Die Bedeutung des Lokalen nimmt zu – nur nicht in den Medien

Im Frühling hatte der Bundesrat sein Medienförderungspaket dem Parlament vorgelegt. Weiterhin werden nur Bezahlmedien gefördert.

Die Abonnenten- und Inserateeinnahmen waren schon vor Corona rückläufig, die Pandemie hat jedoch bei den Werbeumsätzen ein grosses Loch in der ohnehin schon leeren Kasse der Verlage gerissen. Die Abonnementenzahlen waren hingegen von der Krise nicht betroffen. Gerade regionale Gratiszeitungen haben aber keine genügend grosse Reichweite, um sich alleine durch Abos zu finanzieren und wären auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Doch das Parlament hält daran fest, dass weiterhin nur Bezahlmedien unterstützt werden. Obwohl gerade während des Lockdowns das lokale Leben noch wichtiger geworden ist, gilt dies scheinbar nicht für die lokale Berichterstattung. Im Gegenteil: Der Bund will die geltende Auflagenobergrenze von 40 000 Exemplaren erhöhen, um auch nationale Zeitungstitel fördern zu können. Der Ständerat und die vorberatende Nationalratskommission wollen auch eine Förderung der Frühzustellung von Zeitungen und damit auch der Sonntagspresse ins Massnahmenpaket aufnehmen. Doch in diesen kommen lokale Themen kaum mehr vor, es sei denn in Lifestyle oder PR-Berichten. Der «Höngger» hat sich mit dem Präsidenten des Verbands Schweizer Regionalmedien Daniel Sigel darüber unterhalten, wieso auch Gratiszeitungen gefördert werden sollten.

Herr Sigel, Sie sind Präsident des Verbandes Schweizer Regionalmedien VSRM. Welche Zeitungen sind bei Ihnen Mitglied?

Inzwischen sind es rund 30 Titel [Anm. d. Red.: Lokal- und Regionalzeitungen, die gratis verteilt werden] aus allen drei Landesteilen. Ein rätoromanischer Verlag fehlt uns noch, um alle Landessprachen abzudecken.

Früher hiess Ihr Verband «Verband Schweizer Gratiszeitungen». Der Begriff «Gratiszeitung» scheint jedoch negativ behaftet zu sein, wieso ist dies so?

Wir haben unsere politische Arbeit in den vergangenen Jahren intensiviert und immer wieder festgestellt, dass bei uns «Gratiszeitung» mit «qualitativ minderwertig» gleichgesetzt wird. Ganz im Gegenteil zu anderen Ländern wie Schweden, Norwegen und auch Finnland, wo regionale Gratiswochenzeitungen den gleichen Stellenwert wie abonnierte Tageszeitungen haben, auch was die Medienförderung anbelangt.

Gerade wird in Bundesbern über das Ob und Wie der Medienförderung diskutiert. National- und Ständerat haben sich für die Förderung von Print- und Online-Medien ausgesprochen. Gratiszeitungen sind davon ausgeschlossen. Warum?

Weil das Gesetz nur die Förderung von bezahlten Medien unterstützt und zulässt. Das müssen wir dringend ändern.

Bezahl-Medien und solche mit grosser Auflage sollen indirekte Subventionen erhalten, indem beispielsweise die Frühzustellung übernommen wird. Lokalzeitungen können sich aber selten über Abos finanzieren, weil die Auflagen zu klein sind. Haben wir einfach das falsche Geschäftsmodell?

Nein, absolut nicht. Im Gegensatz zu abonnierten Zeitungen sind unsere Leserzahlen über Jahre stabil. Ein überzeugendes Indiz, wie wichtig der Beachtungsgrad unserer Produkte in der Schweizer Bevölkerung ist.

Sind Regionalzeitungen überhaupt gesellschaftsrelevant?

Jede gut gemachte Regionalzeitung ist relevant. Sie ist ein Abbild unserer aktuellen Lebensart, unserer Bedürfnisse, Hoffnungen und Sorgen. Je näher wir bei Lesern und Kunden sind, desto grösser der Erfolg auf dem Werbe- und Lesermarkt.

Fürchten Sie nicht um die Unabhängigkeit der Regionalzeitungen, wenn diese staatlich subventioniert würden?

Es geht um eine indirekte Förderung, also eine Beteiligung an den Vertriebskosten. Es handelt sich hier nicht um eine politische Einmischung bei Inhalten. Grundsätzlich ein sehr gute Lösung.

Wie will sich der VSRM in Bundesbern Gehör verschaffen?

Mit Lobbying, viel Arbeit und der Mithilfe aller unserer Verbandsmitglieder. Erfreulich dabei: Wir werden immer mehr.

Vielen Dank für Ihre Auskunft.

 

Der Verband Schweizer Regionalmedien VSRM wurde 1990 von einer Gruppe initiativer Verleger gegründet, die sich seither mit klaren Qualitätskriterien für die wöchentlich erscheinende Gratiszeitung einsetzen, die in einem genau bestimmten Gebiet in alle Haushalte verteilt werden. Sie versteht sich als Interessensvertretung dieser sogenannten Lokal- und Regionalzeitungen.

 

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