Invasion der Funkantennen?

Ohne Handy geht fast nichts mehr – und die genutzte Datenmenge steigt stetig an. Der Ausbau des Netzes und die Aufrüstung in punkto Leistung und Geschwindigkeit führen zu vermehrten Baueingaben für Funkantennen – ein nicht immer gern gesehenes Projekt. Auch in Höngg ist in jüngster Zeit eine vermehrte Bautätigkeit zu beobachten.

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Vom E-Banking über das Onlineshopping bis hin zum Netflix-Streaming: Es gibt kaum mehr einen Lebensbereich, in dem das Smartphone nicht eingesetzt werden kann. Die von Mobiltelefonen genutzte Datenmenge steigt konstant und in unglaublicher Geschwindigkeit an. Jedes Jahr, so die Angaben des Bundesamtes für Umwelt, verdoppelt sich dieser Datenstrom in der Schweiz.

Mehr Antennen für mehr Leistung

Die Aufgabe der Datenübermittlung wird von den drei Schweizer Mobilfunkbetreibern Swisscom, Sunrise und Salt übernommen. Sie haben vom Bund jeweils die Konzession zum Betrieb eines Netzes erhalten und errichten zu diesem Zweck in der ganzen Schweiz Funkantennen. Kaum ein freier Fleck findet sich mehr auf dem Kartenmaterial des Bundesamtes für Kommunikation, welches die Antennenstandorte in der ganzen Schweiz verzeichnet. Doch aufgrund der steigenden Datenmenge senden viele der momentan bereits vorhandenen Antennen an ihrem Leistungslimit. Zudem erfordert die Aufrüstung auf die 5G-Technologie, die vor allem die Geschwindigkeit und die Kapazität der genutzten Leistungen steigert und schweizweit in vollem Gange ist, die Errichtung neuer, sogenannt «adaptiver Antennen». Diese übertragen, so das Bundesamt für Kommunikation, «Informationen gezielt an einzelne Nutzer*innen, die so eine optimale Übertragungsrate erhalten».
Daneben arbeiten die Mobilfunkunternehmen weiterhin permanent daran, auch die Netze auszubauen und den Empfang zu verbessern. Auch zu diesem Zweck werden weiterhin Antennen errichtet.

Wie viele Antennen stehen in Höngg?

Konsultiert man das Kartenmaterial des BAKOM für Höngg, lassen sich im Quartier bereits zwölf 5G-Antennen erkennen, wobei diese gleichzeitig auch auf 3G- und 4G-Frequenzen senden.  Daneben sind mindestens neun weitere Antennen verzeichnet, die maximal mit 3- oder 4G senden.
Allein in diesem Jahr wurden in Höngg zudem zusätzlich laut den amtlichen Mitteilungen mindestens sechs Baugesuche für Funkantennen auf Gebäuden gestellt, vier davon sind nach eigenen Angaben Projekte der Swisscom. Auch Salt bemüht sich um einen weiteren Standort in Höngg, wie PR- und Communication Managerin Viola Lebel erklärt:  «Aktuell sind wir auf der Suche nach einem Standort in der Region Höngg, um das Netz für unsere Kunden weiter zu verbessern.» Insgesamt wird nach Angaben der drei Betreiber rund ein Drittel der Antennen gemeinsam genutzt. In vielen Fällen sei das aber, so die Mobilfunkanbieter, aus verschiedenen Gründen nicht möglich – unter anderem, weil dann die gesetzlich zulässigen Strahlungsgrenzwerte überschritten würden.

 Wie erfolgt die Auswahl der Standorte?

Die Auswahl der Antennenstandorte sei, so die Vertreter*innen der Mobilfunkanbieter, nicht ganz einfach. Zunächst ist die Einhaltung der eidgenössischen Grenzwerte über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) ein entscheidender Faktor. Der hiesige Grenzwert ist im internationalen Vergleich sehr niedrig angesetzt und wurde bisher auch für die 5G-Technologie nicht angehoben. Darüber hinaus seien es mehrere Faktoren, die die Ortswahl beeinflussen, wie Rolf Ziebold, Senior PR Manager bei Sunrise, erläutert: «Die Wahl eines Antennenstandortes ist sehr aufwändig. Aufgrund der zahlreichen Vorschriften (Strahlenschutz, Ortsbild, Landschaftsschutz, Zonenpläne und mehr) wie auch technischer Faktoren wird jeder Antennenstandort sorgfältig geprüft.» Dabei versuchten die Unternehmen, die Antennen möglichst im Siedlungsgebiet zu errichten, wo der Bedarf an mobiler Kommunikation am grössten ist.  

 Entschädigungen für Grundstückseigentümer*Innen

Nach der Auswahl eines möglichen Standorts werden die betreffenden Grundstückeigentümer*innen kontaktiert. Glaubt man einem Beitrag des Schweizer Fernsehens vom März 2019, erhalten Hausbesitzer*innen viel Geld für den Bau: «Für eine Antenne auf einem Mehrfamilienhaus im Kreis 4 der Stadt Zürich bietet Sunrise 120000 Franken. Entweder als Einmalzahlung oder in Raten über 15 Jahre», wird hier ein Angebot zitiert, das dem «Kassensturz» vorliege. So konkret äussern sich die Mobilfunkunternehmen gegenüber dem «Höngger» jedoch nicht. Vielmehr würden den Grundstückeigentümer*innen Mieten für den Antennenstandort bezahlt. «Sunrise bietet Standorteigentümern Standortmieten an, die sich nach den ortsüblichen Preisen des Mietmarktes richten. Die Standortmieten werden bilateral mit dem Immobilieneigentümer vereinbart», erklärt etwa Ziebold für sein Unternehmen. Ganz ähnlich äussern sich auch die beiden anderen Betreiber.

Viele sind verunsichert

Doch der Bau der Antennen polarisiert: Während die einen begrüssen, dass das Funknetz ausgebaut und die Datenmenge vergrössert wird, regt sich bei Anwohner*innen und Nachbar*innen der geplanten Bauprojekte gerade in Zusammenhang mit dem Ausbau des 5G-Netzes oft Widerstand aus Angst vor der Zunahme an Strahlung. Auf die Diskussion um den Netzausbau und mögliche gesundheitliche Auswirkungen soll und kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, doch de facto kommt es immer wieder zu Einsprachen gegen den Bau von Funkantennen. Laut Auskunft von Lebel hat Salt etwa in den letzten Monaten generell schweizweit eine Zunahme von Einsprachen und Protesten gegen Bauprojekte zu verzeichnen: «Unabhängig von der verwendeten Technologie (3G, 4G oder 5G) kommt es weiterhin bei etlichen Projekten immer wieder zu Protesten und Einsprachen.» Und für Sunrise erklärt Ziebold: «Zu Einsprachen kann es immer kommen.» Man versuche aber, so Ziebold weiter, den «geschürten Ängsten transparent mit Fakten zu begegnen. Wir informieren laufend über Fakten zu 5G und sind mit den kommunalen, kantonalen und Bundesbehörden in Kontakt.»
Auch bei den Projekten, die Swisscom in Höngg plant, könnten noch Einsprachen erfolgen: «Bei zwei Projekten (im Bereich der ETH Hönggerberg und an der Frankentalerstrasse) gab es keine Einsprachen von Anwohner*innen, bei zwei (Grossmannstrasse und Winzerstrasse) warten wir noch auf den Entscheid der Stadt Zürich. Hier wurde in beiden Fällen, während der Publikationsfrist, aber der Bauentscheid verlangt», so Sabrina Hubacher, Mediensprecherin von Swisscom.
Langfristig haben derartige Einsprachen allerdings oftmals einen eher schweren Stand, wie Ziebold erklärt: «Sind alle rechtlichen Voraussetzungen für einen Mobilfunkstandort erfüllt, haben wir einen Anspruch auf eine Baubewilligung.»

 

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