Kloklinkenputzer

Frank Frei

Nun ist er also weg, der Typ, der immer meine Kolumnen redigierte. Naja, sei’s drum, schlimmer als er kann seine Nachfolge meine Texte nicht behandeln (oder doch?). Aber etwas muss ich ihm doch noch nachrufen: Das mit den Türen, die sich einen Spalt weit öffnen, und durch die man nur hindurchzugehen braucht, wie er in seinem Abschiedstext schrieb, das hat mich sinnieren lassen.
Wie war das in meinem Leben, das mit diesen «Türen»? Wenn ich in einem leeren, in weisses Licht getauchten Flur stand – man kennt diesen Flur, er endet dort, wo die Parallelen sich doch kreuzen und das Licht nur noch fahl ist – also wenn ich in so einem Vakuum stand und sich mir eine Tür leise auftat, dann war das meisten jene zum Klo. Oder die zu einer Küche, in der ich dann den Abwasch der letzten Fete von jemand anderem machen durfte. Gelegentlich war es auch die Besenkammer. Nein, nicht die von Boris. Aber hey, nie war es die Tür zum Partykeller! Oder zum Schlafzimmer, in dem eine nymphomanische Penélope oder ein schwuler Javier warteten. Oder gleich beide. Nein, bei mir war es die Klotüre. Und zwar eine hartnäckige. «Hä-hä, reingelegt, ich war wieder nur die Klinke zum Klo, ätsch-bätsch». Na und? Geh ich eben zur nächsten Tür. «Hallo, ich bin’s wieder, diesmal mit Closomat». Ach nein?! Aber wissen Sie was? Einmal kam mir das sogar gelegen, denn ich hatte gerade mächtig Scheisse gebaut in meinem Leben. Aber das ist ’ne andere Geschichte. Meistens jedenfalls hätte ich mir eine andere Tür als jene zum Klo gewünscht. Macht mein Ex-Redaktor wahrscheinlich auch gerade. Das Problem ist: Hat man die Türe, irgendeine, erstmal aufgestossen, ist reingegangen und hat den Lichtschalter gedrückt, dann kommt man nicht einfach so wieder raus. Also ungefähr auf dem dreiundzwanzigsten Klo habe ich mich dann tatsächlich ohne jedes Bedürfnis hingesetzt und mir überlegt, was es mir wohl sagen will, dieses Klo, dass es ausgerechnet mir immer wieder die Türe öffnet. Als der Handyakku leer war und es sich noch immer wie Verstopfung anfühlte, begann ich zaghaft, entsprechend zu handeln. Sie wissen schon: Luft anhalten, Kopf rot einfärben, Luft ablassen, entspannen – und das Ganze von vorn. Und tatsächlich, irgendwann kam die grosse Erleichterung, also eine Erkenntnis, über mich. Hätte die Voyeur-Cam in diesem Moment auf mein Gesicht gezoomt, der Ausdruck wäre oscarreif. Wenn das Wort «Ausdruck» nach der ganzen Aktion überhaupt angebracht ist, naja, so quasi am falschen Ende des Körpers. Jedenfalls, und das wollte ich eigentlich meinem Ex-Redaktor sagen: Hey, Mann, auch wenn sich dir eine Klotüre öffnet, geh durch! Es wird, auf dem Grund der Schüssel, schon einen Grund haben. Auch wenn du ihn nicht erahnen kannst, weil darüber – wenn du wenigstens etwas Glück hast – noch zu viel WC-Enten-Blau schwimmt. Man braucht ihn nur auszusitzen, den Grund, sozusagen. Ich hoffe, du verstehst meine Metapher. Ach ja, und noch was: Lausch doch bitte zuerst an der Tür. Falls du dahinter Penélope und Javier hörst: Hände weg von dieser Klinke, das ist meine nächste Tür, geh sonst wo putzen!

In diesem Sinne grüsst zum Abschied vom Ende des Korridors,
dein Frank Frei

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