Lieber ein Schrecken mit Ende. . .?

Am Montag informierte die Stadt über das Bauprojekt Höngger-/Limmattalstrasse. Es gab nichts schön zu reden. Am Ende schien dennoch fast allen klar zu sein, dass man nicht darum herum kommen wird.

Das grosse Bauprojekt Limmattal/Hönggerstrasse – ein nötiges Übel? (Fotos: Patricia Senn)
Gesamtprojektleiter Christian Meier beantwortete die Fragen der Anwohner*innen geduldig, aber bestimmt.
Die Anwohner*innen machen sich Sorgen um Sicherheit und Mobilität.
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Als Stadtrat Ri­chard Wolff um 18.30 Uhr ans Mi­krofon trat, hatte sich der Saal des Reformierten Kirchgemeindehaus in Wipkingen bis in die hintersten Reihen gefüllt. Neben Wolff, der dem Tiefbau- und Entsorgungsde­partement vorsteht, waren auch Stadtrat Michael Baumer (Indust­rielle Betriebe) und Gesamtpro­jektleiter Christian Meier gemein­sam mit weiteren Bauleitern ange­treten, um die Anwohner*innen über den Ablauf und die Auswir­kungen des Strassenbauprojekts Höngger-/Limmattalstrasse zu in­formieren. Es handelt sich um ein umfassendes Projekt, was alleine daran zu erkennen ist, dass acht Werke und Ämter involviert sind: Die VBZ, das Tiefbauamt (TAZ), das ERZ, Grün Stadt Zürich, die Wasserversorgung (WVZ), die EWZ, die Dienstabteilung Verkehr (DAV) und der Umwelt- und Ge­sundheitsschutz (UGZ). Und – auch das wollte niemand unter den Tisch kehren – kein anderes, aktuelles Strassenbauprojekt hat so massive Auswirkungen auf die Anwohnerschaft.

Koordiniertes Bauen

Auslöser für die Bauarbeiten ist die Gleiserneuerung zwischen Wipkingerplatz und Schwert. Die Gleise sind je nach Abschnitt 32 bis 50 Jahre alt. Die Stadt ist be­strebt, Bauvorhaben zu koordinie­ren und so die Anzahl der Baustel­len und die Belastung für die Ein­wohner*innen zu beschränken. Auf dem betroffenen Perimeter zwischen Wipkingerplatz und Ein­mündung Ottenbergstrasse muss neben den Gleisen auch der Stras­senbelag erneuert werden. Dazu kommt der hindernisfreie Ausbau der Tramhaltestellen «Alte Trotte», «Eschergutweg» und «Waidfuss­weg» sowie die Erneuerung der Abwasserkanäle und der Wasser-, Gas- und Stromversorgungsleitun­gen. Nach Abschluss des Projektes werde die Bevölkerung von mehr Bäumen, mehr Aufenthaltsquali­tät, weniger Lärm und einem neu­en Velostreifen profitieren können, bemühte sich Stadtrat Wolff die positiven Aspekte hervorzuheben, bevor es schliesslich nur noch um die Einschränkungen ging. Denn bevor es besser wird, wird es erst einmal schlechter.

Ein Ersatzbus und zusätzliche 46er-Kurse

«Ohne Gleise kein öffentlicher Ver­kehr», eine simple Gleichung, mit der Stadtrat Michael Baumer in seine Ausführungen einstieg. Die­se müssten nicht nur ersetzt, son­dern von 2,8 auf 3 Meter gespreizt werden, weil die neuen Fahrzeuge Cobra und Flexity breiter sind, was zu Problemen beim Kreuzen führe, so Baumer. Da sich einige Werkleitungen und Kanäle direkt unter den Tramgleisen befinden, kann auch während derer Erneue­rung und Sanierung der Verkehr nicht aufrechterhalten werden. Um die Bauzeit so kurz wie möglich zu halten und auch die Nachtarbeit auf ein Minimum zu reduzieren, hat die Stadt entschieden, dass die Einstellung der Tramlinie wäh­rend 13 Monate der beste Kom­promiss sei. Was bedeutet dies im Detail für den öffentlichen Ver­kehr?

Ab 16. Juli 2022 bis 18. August 2023 verkehrt das 13er-Tram ab Escher-Wyss-Platz wie das 8er-Tram bis Hardturm. Dafür fährt vom Escher-Wyss-Platz im selben Takt, also je nach Betriebszeit alle 7,5, 10 oder 15 Minuten, ein Er­satzbus via Rosengartenstrasse, Nordstrasse, Ottenbergstrasse ins Frankental und zurück. Wenn der Ersatzbus im selben Takt fährt wie das Tram, wird es zwangsläufig zu Kapazitätsengpässen kommen, da Busse ein kleineres Fassungsver­mögen haben. Zu Spitzenzeiten ist die Überlastung auf dieser Strecke bereits heute ein Thema. Hier er­hofft sich Baumer wohl ein Um­steigen der Passagiere auf die Li­nie 46. Zu diesem Zweck werden zwischen Central und Wartau zu­sätzliche Kurse angeboten, sodass der 46er im 3-Minuten-Takt vom Hauptbahnhof nach Höngg fährt. «Sollte die Überlastung trotzdem so gross sein, dass es zu massiven Verspätungen kommt, werden wir selbstverständlich mit dem Zür­cher Verkehrsverbund (ZVV) nach weiteren Lösungen suchen», so der Vorsteher der Industriellen Be­triebe.

(Copyright: VBZ)

Stadt will kontinuierlich informieren

Gesamtprojektleiter Christian Mei­er hat offensichtlich schon mehr als ein grosses Projekt geleitet. Verständlich schilderte er, wie das Projekt genau ablaufen soll. Es wird in drei Abschnitten gebaut, vom Wipkingerplatz bis Waidfuss­weg, vom Waidfussweg bis Escher­gutweg und vom Eschergutweg bis Ottenbergstrasse. Am 2. Mai beginnt die erste Etappe. Das Sys­tem ist immer dasselbe: Erst wer­den die tiefliegenden, dann die hochliegenden Werkleitungen wie Wasser, Gas oder EWZ gemacht. Dann werden die Gleise erneuert und den Schluss bildet der Strassenbelag. Ab Januar 2023 soll die Strecke des ersten Abschnitts wieder in beide Richtungen be­fahrbar sein. Die Details zu den einzelnen Etappen sind auf der Webseite des Tiefbauamts aufge­schaltet (siehe Infobox). Meier hat nachgerechnet: Ohne die Einstel­lung des Trambetriebs würden sich die Bauarbeiten über vier bis fünfeinhalb Jahre hinziehen. «Das würden Sie nicht ertragen. Wir bit­ten Sie deshalb um Verständnis, dass wir konzentriert, heftig und schnell bauen werden», meint der Ingenieur. Das bedinge Schichtarbeit inklusive Samstage und teil­weise auch Sonntage. Darüber, wann diese und allfällige Nachtarbeiten in den jeweiligen Ab­schnitten stattfinden, würden die betroffenen Anwohner*innen vor­zeitig proaktiv informiert.

Auswirkungen in aller Kürze

Während der ganzen Bauzeit ab 2. Mai gilt stadtauswärts ein Ein­bahnregime bergwärts. Auf der freien Spur muss auch die Baulogistik abgewickelt werden. Der Transitverkehr wird auf der Höhe des Knotens Limmattal-/Winzer­strasse entweder über die Strasse Am Wasser oder über die Otten­bergstrasse umgeleitet. Die blauen und weissen Parkplätze werden etappenweise aufgehoben. Die Ackersteinstrasse ist für den Mo­torisierten Individualverkehr (MIV) von Mai bis Dezember 2022 als Sackgasse ausgeschildert, für den Veloverkehr aber durchge­hend befahrbar und auch als Velo-Umleitung signalisiert. «Wir bitten die Velofahren­den inständig, die Limmattalstras­se zu umfahren», betont der Ge­samtprojektleiter.

Die Liegenschaften seien jederzeit zu Fuss erreichbar, «nur ein klei­ner Trost, ich weiss», meinte Meier. Weiter sei die Stadt daran, die Steige von der Limmattalstrasse zur Ottenbergstrasse zu prüfen. Neben dem Waidfussweg, der be­reits gut begehbar sei, stehe der Kempfhofsteig im Fokus. Dort wer­de versucht, die Begehbarkeit mit Rampen und Handläufen zu ver­bessern. Angedacht ist ausserdem ein Taxi-Shuttledienst ab Alters­zentrum Im Sydefädeli für mobili­tätseingeschränkte Personen. Das Konzept, das auch einen Gut­scheinbezug für Hin- und Rück­fahrt zur nächsten Haltestelle be­inhaltet, ist jedoch noch nicht spruchreif. «Wir machen uns nichts vor: Es wird Schwierigkei­ten geben. Überall, wo sich etwas ändert, gibt es am Anfang Ärger, offene Fragen, Unwohlsein, das ist uns bekannt», so Meier.

Sorge um Sicherheit und Mobilität

Die Fragerunde meisterte Meier quasi im Alleingang. Mehrere Male bat er die Fragenden ihn mit ih­rem konkreten Einzelanliegen di­rekt anzugehen, sobald er vor Ort sei. «Wir machen das nicht zum ersten Mal, wir haben grosse Er­fahrung daran, Lösungen zu fin­den». Auf politische Diskussionen über Tempo 30 oder Parkplätze liess sich der Bauingenieur gar nicht erst ein. Neben Fragen zu Zufahrten zu privaten Parkplätzen und Tiefgaragen während des Ein­bahnregimes waren insbesondere die Sicherheit und Mobilität ein Thema. So hatte ETH-Ingenieur im Ruhestand und Anwohner Albert Schenkel ausgerechnet, dass bei Beibehaltung des Transportvolu­mens mit den Ersatzbussen auf der 46er-Strecke zu Stosszeiten die VBZ im Zwei-Minuten-Takt fahren müssten. Das bedeutet, dass auf der engen Ottenbergstrasse jede Minute zwei Busse kreuzen. Die un­sichere Situation für Anwohner*in­nen und Velofahrer*innen würde mit mehr Fahrzeugen der VBZ und dem umgeleiteten MIV noch ver­schärft. Insgesamt befürchtet der Ingenieur eine erhöhte Anfälligkeit für Unfälle und Notfälle gekoppelt mit einem erschwerten Zugang für Rettungsdienste. Meier gab Schen­kel insofern recht, dass es am An­fang sicherlich zu Staus kommen werde. Mit der Zeit erhofft er sich aber, dass die Verkehrsteilnehmer des MIV andere Wege suchen, zu­mindest sei dies in der Vergangen­heit so gewesen. «Fachleute haben sich intensiv mit diesen Fragen auseinandergesetzt und sind zum Schluss gekommen, dass es funk­tionieren sollte», so Meier. Sollte dies aber nicht der Fall sein, werde er dafür sorgen, dass entsprechen­de Massnahmen ergriffen werden, sowohl auf Seiten DAV wie auch bei den VBZ.

Nicht befriedigend ist das Problem der Anwohner*innen der Acker­steinstrasse gelöst, nicht nur in Bezug auf die Mobilitätseinge­schränkten, sondern auch für Per­sonen mit Kinderwagen, schweren Einkäufen oder Koffern. Die VBZ habe den Einsatz eines Shuttlebus geprüft, so Roger Müller VBZ Be­triebssteuerung. Man sei sich be­wusst, dass es keine Optimal-Lö­sung gäbe, aber: «Mit den Doppel­gelenkbussen kommen wir nicht durch diese Strasse». Der Einsatz von kleineren Bussen sei nicht zu­letzt wegen der fehlenden Fahr­zeuge nicht möglich. Er sei jedoch zuversichtlich, dass das geplante Konzept mit dem 46er-Bus funkti­onieren werde.

Zweite Baustelle Meierhofplatz–Zwielplatz

Auch der Quartierverein liess sich diese Informationsveranstaltung nicht entgehen. Präsident Alexan­der Jäger bezeichnete das Projekt als notwendiges Übel, während Andi Egli hoffte, dass die Projekt­verantwortlichen genügend Res­sourcen bereitgestellt haben, um reagieren zu können, falls etwas nicht so funktioniert wie vorgese­hen. Etwas, das von den Projekt­verantwortlichen wiederholt ver­sprochen wurde.

Zwischen Juli und November 2022 stehen weitere Bauarbeiten an der Limmattalstrasse zwischen Ein­mündung Ottenbergstrasse und Imbisbühlstrasse an. Welche Aus­wirkungen die Baustelle auf das Wümmetfäscht und vor allem den Umzug haben wird, soll dem­nächst an einem Treffen bespro­chen werden.

«Wir sind für Sie da, kommen Sie ­mit Ihren Anliegen auf mich zu». Ein grosses Versprechen von Ge­samtprojektleiter Christian Meier. Zeit, die Speicherkapazität der Mailbox zu erhöhen.

Auf dem Laufenden bleiben

Auf der Projekt-Webseite https://www.stadt-zuerich.ch/limmattal­strasse will die Stadt zeitnah über die Bauetappen, Massnahmen und Fortschritte informieren. Anwohner*innen werden mit Flugblättern informiert. Digital kann der Service «Bauprojektinformationen Tiefbau» in «Mein Konto» abonniert werden.

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