In Vino Vernissage

Zwei Arbeitskollegen, die über den Wein zu Freunden wurden, realisieren gemeinsam eine Bilder-Buch-Vernissage in Höngg.

Rico Dettling und Markus Matzner in ihrem Rebberg in Weiningen.

In Weinigen sitzen die zwei Männer im knappen Schatten eines Schirmes mitten in einem Weinberg und blicken über den See zu den Alpen und auf den Stau vor dem Gubrist. Vor zehn Jahren pachtete der Oberengstringer Markus Matzner hier ein brachliegendes Stück Land. Zuvor war er neben seiner Arbeit beim Schweizer Fernsehen als Weinjournalist tätig und hatte ein Buch mit dem Titel «Zapfen ab» herausgegeben, das sich die Gilde der Weinkritiker vorknöpfte. Der Dokumentarfilm «Die Winzer im Heidiland», den er produzierte, bestärkte ihn schliesslich in seinem Wunsch, selber in die Weinproduktion einzusteigen. Ungefähr zur selben Zeit lernte er in der Unterhaltungsabteilung des SRF den Höngger Rico Dettling, damals Redaktionsleiter der Sendung «SRF bi de Lüt – Live», kennen. Als dieser von Matzners «Hobby» erfuhr, bot er ihm seine Hilfe an. Heute sitzen die beiden bei ihren 1500 Rebstöcken, oder «Babies», wie sie sie nennen und sehen ziemlich zufrieden aus. Dettling ist mittlerweile pensioniert, Matzner Chefredaktor bei der Fachzeitschrift «Obst- und Weinbau».

Jedes Jahr ist anders

In den vergangenen zehn Jahren haben die Reben und die Winzer einiges durchgemacht: Hagel und Trockenheit, Frost und Mehltau. Erst verarbeiteten sie alle Sorten – Blaufränkischer, Zweigelt, Sauvignon Blanc, Muscat und einen Rosé, aus welchem sie sogar einen Sekt machen – selber in ihrer «Wein-Garage» in Weinigen unter dem Label «Traubengut». «Mittlerweile bringen wir die Rotwein-Trauben nach Rafz in eine Kelterei, die restlichen verarbeiten wir aber von A bis Z hier vor Ort», erzählt Matzner nicht ohne Stolz. «On the Job» und auf diversen Weiterbildungen haben sich die beiden «Jung-Winzer» die Materie zu eigen gemacht, und geraten ob der komplexen Thematik auch schon einmal ins Philosophieren. Die Arbeit mit und in der Natur habe fast etwas Meditatives, schwärmt Dettling. Man entwickle ein Bewusstsein für die Umwelt, das Wetter und lebe quasi mit den Pflanzen mit. Jedes Jahr sei anders. «Für mich ist eher der Weg das Ziel, aber natürlich ist es schön, dass am Ende ein Produkt steht, welches man noch für eine lange Zeit geniessen kann», meint Dettling. Heute sind sie ein eingespieltes Team, zu dem auch Matzners Frau gehört. Alle wissen, was zu tun ist und woran die anderen gerade arbeiten.

Es bleibt noch Zeit für eigenes

Beim Fernsehen wie auch im Weinbau geht es immer um Teamwork. Daneben haben beide jeweils eine Leidenschaft gefunden, in der sie alle Entscheidungen selber treffen und ihnen niemand reinredet: Markus Matzner ist Krimiautor und veröffentlicht im September bereits seinen fünften Roman «Rebenrausch». Wie in den vorhergehenden Büchern ist Wein ein zentrales Element der Geschichte. Als ein Winzer für den Tod einer jungen Frau am Weininger Rebblütenfest verantwortlich gemacht wird, dann aber wieder freikommt, rollen Kommissar Jean-Jacques Trümpi und der pensionierte Fernsehjournalist Nico Vontobel den Fall wieder neu auf. Als sie mit ihren Ermittlungen nicht mehr weiterkommen, nimmt die Geschichte durch eine Bekanntschaft von Nicos Partnerin Hanni eine unerwartete Wendung. Autobiografisch seien die Romane nicht und auch allfällige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen rein zufällig, versichert Matzner mit einem Lachen. Seltsamerweise verhalte es sich sogar umgekehrt, und man lerne im richtigen Leben Personen kennen, die aus dem Roman stammen könnten. Der schönste Moment beim Schreiben sei, wenn die Persönlichkeiten in seinen Geschichten ein Eigenleben entwickelten und man als Autor selber überrascht werde.
Ein Zufall führte Rico Dettling zurück zu einem Hobby seiner Jugend: Ein Freund überredete ihn, ihn zum Aktzeichnen zu begleiten. Ein Verein organisiert jeden Donnerstagabend im Kreis 5 einen Kurs, und fast jedes Mal posiert ein anderes Modell. Erst dauert eine Pose zwei Minuten, dann immer etwas länger und wenn die Zeit auch einmal bis zu einer halben Stunde. Es ist anspruchsvoll, ein Modell so schnell zu erfassen und zu skizzieren. Doch der ehemalige Redaktionsleiter fand schnell zu seiner alten Form und Freude am Zeichnen zurück. Weil er sich nicht mit fehlenden Papierbögen und ausgetrockneten Farbtöpfen herumschlagen wollte, machte er es zur Bedingung, auf dem iPad zeichnen zu können. Dieses holt er nun aus der Tasche und fährt mit einem weissen Stift über dessen Oberfläche. Der Strich wirkt wie mit einem Bleistift gezogen. «Es ist unglaublich praktisch, mir stehen unzählige Pinsel und Stifte in allen Breiten und Härten zur Verfügung und vor allem: Die ganze Farbpalette». «Und das Beste» – Dettling tippt zweimal auf den Bildschirm – «so kann ich alles löschen», meint er mit einem Grinsen. «Aber das Handwerk muss man trotzdem beherrschen», wendet Matzner ein. Die Zeichnungen lassen sich speichern und in hoher Qualität ausdrucken. Den gerahmten Exemplaren, die der Zeichner ebenfalls mitgebracht hat, ist nicht anzusehen, dass sie aus Pixeln bestehen.
Aus der ehemaligen Arbeitsbekanntschaft ist eine Freundschaft geworden und aus dieser wuchs schliesslich die Idee, gemeinsam eine Bilder-Buch-Vernissage zu organisieren. Zum Erscheinen des neuen Krimiromans von Matzner machen die beiden nun im GZ Höngg eine Buchlesung mit gleichzeitiger Ausstellung der entstandenen Aktbilder von Dettling. Kredenzt wird – es dürfte nicht anders sein – der hauseigene Wein.

Bilder-Buch-Vernissage von und mit Markus Matzner und Rico Dettling. Donnerstag, 26. September, 18.30, Lesung 19 Uhr. GZ Höngg, Limmattalstrasse 214. 1. Stock. Informationen zum Winzertum: www.vinicus.ch

0 Kommentare


Themen entdecken