Mäder und Zuffi für «pröR», den privat-öffentlichen Raum

Eines Tages wird man mit Stolz sagen können: Diese Bewegung nahm ihren Lauf in Höngg. Zwei ältere Herren entdeckten ihren Sinn für die Allgemeinheit und revolutionieren mit «pröR» das urschweizerische «Gartehägli-Denken»

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Die hier abgebildeten Beispiele sind Fotomontagen. Sie lassen keine Rückschlüsse auf die Identität der Gründerväter der Aktion «pröR» zu.
Bereits dieses ausgezäunte Beispiel zeigt im Vorher-Nachher-Vergleich (siehe beide Fotos) die simpel zu erreichende «Horizonterweiterung».
Bereits dieses ausgezäunte Beispiel zeigt im Vorher-Nachher-Vergleich (siehe beide Fotos) die simpel zu erreichende «Horizonterweiterung».
Am Meierhofplatz geht die Bank Raiffeisen unabhängig von «pröR» mit gutem Beispiel voran und gestaltet demnächst eine langweilige Rabatte zu einem schmucken öffentlichen Aufenthaltsort um.
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Höngg ist kein Sonderfall, wenn es darum geht, wie hierzulande Privatgrundstücke mit Mauern, Zäunen und Hecken abgegrenzt werden. Doch wer sich im Zentrum etwas umsieht, stellt leicht fest, dass dies mancherorts eigentlich sinnlos geschieht, denn der private Raum hinter den Abgrenzungen ist meistens ungenutzt. In Zeiten jedoch, in denen das verdichtete Bauen als Allheilmittel gegen die städtische Wohnungsnot und die Zubetonierung der Landschaft gilt, kommen Freiräumen und leeren Flecken in der urbanen Landschaft eine immer grössere Bedeutung zu.

Mit der Heckenschere bedroht

Erkannt hat dies eine Gruppe von privaten Liegenschaftsbesitzern, die sich mit ihrer Idee an den «Höngger» gewandt und um Unterstützung gebeten habt. Die Gruppe möchte im Moment noch anonym bleiben, wissen sie doch, dass es ihrem Vorhaben nicht an Brisanz mangelt. Unter dem Pseudonym Alois Zuffi traf sich ein Herr mittleren Alters mit dem «Höngger» und erzählte: «Ich spaziere regelmässig durch Höngg. Neulich kam ich mit einem Bekannten, der gerade die Hecke vor seinem Haus stutzte, ins Gespräch. Er klagte darüber, dass er die Arbeit bald nicht mehr machen möge, worauf ich ihn spontan fragte, warum er die Hecke überhaupt habe?» So hätten die beiden dann weiter sinniert, erzählt Zuffi. Darüber, dass der im Zentrum zwischen Häusern, Strassen und Gassen wenig vorhandene Raum durch all die Hecken, Zäune, Mauern oder Rabatten noch zusätzlich eng gemacht wird. Und dass Mäder, wie wir den Mann mit der Heckenschere hier nennen wollen, die kleine Wiese hinter der Hecke ja sowieso nie nutzt. «Warum also, habe ich Mäder gefragt, entfernst du nicht die Hecke und öffnest dein Grundstück der Allgemeinheit?», erzählt Zuffi. Mäder habe ihn zuerst einen dunkelroten Kommunisten und Anarchisten geschimpft und ihm mit der Heckenschere gedroht, erinnert sich Zuffi, doch irgendwie müsse die Idee doch auf fruchtbaren Boden gestossen sein. Jedenfalls habe ihn Mäder einige Tage später angerufen und gefragt, ob er, Zuffi, sein Grundstück ebenfalls öffnen würde, wenn er, Mäder, es tue.

Die Geburtsstunde der Aktion «pröR»

Und so haben sich die beiden zusammengesetzt und mutig die Aktion privat-öffentlicher Raum, kurz «pröR», ins Leben gerufen. Im Bekanntenkreis fanden sie drei weitere Mitstreiter, die sich für die Aktion begeistern liessen. Aber haben sie nicht Bedenken, dass plötzlich wildfremde Menschen auf ihrem Land stehen, irgendwelche Feste feiern und Unrat liegen lassen? «Natürlich braucht es etwas Mut», sagt Zuffi. Sie hätten auch über mögliche Probleme diskutiert. «Aber seien wir ehrlich: man muss es einfach probieren und an den Anstand der Leute appellieren – notfalls wachsen Hecken ja auch wieder nach. Und zudem: Abfall wird auch heute schon, über die Hecken, in die Gärten geworfen – vielleicht nimmt das sogar ab, weil besser sichtbar?»
Was die Herren sicher nicht vorhaben, ist die freien Plätze gleich wieder mit Mobiliar vollzustellen. Man werde in einem ersten Schritt einfach den leeren Raum wirken lassen, so Zuffi. Und dann vielleicht je nach Begebenheit eine Sitzbank aufstellen, vielleicht auch mal einen kleinen Tisch.

Was denken Naturfreunde und Gärtner?

Angesprochen darauf, dass die Hecken ja auch ökologischen Wert hätten, läuft Zuffi so dunkelrot an, dass man meinen könnte, er sei wirklich der Kommunist, als welchen ihn Mäder einst beschimpfte: «Das ist doch Quatsch, schauen Sie sich um: Tuja, Zierlorbeer, Buchsbaum und sonstiger grüner Unsinn ohne jeden ökologischen Wert. Es sei denn, für Hunde, die daran das Bein heben.»
Selbst engagierte Gärtner teilen diese Einschätzung, stossen aber leider nur selten auf die Bereitschaft der Hauseigentümer, einheimische Sträucher und Fruchtblütler zu setzen – weil Zierlorbeer & Co. eben in der Pflege einfacher, immergrün und blicksicherer sind. An der Aktion «pröR» bekunden sie hinter vorgehaltener Hand dennoch keine Freude, entgeht ihnen so doch der eine oder andere Auftrag.
Zuffi und Mäder aber kümmert dies nicht. Mit beinahe jugendlichem Revolutionseifer weibeln sie derzeit in Höngg und werben über die Zäune und Hecken hinweg für ihre Aktion. Vorerst nur bei Privateigentümern, doch längerfristig wollen sie auch Grün Stadt Zürich begeistern, denn viele amtlich bewirtschaftete Grünflächen, zum Beispiel zwischen Parkfeldern, seien ebenso unsinnig mit Buchsbäumen bepflanzt, finden sie: «Entweder ökologisch bepflanzen oder einfach frei lassen, das gäbe mehr optischen Freiraum.» Kein Zweifel, die beiden Aktivisten kämpfen gegen mehr als bloss sichtbare Grundstücksgrenzen.

Wer mit Zuffi und Mäder Kontakt aufnehmen möchte, melde sich bitte per Mail an redaktion@hoengger.ch, das Mail wird an sie weitergeleitet.

Dieser Artikel erschien am 1. April 2015. Alle darin gemachten Aussagen und festgehaltenen Zitate sind den genannten Personen angedichtet und sollten in der Realität nicht mit diesen in Verbindung gebracht werden. Die behandelten Themen sind reine Hirn- oder andere Gespinste der Redaktion der Quartierzeitung «Höngger» – vor einer realen Adaption wird in gewissen Fällen ausdrücklich nicht gewarnt.

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