«Ich hatte mehrfach Glück …»

Ohne ihn wäre der «Höngger» heute anders: Bernhard Gravenkamp hat als Grafiker zunächst als Angestellter der Druckerei AG Höngg, und danach über fast zwanzig Jahre als alleiniger Verantwortlicher der Druckvorstufe unsere Zeitung entscheidend mitgeprägt. Nun geht er in Pension.

4
Bernhard Gravenkamp mit der ersten und der letzten Ausgabe der «Höngger Zeitung», die er produziert hat. (Foto: dad)

Es mag hochtrabend klingen, doch es ist das Ende einer Ära: Mit fast 800 Ausgaben unter seiner grafischen Leitung hat Bernhard Gravenkamp den «Höngger» über Jahre gestaltet. Er hat mitgedacht und auch in kritischen Situationen gerettet, was zu retten war, und die Zeitung von A bis Z mitgeprägt. Bis 2017 erschienen die Ausgaben wöchentlich, danach noch zweimal pro Monat, ein Durchhaltewille, den man heute suchen muss. Nun verabschiedet sich Bernhard Gravenkamp altershalber von dieser Aufgabe. Wir, die Quartierzeitung Höngg GmbH und der Stiftungsrat, sind Bernhard Gravenkamp zutiefst dankbar für seinen langjährigen Einsatz und die damit verbundene grossartige Arbeit. Wir wünschen ihm für den neuen Lebensabschnitt von Herzen alles Gute.

Bernhard, im Jahr 1986 hast du beim «Höngger» als Angestellter begonnen, nun wirst du pensioniert: Was wirst du in deiner neu­ gewonnen freien Zeit anstellen?
Bernhard Gravenkamp: «Ich werde pensioniert», klingt doch etwas gar passiv. Und es stimmt auch nur teilweise. Seit 2017 habe ich mich an anderen grösseren und kleineren langfristigen sozialen und privaten Projekten aktiv beteiligt. Diese Aufgaben werde ich weiterhin verfolgen. Und im Garten gibt es immer etwas zu tun.

Warum gehört der «Höngger» nicht mehr dazu?
Das Pensum ist – auch beim Zwei-Wochen-Rhythmus – nicht zu unterschätzen. Ausserdem hat seit Anfang Jahr «mein» «Höngger» einen neuen Namen: «Höngger Zeitung». Und das ist sehr gut so, bietet sie doch nicht nur neue grafische, sondern mittlerweile auch plattformmässig neue Perspektiven für ein neues, jüngeres zeitgemässes Team. Der Start dazu ist gelungen.

Du hast Hunderte Ausgaben und viele Versionen unserer Zeitung erlebt und mitgeprägt. Wie beschreibst du den Wandel der Zeit?
Wenn ich richtig gezählt habe, sind es rund 800 Ausgaben, die ich seit Januar 2003 produziert habe. Dies war der Zeitpunkt als mein vormaliger Arbeitgeber die Zeitung an die Stiftung übergeben hatte. Damals lief die Produktion noch «analog», das heisst, ich habe die Seiten auf einem Laserbelichter ausgegeben und danach entwickelt. Die fertigen Ganzseitenfilme wurden per Kurier in die Druckerei gebracht. Mittlerweile sind dank der neuen technischen Möglichkeiten einige Arbeitsschritte weggefallen, dafür sind andere Aufgaben dazugekommen. Einfacher ist es bestimmt nicht, nur anders. Das bedeutet zum Beispiel, dass ich vom Büro in Höngg aus die Plattenproduktion im Druckzentrum an der Bubenbergstrasse direkt steuern muss. 2003 war auch der Startschuss für eine bescheidene Homepage, dort konnte man die Zeitung als PDF abrufen, auch heute sind diese Ausgaben noch im Archiv.

Kannst du dich an die ersten Ausgaben erinnern, die unter deinen Fittichen Gestalt annahmen?
Zu Beginn des Jahres 2002 wurde an der Entscheidung gearbeitet, die Zeitung an eine Stiftung, unter der Leitung von Ernst Cincera, zu übergeben. Mir bot sich dabei die Chance, das – nicht nur aus technischer Sicht ambitiöse Projekt – im Alleingang zu übernehmen. Die Sommerferien 2002 verbrachte ich eingedeckt mit Handbüchern einer damals ziemlich neuen Software namens InDesign auf meinem Balkon in Volketswil. Daraufhin fällte ich den Entschluss, es zu versuchen. Ich habe mir das zugetraut. Die letzten Wochen des Jahres – sowieso die hektischste Zeit überhaupt – und die ersten Wochen 2003 waren eher schlaflos: «Wenn 24 Stunden am Tag nicht reichen, nehmen wir noch die Nacht hinzu.» Aber es hat sich gelohnt.

Gab es rückblickend Situationen, die dir besonders in Erinnerung blieben?
Ja, hatte ich doch mehrfach Glück im Unglück, dass ich mit dem Laptop «bewaffnet» mehrere Ausgaben aus dem Spital oder von zu Hause aus produzieren konnte – und musste. Als One-Man-Show blieb mir nichts anderes übrig. Damals, vor zehn Jahren, war von Homeoffice noch nicht die Rede. Auch gab es, gerade auch in der Medienwelt, wirtschaftlich unsichere Zeiten, die man stets – auch mithilfe der Höngger Bevölkerung – erfolgreich überstehen konnte. Herzlichen Dank, Höngg!

Welchen Teil deiner Arbeit mochtest du besonders gerne?
Natürlich die Möglichkeit, die eigenen grafischen Gestaltungsfähigkeiten einzusetzen und bei den mehrfachen Neukonzeptionen des Gesamtlayouts mein Wissen und meine Meinung einzubringen. Vor allem aber schätzte ich den kreativen Austausch mit den Inserate-Kunden, besonders dann, wenn sie von dem Resultat überrascht und happy waren.

Was wirst du an Höngg vermissen?
Im Moment freue ich mich erst mal auf meine Pensionierungsreise. Diese führt mich für vier Wochen nach Südamerika. Ob ich da an Höngg denke, wage ich aktuell zu bezweifeln. Ich habe die Zeit beim «Höngger» geschätzt – mit allen Höhen und Tiefen – und sie wird immer in meinem Herzen bleiben.

Aber man wird dich doch wieder in Höngg antreffen?
Bestimmt zu dem noch ausstehenden Abschiedsessen mit dem Team, denn es würde mich nichts mehr freuen, als dabei auf die ersten gelungenen Ausgaben nach «meiner Ära» anzustossen. Über das Internet werde ich immer im schönsten Dorf von Zürich zumindest virtuell sein können.

Worauf sollte dein Nachfolger besonders achten?
Auf jeden Fall fit zu bleiben, gilt es doch, unter allen Umständen den Drucktermin pünktlich einzuhalten, denn die Rotationsdruckmaschine läuft genau nach Fahrplan und zu spät kommen ist teuer. Diese Herausforderung gemeinsam mit dem Team anzunehmen und sie erfolgreich zu meistern, hat mich stets motiviert. Die Energie dazu hat mir nicht ein einziges Mal gefehlt.

4 Kommentare


he optik

18. Oktober 2022  —  21:24 Uhr

ciao bernhard, danke für dini kreativität und dini geduld für all eusi nöd immer eifache inseratewünsch. luegder guet und gnüss dini ziit in südamerika. das he-optik team.

Marie-Christine Schindler

21. Oktober 2022  —  12:36 Uhr

Danke Bernhard für deinen kompetenten Einsatz über all die Jahre und deinen angenehmen und freundlichen Umgang. Für die Zukunft wünsche ich dir alles erdenklich Gute.

Vreni Noli-Aisslinger

24. Oktober 2022  —  06:53 Uhr

Lieber Bernhard

das «Urgestein» vom «Höngger» geht in Pension! Wir werden dich vermissen, den wichtigen Mann im Nebenraum des Redaktionsbüros am Meierhofplatz.
Ich wünsche dir alles Gute und viel Freude mit neuen erfüllenden Erlebnissen ohne Zeitdruck und riesiger Verantwortung. Mit vielen andern werde ich mich freuen, dich hin und wieder in Höngg anzutreffen.

Männerchor Höngg

24. Oktober 2022  —  21:20 Uhr

Lieber Bernhard
danke Dir für deine Flexibilität und Bereitschaft immer das beste aus den Männerchor Inseratenvorlage rauszuholen. Mer wünschet Dir viel Freud auf deiner Pensionierungsreise nach Südamerika. Blieb gsund, eric

Themen entdecken