Stadt
Hunde und Rehe – Respekt ist gefragt
Der Höngger Wald ist ein beliebtes Naherholungsgebiet und naturgemäss treffen dort die Interessen von Mensch und Tier aufeinander. Nicht immer verläuft dieses Zusammentreffen für die Tiere erfreulich: ein Sechstel des Rehbestandes im Höngger Wald fällt jährlich wildernden Hunden zum Opfer. Jetzt kommen die Rehkitze zur Welt, eine besonders sensible Zeit im Kreislauf der Natur.
30. April 2009 — Fredy Haffner
Frühling – die milden Temperaturen, das spriessende Grün der Bäume, die frischen Düfte: Was gibt es schöneres als einen Waldspaziergang? Selbstverständlich mit angeleintem Hund – sofern man einen hat. Doch der «Höngger» hat bei verschiedenen Spaziergängen im Höngger Wald festgestellt, dass rund 80 Prozent der Hunde, allen Hinweisschildern zum Trotz, nicht angeleint sind. Die Beobachtung ergab die paradoxe Faustregel: Je kleiner der Hund, desto grösser die Chance, dass er korrekt angeleint ist. Dabei sollten jetzt, während der Setzzeit der Rehe, Hunde im Wald erst recht an der Leine geführt werden, denn die Wildtiere sind störenden Einflüssen vermehrt schutzlos ausgeliefert: Rehgeissen rennen, wenn sie von Hunden aufgescheucht werden, möglichst schnell von ihren Kitzen weg, um Verfolger von diesen abzulenken. Doch die Verlockung, dem geliebten Vierbeiner den freien Auslauf auch im Wald zu gestatten, ist gross, scheinen doch die Orte, an denen dies offiziell erlaubt ist, immer weniger zu werden. Was gemäss Grün Stadt Zürich aber nicht stimmt, bemühe man sich doch, bestehende Freilaufzonen zu erhalten und in Zukunft zusätzliche Freilaufzonen zu schaffen.
Hunden wohlgesinnt
Grün Stadt Zürich, verantwortlich für Natur- und Grünräume auf Stadtgebiet, schreibt im Internet: «Grün Stadt Zürich schätzt den Wert der Hunde als Alltagsbegleiter, als Bezugstiere für Kinder und auch als Gebrauchshunde in ihren verschiedenen Spezialfunktionen hoch ein. Das Halten von Hunden soll auf der ganzen Stadtfläche möglich sein und zusammen mit anderen Nutzungen im gleichen öffentlichen Raum ausgeübt werden können. Voraussetzung dafür sind gegenseitiger Respekt und Toleranz sowie die Einhaltung der Grundregeln und Vorschriften.» Eine dieser Grundregeln ist das Leinengebot im Wildschonrevier Zürich. Es besagt, dass Hunde auf öffentlichem Grund an der Leine zu führen sind, unter anderem in Parkanlagen, in Naturschutzgebieten sowie in Wäldern und an Waldrändern, hier explizit zum Schutze des Wildes. Diese Regeln leiten sich aus den Vorschriften des Kantonalen Gesetzes über das Halten von Hunden ab. Grün Stadt Zürich hat zudem einen Verhaltenskodex für Hundehalter formuliert (siehe Kasten).
Unschöne Bilder
Trotz Kodex und Vorschriften werden im Gebiet Hönggerberg jährlich zirka vier Rehe, oder anders gesagt ein Sechstel des bei regelmässigen Erhebungen gezählten Bestandes, von Hunden gerissen. Zum Vergleich: Dem Strassenverkehr fallen im selben Gebiet pro Jahr fünf Rehe zum Opfer, weitere fünf werden geschossen. Meldungen über verletzte oder tote Tiere bekommt Wildhüter Erwin Nüesch von Spaziergängern oder er findet die gerissenen Tiere bei seinen täglichen Kontrollgängen. «Das sind zumindest die, welche mein Hund und ich schwer verletzt oder tot auffinden», erklärt er. Dabei trifft er auf unschöne Bilder, die er aber nicht in der Zeitung veröffentlicht haben möchte: «Schocker bringen nichts, lieber wäre mir ein Bild von einem korrekt angeleinten Hund.»
Mit fehlbaren Haltern reden
Angesprochen auf die gesetzlichen Grundlagen der Leinenpflicht und den Ermessensspielraum meint Nüesch: «Die Stadt Zürich ist ein Wildschonrevier. Die Hunde müssen im Wald und am Waldrand an der Leine geführt werden. Nicht nur in der Setzzeit der Rehe, sondern das ganze Jahr über.» Trotzdem bestätigt er die gemachten Beobachtungen des «Hönggers» – selber Hundehalter und um gutes Einvernehmen mit diesen bemüht, hält er die Schätzung von 80 Prozent nicht angeleinter Hunde jedoch für zu hoch. Doch auch er begegnet auf seinen täglichen Rundgängen oft fehlbaren Hundehaltern und spricht sie auf die Leinenpflicht an. Die Reaktionen, so sagt er, würden von «verständig» bis «uneinsichtig und aggressiv» reichen.
Kein Ermessensspielraum
Dabei spricht der Gesetzgeber eigentlich Klartext: In der Städtischen Polizeiverordnung, in Kantons- und Bundesgesetzen sind die Regeln definiert. Einen Ermessensspielraum gibt es grundsätzlich nicht, Nüesch drückt aber bei sehr kleinen oder sehr alten Hunden, die dem Wild nicht gefährlich nachstellen können, dann und wann ein Auge zu. Nutzen vernünftige Gespräche nichts, so gelangt der Wildhüter mit einem Verzeigungsantrag an die Stadtpolizei. Interventionen sind insbesondere bei wildernden Hunden angezeigt, denn gemäss Gesetz macht sich strafbar, wer Hunde «unberechtigt, vorsätzlich oder fahrlässig jagen lässt». Der Stadtrat hat den Eigentümer eines wildernden Hundes dahingehend zu verwarnen, dass sein Hund abgeschossen wird, sollte dieser erneut beim Wildern gesichtet werden. Damit es nicht so weit kommt, wird Wildhüter Nüesch auch künftig das Gespräch mit den Hundehaltern suchen, denn nichts würde er weniger tun wollen, als einen Hund abzuschiessen – was bis anhin noch nie nötig war –, schliesslich ist auch er auf seinen treuen vierbeinigen Begleiter angewiesen.
Im Kodex für Hundehalter, 2006 von Grün Stadt Zürich erstellt, sind 15 Verhaltensregeln formuliert. Er ist als PDF herunterladbar unter: www.stadt-zuerich.ch/ Seite des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements/ Grün Stadt Zürich/ Seitenlink «Tiere und Pflanzen»/Seitenlink «Tiere»/Unterverweis «Säugetiere“/Unterverweis «Hunde».
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