Igel in Nöten

Igel gehören zur Stadtfauna einfach dazu. Wer des Nachts unterwegs ist, begegnet den faszinierenden Kleinsäugern auch mitten in Zürich. Doch Studien zufolge hat der Bestand in den letzten 25 Jahren deutlich abgenommen. Woran liegt das und wie kann man den Igel unterstützen? Der «Höngger» hat nachgefragt.

Hübscher Kerl: ein Braunbrustigel im herbstlichen Laub. (Foto: Igelzentrum)

Wer schleicht denn da durch den Garten? Geheimnisvoll raschelt, schnauft und schmatzt es des Nachts im Laub. Wer das Geräusch nicht kennt, könnte leicht ein wenig ins Gruseln geraten – gerade zu Halloween-Zeiten. Doch es hat eine harmlose und freundliche Ursache: Es ist ein Igel, der sich seinen Weg durchs Gehölz bahnt.
Auch in der Stadt Zürich sind die stachligen Tiere weit verbreitet. Doch der Bestand schrumpft. In einer vom Verein Stadtnatur durchgeführten Studie aus den Jahren 2016 bis 2018 kommen die Verfasser*innen zum Schluss, dass die Population an hierzulande heimischen Braunbrustigeln im Vergleich zu 1992, also in rund 25 Jahren, um zirka 40 Prozent gesunken ist, während die Lebensräume der Tiere um rund ein Fünftel geschrumpft sind.
Absolute Zahlen zum Bestand der Igel abzugeben, sei schwierig, sagt Simon Steinemann vom Igelzentrum auf Nachfrage des «Hönggers». «Es scheint aber in den letzten 25 Jahren einen rapiden Schwund zu geben – dieses Phänomen beobachten wir nicht nur in der Schweiz, sondern auch in anderen Ländern wie etwa England», erklärt Steinemann.

Ursachen

Woran das liegt, darüber kann bislang nur spekuliert werden. Der Igel benötigt als Lebensraum unversiegelte Flächen, Gärten, Gebüsche, Hecken und Waldränder. Wo diese Flächen betoniert werden und Grünanlagen Neubauten zum Opfer fallen, ist der Grund für den Rückzug eindeutig. Aber auch dort, wo sich in den letzten Jahrzehnten scheinbar wenig verändert hat, wurden vielerorts weniger Igel beobachtet. Hier sind die Ursachen für den Schwund weniger eindeutig. Mögliche Ursachen könnten die Abnahme an Insekten als Hauptnahrungsmittel der Kleinsäuger oder eine Zunahme des Autoverkehrs sein. Weitere Gründe wie Laubbläser oder Mähgeräte, die für den Igel tödliche Gefahren darstellen können, aber auch eine Zunahme an Dachsen stehen zur Diskussion.

Wie kann man Igeln helfen?

Um den Igel im eigenen Garten zu unterstützen, gibt es einige Massnahmen, die Gartenbesitzer*innen ergreifen können. Mit dem Verzicht auf Pestizide und Gifte und der Pflanzung einheimischer Pflanzen kann etwa der Artenreichtum an Insekten gefördert werden. Ein Verzicht auf Laubbläser und Mähroboter verringert die Gefahr, Igel zu verletzen. Auch die Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten und Verstecken ist ein wichtiger Punkt, gerade im Herbst, wenn sich die Igel auf die Suche nach einem Quartier für ihre Winterruhe machen.  «Hier kann es helfen, Laub im Garten zumindest nicht komplett abzuräumen. Empfehlenswert wäre es etwa, die Blätter auf einen Haufen zusammenzurechen. Auch dürres Gras und Pflanzenstängel werden von den Tieren als Polster für ihre Winterquartiere gerne genommen. Wer einen Saum von höher gewachsenem Gras, etwa an Heckenrändern, stehen lässt, tut dem Igel einen Gefallen», erklärt Steinemann.

Nur im Notfall reagieren

Auch die Frage, inwiefern man schwache Tiere im Herbst unterstützen soll, stellt sich vielen Igelliebhabern. Hier muss jedoch mit sehr viel Bedacht vorgegangen werden, wie Steinemann erklärt: «Um Winterschlaf machen zu können, muss der Igel mindestens 500 Gramm wiegen. Optisch ist es jedoch nicht ganz einfach abzuschätzen, wie schwer der Igel tatsächlich ist.» Steinemann empfiehlt daher, bei Unsicherheit einen Korb über den Igel zu stellen, falls das möglich ist, eine Waage zu holen und ihn zu wiegen. Beträgt sein Gewicht 500 Gramm oder mehr, ist alles in Ordnung. Ist sein Gewicht deutlich unter 500 g und ist absehbar, dass die Temperaturen in den nächsten Tagen dauerhaft unter 4 Grad betragen, darf, so Steinemann, «der betreffende Igel mit Katzenfutter gefüttert werden. Dafür wird aber dringend empfohlen, sich vorher auf der Webseite des Igelzentrums über die richtige Fütterung zu informieren.» Es müsse sichergestellt werden, dass nur der betreffende Igel das Futter erhalte – und die Fütterung müsse wieder eingestellt werden, sobald das notwendige Gewicht erreicht ist. Eine Zufütterung macht also nur im wirklichen Notfall Sinn. Denn erstens, so Steinemann, sei das Katzenfutter auf Dauer nicht gesund −und zweitens verpasse der Igel seinen Winterschlaf, wenn immer weiter gefüttert werde.
Bei einem Fund eines verletzten oder kranken Tieres kann das Igelzentrum kontaktiert werden, das solche Patienten aufnimmt und pflegt – und anschliessend am Fundort wieder aussetzt. Denn der Igel ist ein ortstreues Tier und fühlt sich in seinem gewohnten Habitat am wohlsten.

Weitere Informationen finden sich auf der Webseite des Igelzentrums: www.igelzentrum.ch, von Montag bis Freitag erreichbar zwischen 16 und 18 Uhr unter 044 362 02 03.
Anfragen an info@igelzentrum.ch.werden zeitnah beantwortet (meist innerhalb von Stunden, sicher innerhalb von 24 Stunden). Auch am Samstag, Sonntag und an allgemeinen Feiertagen.

Wer einen Igel oder ein anderes Wildtier gesichtet hat, kann diese Beobachtung inklusive Foto gerne unter www.stadtwildtiere.ch melden.

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