Mann, das volle Klischee!

Zur Einstimmung zu dieser reiner Männer-Ausgabe des «HönggERs» eine halbwegs ernst gemeinte Betrachtung von Fredy Haffner. Also nicht eine Betrachtung seiner selbst, sondern nur verfasst von ihm. Zum Thema Mann.

Ach, was sind wir Männer doch simpel. Also mal ehrlich: Wäre es nach uns gegangen, wir würden noch immer in der Höhle am offenen Feuer sitzen, an Mammutknochen nagen und uns die Brusthaare kraulen und uns am Geräusch ergötzen, das Flöhe von sich geben, wenn sie zwischen unseren braunen Zähnen zerplatzen. Und wir wären zufrieden. Aber schon damals galt, dass hinter jedem erfolgreichen Mann eine Frau steht. Vielleicht waren es damals auch mehrere, keine Ahnung. Jedenfalls waren sie der Höhle überdrüssig. Weil zu kalt, zu feucht, zu viele tierische Mitbewohner (Höhlenbären können echt lästig sein) und überall wächst Grünzeug rein, kaum dreht frau sich mal um. So konnte das nicht weitergehen. Also raus hier, Mann! Und weil den Frauen (weil klüger) schon damals bewusst war, dass, falls überhaupt, wir nicht immer mit dem Hirn denken, wussten sie auch, dass wir ihnen Folge leisten würden respektive sie uns vorausschicken konnten. Natürlich wussten wir Männer nicht, was die Frauen wollten. Also wo sie evolutionär so hin wollten. Gesagt hatten sie uns das ja nicht. Daran konnte selbst die Evolution bis heute nichts ändern. Doch zurück zum Höhlenausgang. Da standen wir nun. Im Regen. Also erfanden wir alles. Vom ersten Schirm aus Palmwedeln bis zur Klimaanlage, vom Feuerstein bis zur Zentralheizung, vom ersten Ritt auf einem Urpferd bis zum Grossraumflugzeug und vom Fisch auf Holzkohle bis zur Molekularküche und darüber hinaus. Und, und, und, die Liste ist endlos und wir noch lange nicht am Ende. Ja, wir Männer erfanden all dies. Zumindest lassen uns die Frauen das glauben. Und wo sind wir heute? Schon mein Vater pflegte zu sagen, dass der Mensch komplett gaga ist: Kaum hatte er sich Behausungen geschaffen, welche ihm Schutz vor Tieren und Pflanzen boten, schleppte er das ganze Zeugs wieder rein – vom Hamster bis zur Kakteensammlung, Katzenklo inklusive. Und wir Männer? Je mehr wir uns «weiterentwickelten», desto weniger wussten wir, wer wir sind. Und manchmal verstehen wir die Welt nicht mehr, die «wir» erschaffen haben. Weil wir tief im Innern, so ganz emotional, noch immer mit unseren Kumpels am Höhlenfeuer sitzen. Ein Pub ist einfach kein vollwertiger Ersatz, kann mir sagen wer und was man will. Mann fragt sich also. Wehmütig betrachten wir heimlich Rekonstruktionsfotos von Ötzi oder erinnern uns an Schulwandbilder mit Steinzeitjägern – und fragen uns, was heute unsere Rolle ist. Wer sind wir? Wann sind wir Mann und wozu braucht es uns (noch)? Moment mal! War das vielleicht der unausgesprochene «(r)evolutionäre Plan», damals im Regen vor dem Höhlenausgang? Nein, das wollen wir mal lieber nicht denken. Wäre ja so was von durchtrieben gewesen. Obwohl man bei gewissen Gender-Debatten schon auf die Idee kommen könnte. Wie auch immer, Tatsache ist, dass wir uns diese Gedanken rein physisch betrachtet überhaupt nur deshalb machen können, weil sich unser Hirn mit der Zeit vergrössert hat wie der Horizont, den wir ausserhalb der Höhle plötzlich erblickten. O.k., dieser Entwicklungsprozess setzte schon ein, als wir uns von den Bäumen in die Savanne getrauten und nicht erst nach der Höhlenphase. Aber Detail. Wo aber bitteschön hängen wir all diesen Wer-Was-Wo-Warum-Gedanken nach? Wo führen wir die geistigen Debatten? In warmen Räumen, am iPod, im Kinosaal. Und spätestens dann, wenn uns Frauen mit diesem gewissen, unspezifisch herausfordernden Blick anschauen, so irgendwo zwischen «Trag bitte den Müll raus, Anton» und «mach mir ein Kind, Karl», dann spätestens ist es doch immer wieder ganz einfach, Mann zu sein. Auch wenn wir sie wahrscheinlich wieder nicht so richtig verstanden haben. Weil wir ja so simpel sind. Und genauso simpel wünsche ich Ihnen allen, egal ob Mann oder Frau, gute Lektüre.

Fredy Haffner, Redaktionsleiter «Höngger»

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