Kommt eine Melodie geflogen

Vergangenen Mittwochabend, 21. Juni, lud die Sinfonietta Höngg zu ihrer traditionellen «Serenade» in die reformierte Kirche Höngg ein. Passend zum Datum, der nordischen Mittsommernacht, lautete das Thema des Konzerts «Sehnsucht nach Norden» mit Werken von Joseph Haydn, Edvard Grieg und Johan Svendsen.Vergangenen Mittwochabend, 21. Juni, lud die Sinfonietta Höngg zu ihrer traditionellen «Serenade» in die reformierte Kirche Höngg ein. Passend zum Datum, der nordischen Mittsommernacht, lautete das Thema des Konzerts «Sehnsucht nach Norden» mit Werken von Joseph Haydn, Edvard Grieg und Johan Svendsen.

Das Orchester.

Das Konzert wurde mit Joseph Haydns Sinfonie Nr. 45 fis-moll, der «Abschiedssinfonie», von diesem 1772 am Hof des Fürsten Nikolaus Esterhazy komponiert, eröffnet. Und zwar wuchtig, der erste Satz, Allegro assai kam geradewegs mit der Türe ins Haus geflogen: Kräftig, schwungvoll mit herben Kontrasten, die sich dann etwas zähmten, um gleich wieder kräftig einzusetzen und sich als Thema mehrmals zu wiederholen. Das darauf folgende Adagio begann galant, man sah förmlich die Verbeugungen der perückentragenden Musiker vor sich. Die verklärte Heiterkeit wurde aber immer wieder mit starken klagenden Einwürfen der Oboen getrübt. Das Menuett dann, tänzerisch in der ungewohnten Tonart fis-moll, spielte wieder mit harten, herben Kontrasten und Synkopen, um dann einem prägnanten Horntrio Platz zu lassen. Im Finale kam dann nochmals alles zusammen, um dann besänftigt – die Instrumente verstummten eines nach dem andern – fast lieblich auszuklingen. Dann geschah etwas Eigenartiges: Die Musiker bewegten sich locker auf ihren Stühlen, eine Cellistin begann ihre Fussnägel zu bemalen und der Dirigent machte den Kasper – bis «man» realisiert, dass aus dem Chor Flötentöne drangen und Edvard Griegs «Solvejgs Lied» aus der zweiten Peer-Gynt-Suite bereits begonnen hatte. Mit dem Orchestereinsatz, zuerst zart und verhalten, nahm einem die einschmeichelnde, aber immer wieder melancholische Melodie mit solistischen Violineinsätzen und weit ausschwingenden Cellokantilenen mit auf eine Gedankenreise, vielleicht an eine Abendstimmung an einem See.Der Tanzsatz «Norsk» holte einen wieder etwas aus der Verzauberung zurück. In seiner verhaltenen Feierlichkeit und herben Heiterkeit erzählte dieser von vergangenen Abenteuern. Die «Romanze für Violine und Orchester G-Dur Op. 26» ist Johan Svendsens heutzutage bekannteste Komposition, die er auf Wunsch seines Verlegers 1881 komponierte und auch aufführte. Sie ist elegant und schwungvoll. Damian Striegel, der an diesem Abend seinen Einstand als zweiten Stimmführer der Violinen gab, wurde solistisch ungemein gefordert. Es waren lange, sehr lange Melodienbögen ohne je einmal abzusetzen zu spielen – es geigte konstant – und das Orchester unterstützte sein brillantes Spiel subtil. Begeisternd und eindrücklich. Die «Norwegische Rhapsodie», ebenfalls 1876 von Svendsen komponiert, leitete zum Schluss des Konzerts über. Spannende Soli-Duette mit witzigen Tempowechseln, mal wippend und mal elegisch, zwischendurch mit einem lakonischen «Plopp» unterbrochen, führten hin zu einer Melodie, die kam und ging (und immer flogen ein paar Möven herum) und die sich zum satten, feierlichen Schluss steigerten: Monumental. Die Zuhörenden bedankten sich mit langanhaltendem Applaus – dafür gab es noch als Zugabe Johannes Brahms’ «Ungarische Rhapsodie» – als Triumphmarsch gespielt! Eine Serenade der Sinfonietta mit Tempo, Witz und Überraschungen war der Aufsteller an diesem heissen Sommerabend in der Mitte des Jahres 2017. Schön war’s an diesem Abend in der alten Höngger Kirche, mit all den zugeflogenen Melodien.

Eingesandt von François Baer

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