Informativer Vortrag zum Thema Demenz

Am Mittwoch, 1. Juni, hielt Dr. Albert Wettstein, ehemaliger Chefarzt des stadtärztlichen Dienstes Zürich, auf Einladung der Nachbarschaftshilfe Höngg einen fesselnden Vortrag zum Thema «Vergesslichkeit oder beginnende Demenz: gute Betreuung verhindert Überforderung und Gewalt an Betagten».

Dr. Albert Wettstein bei seinem Vortrag.

Das Thema sprach so viele Besucher an, dass der von der reformierten Kirche zur Verfügung gestellte Saal gut gefüllt war. Kein Wunder, kennt doch jeder das Problem der Vergesslichkeit aus eigener Erfahrung beziehungsweise im sozialen Umfeld und stellt sich schon mal die Frage, ob «das» noch normal oder schon krankhaft sei. Und wenn es dann doch Demenz ist, braucht man als Betroffener sowie auch als Betreuender die passende Unterstützung, um den belastenden Alltag zu meistern. Diese Themen wurden auch nach dem Vortrag lebhaft beim von der Nachbarschaftshilfe Höngg offerierten Apéro diskutiert.

Kann Demenz vermieden, können Symptome verzögert werden?

Dr. Wettstein erläuterte, dass eine aktive und gesunde Lebensweise sehr positive Effekte auf den gesamten Körper und besonders auf das Gehirn hat. Der Grundsatz ist: «Use it or lose it!» Das heisst im Detail, man sollte sich regelmässig bewegen, mindestens 30 Minuten pro Tag, wobei keine olympischen Leistungen geboten sind, Spazierengehen ist optimal geeignet. Regelmässige, geistige Aktivität ¬– Neues lernen ¬– und regelmässige soziale Aktivität ¬– Beziehungen -pflegen ¬– sind ebenso wichtig. Gesunde Ernährung, Verzicht auf Rauchen sowie die Behandlung hohen Blutdrucks, hohen Cholesterins sowie der Diabeteskrankheit sind weitere Bausteine zur Gesunderhaltung des Körpers.

Diagnose und Therapie

Demenz ist primär eine klinische «Diagnose», das heisst, sie wird unabhängig von Laborwerten und ähnlichem gestellt und basiert auf der Entwicklung der Gehirnleistung im Verlauf der Zeit. Die veränderten Antworten ¬– Ist sie gleich geblieben? Etwas schlechter? Viel schlechter? ¬– auf sieben Kardinalfragen, die alle zwei Jahre gestellt werden sollten, geben einen sehr guten Hinweis auf die Patientensituation und die Entwicklung einer Demenz. Leider ist bislang keine medikamentöse Therapie bekannt, die nachgewiesene Langzeiteffekte auf die Demenz hat.

Warum ist eine frühe Diagnostik wichtig?

Im frühen Stadium ist der Patient noch urteilsfähig für eine Testamentserstellung oder -veränderung. Er kann eine Patientenverfügung beschliessen und im sozialen Umfeld bekannt machen, und er kann Betreuungsabmachungen vereinbaren. Zudem ist eine Information von Freunden und Familie möglich, bevor sich alle vom Betroffenen zurückziehen. Die Erhaltung des gewohnten sozialen Umfeldes stellt vor allem eine grosse Hilfe für die hauptbetreuende Person dar.
Dr. Wettstein präsentierte einen Textvorschlag für eine entsprechende Patientenverfügung, der auf Nachfrage von der Nachbarschaftshilfe Höngg gerne zur Verfügung gestellt wird.

Wie soll das Umfeld reagieren?

Entscheidend ist die Haltung des Umfeldes, das heisst, ob das veränderte Verhalten des Erkrankten verstanden wird. Das eigene Verhalten muss angepasst und nicht nur Defizite, sondern auch Ressourcen bei Demenz-Betroffenen erkannt werden, erklärte Dr. Wettstein. Eine sinnvolle Kompensationsstrategie für den Demenzpatienten ist die Konzentration auf das noch Mögliche ¬¬– und das nicht mehr Mögliche durch andere erledigen zu lassen. Es gibt professionelle Entlastungsangebote, die unter anderem bei der Alzheimervereinigung angefragt werden können.
Das Thema Entlastung ist nicht nur für den zu Betreuenden, sondern auch besonders wichtig für die betreuenden Personen. Dr. Wettstein betonte, dass Betreuung durch eine einzige Person ein nachgewiesen hohes Risiko bedeutet, dass diese Person selbst erkrankt oder den Alzheimer-Patienten misshandelt. Deshalb sollte unbedingt für professionelle und informelle Entlastung gesorgt werden. Dies kann über die Spitex, eine Tagesbetreuung im Heim sowie Betreuung durch Familien-Angehörige inklusive

Enkel für Stunden bis Tage sein.

Ein grosses Problem ist die abnehmende Entscheidungsfähigkeit des Patienten. Deshalb ist die Patientenverfügung in frühen Stadien der Demenzerkrankung wichtig, damit die Umgebung ein Gespür für den «mutmasslichen Willen» des Patienten hat. Wenn die pflegebedürftige Person sich nicht mehr äussern kann, weil sie die Frage nicht versteht, die aktuelle Situation verkennt oder sogar wahnhaft reagiert, dürfen nicht die Massstäbe, Haltungen oder Philosophie der Bezugspersonen als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden, sondern der mutmassliche Wille des Betroffenen. In diesem Falle eben via Patientenverfügung, denn es ist massgebend, was diese Person für sich wahrscheinlich entscheiden würde, wenn sie es noch könnte.

Eingesandt von Petra Heyen, Nachbarschaftshilfe Höngg

Weitere Informationen:
www.nachbarschaftshilfe.ch
E-Mail: hoengg@nachbarschaftshilfe.ch
Telefon 044 341 77 00
Büro: Gemeinschaftszentrum Höngg/Rütihof, Limmattalstrasse 214, Dienstag 17 bis 19 Uhr (Anlaufstelle im Familien- und Generationenhaus Sonnegg: Donnerstag 14 bis 16 Uhr)
Postadresse: Nachbarschaftshilfe Höngg, Postfach 528, 8049 Zürich

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