Männer gestehen sich Fehler selten ein – auch beim Sport

Der Höngger Beat Grossmann ist einer von rund 350 Golf Professionals – schweizweit. Was macht ein Golf Professional, und was erreicht man mit Unterstützung im mentalen Bereich? Der 43-Jährige gab dem «HönggER» Auskunft.

Beat Grossmann, Golflehrer, zeigt, dass man Aufwärmübungen bestens mit dem Golfschläger machen kann – elegant sieht es auch noch aus.

So einen Arbeitsort hat nicht jeder: Grün, ruhig, gepflegt. Es ist der Golfclub Unterengstringen. Beat Grossmann ist hier seit 13 Jahren als selbständiger Golflehrer im Einsatz. «Golf ist kein rein männerdominierter Sport mehr. Hier in Unterengstringen haben wir knapp 40 Prozent Damen, welche spielen.» In vergangenen Zeiten war dies nicht so: In gewissen Golfclubs hatten Hunde und Frauen keinen Zutritt, weiss Beat Grossmann. 1867 wurde in Schottland der erste Club für Frauen gegründet – notabene in der Nähe des Männerclubs. «Von der Geschichte her ist es so, dass man nicht wollte, dass Mädchen und Frauen männerlastige Sportarten spielten. Ballspiele waren somit tabu. Das weibliche Geschlecht sollte sich die Zeit mit Stricken und Nähen vertreiben.» Dies sehe er auch in den Trainingsstunden, welche er Seniorinnen gebe: Sie hätten leider oft weniger gut ausgebildete koordinative Fähigkeiten als Männer in ihrem Alter, und wenn man sie darauf anspreche, erzählten sie nicht selten, sie hätten nie Ballspiele gelernt, die Bälle seien ihnen im Kindesalter jeweils weggenommen worden – «Buebezüügs» eben.

Golfspielen kann jeder lernen, egal wie alt er ist

Beat Grossman trainiert mit allen: Vom fünfjährigen Knirps über den professionellen Turniergolfspieler bis zur Seniorin. «Anfänger lernen rasch, es macht Freude, ihre Fortschritte zu sehen. Diese muss man nutzen, da die Lernkurve steil nach oben zeigt. Oft braucht es bei den Topspielern viel mehr Geduld.» Männer und Frauen seien sehr unterschiedliche Schüler: Während Männer sich eher als Held sehen, der den Ball sowieso trifft und zum Weitflug bringt, sind Frauen meist einfach froh, den Ball getroffen zu haben. «Frauen trauen sich weniger zu. Das ist schade, denn es ist nicht so, dass sie weniger können. Im Golf wird es ihnen etwas erleichtert, da sie wegen der kleineren Schwungkraft, die körperlich bedingt ist, 30 bis 150 Meter weiter vorne den Abschlag machen dürfen – so können sie den Männern ebenbürtig spielen.» Was aus oft gesehener Erfahrung übrigens nicht funktioniere, sei, nur dem Partner zuliebe mit Golfspielen anzufangen: «Der Ehrgeiz und die Lust an diesem Sport muss von einem selber kommen, sonst verliert man schnell die Freude daran.» Sei man in einer Vierergruppe auf dem Platz unterwegs und nur eine Frau sei dabei, so sei es spannend zu sehen, wie diese oft sehr sozial handle und die Fehler der Männer auszugleichen versuche: Sei man zu langsam unterwegs, so versuche sie ihre Schläge etwas schneller zu machen. «Ich mache die Erfahrung, dass Frauen zu wenig für sich selbst schauen. Männer sind da egoistischer. Zudem fragen sich Frauen öfter, was denn nun die anderen denken mögen, wenn sie einen Schlag verpatzt haben.» Sein Rat: «Man soll sich das Leben nicht schwer machen. Golf ist ein Spiel, und ein Spiel kann man nicht gewinnen, nur spielen.»

Golf ist ein mentaler Sport, und Männer sind ehrgeiziger

Die Hochsaison für das Golfen dauert von April bis Ende Oktober. «Nach diesen strengen sieben Monaten kann ich meine Batterien in Ruhe wieder aufladen und mich anderen Projekten widmen, etwa meiner Arbeit als mentaler Unterstützer. Golf ist ein sehr mentaler Sport. Männer etwa gestehen sich Fehler ungern ein und gehen wie ‹vergiftet› trainieren, um ihre Fehler auszumerzen und sich zu verbessern. Männer sind oft in diesem Bereich ehrgeiziger. Frauen jedoch geben an diesem Punkt leider nicht selten auf, zweifeln an sich und verlieren die Freude am Training. Mit mentaler Unterstützung kann man so oft weiterhelfen, denn Männer und Frauen brauchen klar eine unterschiedliche Betreuung.» Beat Grossmann, der von sechs bis 20 Jahren Kunstturner war und es ins Schweizerische B-Kader schaffte, war schon als 15-Jähriger Trainer von sechs- bis achtjährigen Buben. «Da der Trainingsaufwand zu gross wurde, hörte ich selbst damit auf, gab jedoch bis etwa 28-jährig Trainings und liess mich in diesen Jahren zum Swiss Olympic Trainer für Spitzensport im Kunstturnen und Golf ausbilden.» Parallel dazu startete er mit 20 die dreijährige «Swiss-PGA-Golflehrerausbildung», denn er brachte Menschen schon immer gerne etwas Neues bei. «Heute bin ich Head-Pro im Golfclub Unterengstringen und führe mit meinem dreiköpfigen Team eine der modernsten Golfschulen Europas.»

Golf war lange Zeit etwas sehr Elitäres

«Golf begann mich mit etwa 15 Jahren zu interessieren. Mein Kollege und ich übten auf Sportplätzen, da es in der Umgebung noch keine öffentliche Drivingrange oder einen Golfplatz gab. Die nahe gelegenen Golfclubs schrieben wir an, da wir gerne Junioren-Mitglied geworden wären, aber wir erhielten nur Absagen und teilweise nicht einmal eine Antwort. Golf war damals noch extrem elitär.» So übten die Teenager weiterhin für sich alleine unter improvisierten Bedingungen, bis ein deutscher, grenznaher Golfclub eröffnet wurde und die beiden aufnahm. Da sie früh den Fahrausweis machten, fuhren sie so immer zum Golfen über die Grenze. Sein heutiger Beruf Golflehrer sei sein Traumjob: Im Sommerhalbjahr sei viel los, im Winterhalbjahr könne er sich für Weiterbildungen Zeit nehmen und sich bei der Mentalbetreuung von Athleten sogar aussuchen, mit wem er zusammen arbeiten möchte, denn: «Die Chemie zwischen Athlet und Coach muss einfach stimmen.»

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