohnraum für Zürich

Die Erhebung zu den aktuellen Mietpreisen hatte die Stadt Zürich bereits Anfang November publik gemacht. Am 22. November lud Statistik Stadt Zürich zu einer Informationsveranstaltung zum Thema ein.

Genossenschaft 1: Der gemeinnützige Wohnungsbau wie hier bei einer Genossenschaft im Rütihof soll in der Stadt Zürich weiter gefördert und ausgebaut werden. (Foto: Ilias Islam)

Was sind die durchschnittlichen Mietpreise in der Stadt Zürich? Eine Frage von grossem Interesse, die in der Stadt Zürich bereits seit mehr als 100 Jahren statistisch erhoben wird. So konnte Mauro Baster, der Co-Leiter von Statistik Stadt Zürich, am Informationsanlass Mietpreise von Dreizimmerwohnungen aus dem Jahr 1922 präsentieren: Damals kostete eine Dreiraumwohnung 880 Franken Miete – allerdings pro Jahr. Heute sind die Mieten um einiges teurer. Und genau das war der Anlass für die Veranstaltung «Statistik um 12». Mit der erstmals seit 2006 wieder erhobenen Mietzinserhebung lieferte die Stadt Vergleichsdaten zu früher erhobenen Daten.

Gemeinnützige und «private» Wohnungen erhoben

An der Veranstaltung im Stadthaus präsentierte Urs Rey die Ergebnisse. Die aktuelle Erhebung wurde anhand eines Zweischichtenmodells durchgeführt, in dem Datenlieferungen von Immobilienverwaltungen durch Ergebnisse einer Zufallsstichprobe ergänzt wurden. Insgesamt wurden so die Mietpreise von rund 56 000 Zwei- bis Vierzimmerwohnungen erhoben, was einem Anteil von 34 Prozent an der Gesamtheit der Zürcher Wohnungen entspricht. Dabei wurden Daten für alle Stadtkreise sowie für Quartiere und Quartierverbünde erhoben. Unterschieden wurde nicht nur nach Wohnungsgrösse, sondern auch nach der Dauer des Mietverhältnisses sowie der Eigentümerschaft: Es wurde differenziert, ob sich die Wohnungen in gemeinnützigen oder nicht- gemeinnützigen Eigentumsverhältnissen befinden. Als gemeinnützig gelten dabei Genossenschaften, Vereine oder Stiftungen mit dem Grundsatz der Kostenmiete. Auch die städtischen Wohnungen fallen in diese Kategorie. Nicht-gemeinnützig sind dagegen vor allem die privaten Eigentümerschaften, daneben aberauch Wohnungen des Bundes, des Kantons und anderer öffentlicher Eigentümer.

Gemeinnützige Wohnungen um 40 Prozent günstiger

Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Teuerung bei den Mieten: Gesamtstädtisch stiegen die Mieten pro Quadratmeter in den letzten 22 Jahren im Mittel um rund 30 Prozent, bezogen auf die einzelnen Wohnungen gar um 40 Prozent (der «Höngger» berichtete bereits). Dabei seien jedoch deutliche Preisunterschiede zwischen gemeinnützigem und privatem Sektor auszumachen, wie Rey erklärte. Im gemeinnützigen Wohnungsbau seien die Wohnungen im Mittel rund 40 Prozent günstiger als die privaten. Besonders gross ist die Differenz bei den Neubauten: hier müssen Mieter*innen im privaten Bereich aufgrund der hohen Bodenpreise deutlich mehr berappen als in gemeinnützigen Mietverhältnissen.
Auch auf Quartiersebene lassen sich innerstädtische Differenzen bezüglich der mittleren Mietpreise ausmachen. Hier sind die «mittleren Preise stark von der Wohnungsstruktur abhängig. So sind die günstigsten Wohnungen in den Quartieren Hard und Friesenberg sowie in Schwamendingen, Affoltern und Leimbach zu finden – dort also, wo auch der Anteil an gemeinnützigen Wohnungen besonders hoch ist.» (Der «Höngger» berichtete bereits)

Häufige Mieter- sowie Besitzerwechsel sorgen für Teuerung

Im zweiten Teil der Veranstaltung beurteilte Alex Martinovits von Statistik Zürich diese Entwicklungen vor dem Hintergrund der Wohnpolitik der Stadt. Hauptmechanismus in Bezug auf die Preisunterschiede sei die Dauer des Mietverhältnisses, insbesondere bei den privaten Mietverhältnissen. «Mietrechtsschutz wirkt auf die Mietpreise in laufenden Mietverhältnissen», so Martinovits – ältere Mietverträge bedeuteten demnach auch tiefere Mieten. Ein weiterer Unterschied zwischen gemeinnützigen und privaten Wohnverhältnissen sei bei der langfristigen Preisentwicklung zu erkennen. Während im privaten Segment häufige Wiederverkäufe zu stetig wachsenden Preisen führten, würden Eigentümer*innenwechsel im gemeinnützigen Wohnungsbau eher vermieden. Ein Argument, das für den Ausbau des gemeinnützigen Wohnungsbaus spreche.

Politische Instrumente zur Erhöhung der Gemeinnützigkeit

Die Stadt habe sich in ihrer Wohnpolitik nicht nur die soziale Durchmischung in allen Quartieren zum Ziel gesetzt, sondern auch die Erhaltung des Anteils preisgünstiger Wohnungen, die Schaffung von spezifischen Wohnungsangeboten und insbesondere die Erhöhung des Anteils von gemeinnützigen Wohnungen am Gesamtbestand auf 30 Prozent bis zum Jahr 2050. Momentan schwanke der Anteil zwischen 26 und 27 Prozent.
Zur Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus stünden der Stadt verschiedene Instrumente zur Verfügung. Sie verfolge das Ziel etwa durch die eigenen städtischen Liegenschaften, durch Wohnungen im Besitz der städtischen Stiftungen, aber auch durch die Zusammenarbeit und die Förderung von gemeinnützigen Genossenschaften sowie die Subventionierung von Wohnungen.
«Die Verfolgung der wohnpolitischen Ziele gemäss Gemeindeordnung – mehr gemeinnützige und preisgünstige Wohnungen – bleibt deshalb sehr wichtig», so die Schlussfolgerungen Martinovic. Eine anspruchsvolle Ausgabe. Denn vor allem in den teureren Quartieren, wo ein Mangel an gemeinnützigen Wohnungen herrscht, gebe es wenig Verdichtungsmöglichkeiten auf gemeinnützigen Arealen und Neuzukäufe  seien ebenfalls schwer zu bewerkstelligen.

Steigende Mietpreise

Zu den Daten aus Höngg siehe auch den Artikel «Steigende Mietpreise» in der Ausgabe vom 10. November 2022 oder online unter www.hoengger.ch. Auf der Webseite des Präsidialdepartements ist die komplette Erhebung veröffentlicht.

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