Politik
Lebensqualität in der Stadt und Wertschätzung für die Arbeit von Frauen
Nicht weniger als elf Vorlagen gelangen am Wochenende vom 24. September zur Abstimmung. Alle behandeln wichtige Anliegen. Im Parolenspiegel des Hönggers vom 31. August haben Vertreterinnen und Vertreter der Parteien kurz Stellung zu den einzelnen Vorlagen genommen. Auch ich habe im Namen der Alternativen Liste versucht, die Gründe für ein Ja, ein Nein oder die Stimmfreigabe kurz auf den Punkt zu bringen.
13. September 2017 — Eingesandter Artikel
Zwei der elf Vorlagen an diesem Abstimmungswochenende liegen mir besonders am Herzen. Es sind dies die kantonale Vorlage «Gegenvorschlag zur Anti-Stauinitiative» und die Bundesvorlage zur AHV-Reform. In der ersteren geht es schlussendlich um die Bevorzugung von Autofahrenden, in der anderen um Wertschätzung für die Arbeit von Frauen.
Lebensraum statt Strassen
Seit den 1970er-Jahren hat die Schweiz einen wahren Strassenbau-Boom erlebt. Immer mehr Autos verlangten immer mehr Strassen. Mehr Strassen führten aber auch zu mehr Autos. Es ist ein Teufelskreis im wahrsten Sinn des Wortes. Wie kommen wir aus diesem Teufelskreis heraus? Das ist die grosse Frage, welche Bevölkerung und Politik gemeinsam lösen müssen. Der Gegenvorschlag zur Anti-Stauinitiative ist ganz klar die falsche Antwort. Mit der Annahme des Verfassungsartikels wird der motorisierte Privatverkehr bevorzugt, die Städte Winterthur und Zürich verkehrspolitisch entmündigt. Künftig wird der Kanton einseitig vorschreiben, was für ein «leistungsfähiges Staatsstrassennetz für den motorisierten Privatverkehr» nötig ist.
Wertschätzung für Lebensrealität von Frauen
Die Lebensrealitäten von Frauen und Männern unterscheiden sich in der Schweiz immer noch extrem. Zwar gehen immer mehr Frauen und Mütter einer Erwerbsarbeit nach (das ist eine erfreuliche Entwicklung), ein grosser Teil arbeitet aber Teilzeit, um Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Die Basler Ökonomin, Mascha Madörin, hat es auf den Punkt gebracht: «Frauen leisten den Hauptteil an unbezahlter, volkswirtschaftlich und gesellschaftlich jedoch unerlässlicher «Care»-Arbeit. Aufs Jahr gerechnet geht es um weit mehr als 100 Milliarden Franken». Die AHV-Reform, über die wir am 24. September abstimmen, berücksichtigt diese Realität nicht. Sie berücksichtigt zudem nicht, dass Frauen für gleiche Arbeit nach wie vor weniger verdienen als Männer. Die Erhöhung des Frauenrentenalters, die massgeblich zur Sanierung der AHV beiträgt, ist darum ein Schlag ins Gesicht und eine Ungerechtigkeit. Ein Nein zur AHV-Reform bedeutet darum in erster Linie ein Nein zu dieser Ungerechtigkeit.
Judith Stofer, Kantonsrätin AL, Zürich, Wahlkreis 6/10
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