«Ich werde mich immer an Höngg erinnern»

Der «Surprise»-Verkäufer Dubad Cabulahl ist vielen in Höngg bekannt. Seit Jahren hat er das Strassenmagazin vor der Migros verkauft. Nun beginnt für ihn ein neuer Lebensabschnitt.

Dubad Cabulahl wagt einen Neubeginn in Äthiopien. (Foto: dad)

Es ist ein geschäftiger Tag für Dubad Cabulahl. In Höngg wird er das Strassenmagazin «Surprise» verkaufen, auch ein Interview-Termin mit dieser Zeitung steht auf dem Programm, hinzu kommen viele private Erledigungen, denn am Abend wird er in ein Flugzeug steigen. Der geschäftige Tag ist vorerst sein letzter in Höngg.

Dubad, so möchte er genannt werden, ist vielen im Quartier bekannt. Seit 2011 war er regelmässig vor der Migros an der Regensdorferstrasse anzutreffen und für «Surprise» im Einsatz. Der Verkauf des Strassenmagazins machte dem 54-Jährigen viel Freude. Er tat dies zurückhaltend, dennoch gewinnend und kam dabei mit vielen Menschen ins Gespräch.

Er war eines der Gesichter, auf das man sich freute, wenn man die Einkäufe erledigte. «Ich habe im Laufe der Jahre viele Menschen hier kennengelernt», sagt er. Freundschaften seien in dieser Zeit entstanden. Bindungen, die ihm wichtig sind.

Sicherheit und Stabilität

20 Jahre ist es her, seit Dubad seine Heimat Somalia verliess. «Ich fürchtete damals um meine Sicherheit und hatte keine Perspektive mehr», erinnert er sich. Der Somalische Bürgerkrieg hält seit etwa 1988 an. Und so kam Dubad in die Schweiz.
«Ich war allein und konnte die Sprache nicht, aber ich war in Sicherheit.»

Stabilität gab ihm die Arbeit für den Verein «Surprise» und dessen Strassenmagazin. Dieses berichtet unabhängig und kritisch über Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur. Jede zweite Woche erscheint eine neue Ausgabe, die auf den Strassen verkauft wird.

Eine Aufgabe, die Menschen vorbehalten ist, die keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zum ersten Arbeitsmarkt haben, wie es auf der Website von «Surprise» heisst. So können diese selbstständig Geld verdienen. Ebenfalls hält der Verein fest, dass der Verkauf des Strassenmagazins Mut, Durchhaltevermögen und Sozialkompetenz erfordere.

Obwohl Dubad im Zürcher Oberland lebte, war sein Arbeitsplatz, wie eingangs erwähnt, in Höngg. «Es ist ein guter Ort und wenn das Wetter schlecht war oder es kalt wurde, durfte ich mich im Eingangsbereich von der Migros und Zweifel 1898 aufhalten», sagt er. Meistens konnte er alle Magazine verkaufen. Gab es einen Rest, so brachte er diese zurück ins «Surprise»-Büro.

Mit den Jahren hat Dubad eine grosse Stammkundschaft aufgebaut und lernte so auch die Sprache. «Ich habe immer nachgefragt, wenn ich etwas nicht verstanden habe und konnte mich gut integrieren.» Die Menschen hier hätten ihm das Lernen leicht gemacht, fügt er an.

Ein Neuanfang

Dennoch liessen Dubad die Gedanken an Afrika nicht los. Aber es ist nicht Somalia, vom dem er träumt, sondern Äthiopien. In den vergangenen Jahren reiste er viele Male dorthin, gründete dort eine Familie und baute ein Haus, wie er sagt. «Es wurde Zeit, einen Neuanfang zu wagen», sagt er.

Er wolle mit seiner Frau und den Kindern zusammenleben und sich in Äthiopien eine neue Existenz aufbauen. «Mein Traum ist es, ein Restaurant zu eröffnen, denn im Organisieren bin ich gut.»

Der vorerst letzte Tag für Dubad in der Schweiz vergeht schnell. Es ist ihm wichtig, nochmals bei der Migros zu sein, um sich dort von einigen Menschen zu verabschieden. «Nach 13 Jahren fühle ich mich Höngg sehr nahe», sagt er. Er lässt durchblicken, dass ihm der Abschied schwerfällt. «Ich bedanke mich bei allen hier, denn die Schweiz, Zürich und Höngg haben mir viel Liebe gegeben, ich werde mich immer an diese Zeit erinnern.»

Vielleicht komme er mit seiner Familie für einen Besuch zurück. Doch zunächst geht es zum Flughafen. Ein neues Leben beginnt. Mit im Gepäck eine kleine Höngger Fahne und weitere Souvenirs. Und mit viel Höngg im Herzen.

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