«Ich selber habe wohl am meisten gelernt»

Marianne Haffner und Hans-Peter B. Stutz berichteten regelmässig in Bild und Text über die reichhaltige Tierwelt Hönggs.

Mit Feldstecher und Kamera – immer und überall unterwegs in der Natur. (Foto: Hans-Peter Stutz)

Über 50 Höngger Tierarten haben Du und Dein Gefährte und Fotograf Hans-Peter Stutz uns in den letzten vier Jahren nahegebracht. Gerne hast Du dabei auch unscheinbare oder nicht so herzige Tiere in schönstem Licht beschrieben. Hast Du ein Herz für Aussenseiter?

Marianne Haffner: Unscheinbare oder nicht so herzige Tiere oder gar Aussenseiter gibt es im Tierreich für eine Biologin nicht. Wir haben immer saisonale Aktualitäten gebracht, damit die Hönggerinnen und Höngger auch gleich die Möglichkeit hatten, die entsprechenden Tiere zu beobachten. Wenn zum Beispiel im November auffällig viele Bienen um Efeublüten schwärmten, dann berichteten wir über die Efeu-Seidenbiene. Also haben eigentlich die Tiere bestimmt, wann über wen berichtet wird.

Und wo findet ihr all diese Exemplare?

Die Tiere für die «Höngger Fauna» mussten immer aus Höngg sein, so richtig einheimisch also. Wir fanden sie im eigenen Garten, folglich vor der Haustüre, im Hönggerwald oder unten an der Limmat. Einzig das Wildschwein musste im Wildnispark fotografiert werden, sehr zum Leidwesen des Fotografen, aber es ging einfach nicht anders.

Wie muss man sich das eigentlich vorstellen: Geht der Fotograf auf die Pirsch? Steht er frühmorgens auf, um die Tiere zu erwischen?

Der Fotograf hatte einen sehr schwierigen Job. Wenn ich beispielsweise beobachtete, dass die Eidechsen gerade an den Pfaffenkäppchenblüten naschten, teilte ich ihm mit, dass ich darüber schreiben werde. Und dann galt es für ihn, stundenlang, über mehrere Tage verteilt, zu lauern, bis eine Eidechse zur richtigen Zeit im vorteilhaften Licht am richtigen Ort sass. Keine Blätter oder Äste vor der Schnauze, keine Schatten im Gesicht und nicht nur das Auge der Eidechse, sondern auch ihre Zunge musste scharf sein. Mit viel Können und etwas Glück befand der Fotograf schliesslich eine von ein paar hundert Fotos als «hönggertauglich».

Woher kommt Deine Faszination für die Tierwelt?

In meiner Kindheit gab es noch keine «Waldkinder», die in geführten Gruppen durch den Wald zogen. Trotzdem verbrachten wir sehr viel Zeit im Hönggerwald, den wir auf eigene Faust erkundeten. Da gab es immer spannende Tiere zu beobachten, Pilze und Pflanzen zu sammeln. Das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich später Biologie studierte.

Und was hast Du nach Deinem Studium gemacht?

Zuerst war ich in der Lehre und Forschung tätig. Ich hielt Vorlesungen und führte Praktika durch, vor allem im Bereich vergleichende Anatomie der Wirbeltiere. Danach leitete ich bis zu meiner Pensionierung das Zoologische Museum der Universität Zürich. Ich war also ein richtiges «Heimchen am Herd» und blieb meiner Alma Mater treu.

Auch wenn Du als Biologin wahrscheinlich kein Lieblingstier hast – gibt es eine Art, die Dich besonders interessiert?

Jede Art, mit der ich mich näher befassen kann, fasziniert mich. Das war auch das Schöne am Schreiben für den Höngger: Ich selbst habe dabei wohl am meisten gelernt und oft gestaunt, wie wenig man über viele Tiere eigentlich weiss.

Die «Höngger Fauna» war bei der Leserschaft sehr beliebt, wie uns immer wieder mitgeteilt wurde. Wären Dir irgendwann die Tierarten ausgegangen?

In Höngg leben mindestens 600 Tierarten. Hätte ich brav alle zwei Wochen einen Artikel geschrieben, würden die Arten für 24 Jahre Schreibstoff reichen. Bevor mir also die Tierarten ausgegangen wären, wäre mir der Schreibstift altershalber aus den Händen gefallen.

600 Tierarten klingt ja erstmal nach viel. Gibt es Tiere, die Ihr früher beobachten konntet und die jetzt verschwunden sind? Sind andere Tierarten dazugekommen?

Als Kind gehörten zum Beispiel Kuckuck und Wendehals zum Obstgarten hinter dem Haus und Hasen zum Wald auf dem Berg. Oben am Holbrig konnte man an der Böschung Zauneidechsen und Blindschleichen beim Sonnenbad beobachten, heute findet man die beiden nur noch selten auf dem Hönggerberg. Relativ neu sind beispielsweise die Mauereidechsen oder die Holzbienen.

Was machst Du oder macht Ihr nun mit all der neugewonnen freien Zeit?

Ich werde mich vermehrt meinem Hobby widmen. Gäste bekochen, aber auch Tiere füttern wie die Mauereidechsen, die abends auf Mehlwürmer oder Süsses wie Wassermelonen warten, oder die Kaulquappen in unserem Teich, die Schinken lieben. Absolut daneben für eine Biologin, ich weiss. Hans-Peter wird nun völlig stressfrei mit seiner Kamera nach draussen gehen und das fotografieren können, was er gerade will, auch Gebäude, Menschen und Pflanzen.

Wir danken Euch herzlich für Eure schönen Beiträge und wünschen Euch alles Gute!

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