Kommentar zur Wartau-Abschreibung

Nach drei Jahren hat sich der Stadtrat endlich zum Thema Begegnungsort bei der Tramremise in der Wartau geäussert.

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Dafür, dass die Antwort fast ein Jahr zu spät kommt, macht die Weisung leider nicht den Eindruck, als hätten die Verantwortlichen dem Anliegen die Bedeutung beigemessen, die es hat. Es entsteht tatsächlich der Eindruck, als wäre das Resultat der Analyse bereits im Vorfeld klar gewesen, und man hätte lieblos noch ein paar Argumente darum herumgebüschelt. Ich gehöre nicht zu den Anhänger*innen des Behörden-Bashings, weil ich den meisten Menschen unterstelle, dass sie zumindest versuchen, ihre Arbeit so gut wie möglich machen. Aber dieser Antrag auf Abschreibung ist teilweise schon fast zynisch. Zu behaupten, die Wartau würde das «Nahversorgungszentrum Meierhofplatz» konkurrenzieren ist so absurd, dass man sich einmal mehr fragen muss, ob die zuständigen Personen überhaupt je den Weg nach Höngg unter die Füsse genommen haben, um sich dieses «Zentrum» einmal genauer anzuschauen. Solange es Tram- und Bushaltestellen gibt, wird es am Meierhofplatz zwar immer Laufkundschaft geben, der Platz wird dadurch aber noch lange nicht zu einem Dorfplatz, auf dem man verweilen möchte. Dasselbe gilt auch für die Regensdorferstrasse, die scheinbar von den Zuständigen «mitgemeint» ist. Wer damit argumentiert, dass die Wartau nicht zentral genug liege, um ein Begegnungsort zu sein, vergisst ausserdem, dass Höngg sich bis in den Rütihof und ins Frankental zieht und dass in den Quartieren westlich des Meierhofplatzes, wo auch die Wartau liegt, fast doppelt so viele Menschen leben wie östlich davon.

Ganz offensichtlich ist das Thema «Dorfplatz» eines, das die Gemüter in Höngg schon sehr lange erhitzt. Manche befürchten Einschränkungen des Verkehrs, andere wollen einfach in Ruhe schlafen können und wieder andere wünschen sich ein lebendiges Quartier mit verschiedenen Treffpunkten für verschiedene Bevölkerungsschichten. Die Stadt scheint dazu überhaupt keine Ideen zu haben. Es gibt Studien zur Entwicklung der neueren Quartiere wie Affoltern, Altstetten und Oerlikon. Es existieren Ambitionen zur einer «Smart City» zu werden. Doch gibt man auf der Webseite der Stadt «Höngg» in die Suchmaske ein, fällt einzig der Schlussbericht zum Workshop Verkehr Kreis 10 auf, ein Mitwirkungsprozess zur Verbesserung des Verkehrs. In keiner Zukunftsstrategie der Stadt ist Höngg ein Thema. Als hätte man die Hoffnung für das Quartier längst aufgegeben. Echt jetzt?

Wenn von oben keine Vision kommt, muss vielleicht einmal Politik von unten gemacht werden. Die Quartierbevölkerung muss selber aktiv werden, einfach mal ausprobieren, anfangen, einen Platz mit punktuellen Veranstaltungen zu beleben, und im Gespräch bleiben mit den direkt Betroffenen. Um dann vielleicht auch irgendwann beweisen zu können, dass es tatsächlich ein Bedürfnis gibt für Veränderung. Genau das macht und versucht die IG Wartau. Mit diesem Antrag zur Abschreibung aber wird nicht nur die Wartau unter den Teppich gekehrt, sondern das ganze Thema Dorfplatz für Höngg gleich mit. Wenn man darauf wartet, dass die perfekte, allen gefallende Lösung präsentiert wird, zu der alle Institutionen ihr OK geben können, wird man in Höngg noch ewig auf einen Dorfplatz warten.

Vielleicht darf auch einmal anders gedacht werden: Wäre es nicht möglich, in einem Quartier mit 25000 Menschen sogar mehr als einen Begegnungsort zu haben? Anstatt gar keinen? Wer setzt sich dafür ein, dass Höngg in der ganzen Stadtentwicklung nicht einfach links liegen gelassen wird? Freiwillige vor!

Patricia Senn, Redaktionsleiterin

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