Dagmar schreibt
Ich und mein Schweinehund
Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, welche dramatischen Kämpfe sie nach den Ferien auszufechten hat.
30. August 2025 — Dagmar Schräder
So, die Ferien sind vorbei, der Alltag hat uns wieder. Top motiviert und voller Elan wird jetzt die Arbeit wieder aufgenommen. Theoretisch. Denn in Realität, das muss ich erkennen, haben die Ferien nicht nur zu meiner Erholung beigetragen, sondern auch zu derjenigen meines inneren Schweinehundes. Den haben die Tage des Müssiggangs so richtig selbstbewusst gemacht und ich habe nun die undankbare Aufgabe, mich mit einer Powerversion dieses inneren Haustiers auseinanderzusetzen. Ganz schön tricky. Denn selbst ohne Ferien macht er mir ordentlich zu schaffen.
Zum Beispiel in Bezug auf das Aufschieben von Aufgaben. Schon in der Schule musste ich die Nächte vor den Prüfungen jeweils durcharbeiten, weil ich es einfach nicht hingekriegt hatte, mich mal früher dranzusetzen. Und jedes Mal, wenn ich dann so mitten in der Nacht verzweifelt versuchte, mir Geschichtsdaten oder chemische Formeln ins Hirn zu drücken, schwor ich mir, es das nächste Mal besser zu machen. Doch ich unterschätzte diesen Schweinehund regelmässig. Kaum ging die Sonne am nächsten Morgen auf und die Prüfung war irgendwie gemeistert, da war auch der gute Vorsatz wieder wie weggeblasen.
Und so geht es mir auch heute noch. Zu meiner Verteidigung muss ich aber auch sagen, dass ich völlig unschuldig in diese Situation gerate. Denn es läuft immer gleich ab: Ich nehme einen Auftrag entgegen, sei es ein Text, der geschrieben werden will, eine Küche, die geputzt werden möchte, oder eine Buchhaltung, die nach einer Berechnung schreit. Sobald ich den Auftrag gefasst habe, will ich mich schwungvoll an die Arbeit machen.
Aber kaum hat der Schweinehund meine Arbeitsmotivation gerochen und festgestellt, dass der Abgabetermin für die Aufgabe noch weiter entfernt ist als das absolute Minimum an Zeit, das dafür notwendig wäre, fängt er an, mich zu belästigen. Verführerisch flüstert er mir zu: «Nun komm schon, gönn dir eine kleine Pause. Lies doch was, oder magst du vielleicht einen Film schauen? Oh, oder weisst du was? Geh doch heute früh ins Bett und erledige die Aufgaben morgen in aller Frühe.»
Solchen Stuss erzählt er. Und gutgläubig wie ich bin, tue ich, wie mir geheissen wird.
Doof nur, dass er am nächsten Morgen, wenn der Wecker klingelt und ich mich anschicke, endlich meine Pflicht zu erfüllen, auch schon wieder zur Stelle ist: «Nur kurz liegen bleiben, ist grad so gemütlich …», raunt er in meinem Inneren. Da bin ich machtlos – vor allem, wenn die letzten Ferienwochen so entspannt waren. Wer will da schon gleich wieder stressen?
Aber es hilft nix. Deswegen denke ich, ich werde ihn überlisten müssen. Ihn einlullen, ihm vorgaukeln, dass wir uns noch in den Ferien befinden und all die Tätigkeiten eigentlich gar keine lästigen Pflichten sind, sondern aufregende Freizeitaktivitäten. Bei denen macht er nämlich keine Probleme. Für die lässt er mich anstandslos früh aufstehen und bis in die Nacht wachbleiben.
Ich werde es probieren. Grosse Hoffnungen mache ich mir allerdings nicht. Beim Textschreiben nimmt er mir das vielleicht noch ab. Aber Buchhaltung und Küche aufräumen? Das glaubt er mir nie …
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