Höngger Hausbesitzer auf dem Weg in die Energiezukunft

Die Heizung ist in die Jahre gekommen, neue Energievorschriften stehen vor der Tür und die Idee von einer eigenen Solaranlage ist gezündet. Doch was ist für eine Liegenschaft wirklich sinnvoll? Mit einem Energie-Coach der Stadt Zürich geht ein Höngger Hausbesitzer der Frage nach, wie er seine Liegenschaft für die Energiezukunft fit machen kann.

Die Gasheizung muss bald erneuert werden. Dies war der Auslöser für das Energie-Coaching. Gut sichtbar ist, dass die Kellerdecken nicht gedämmt sind.
Das Dachgeschoss wurde beim Ausbau in den 1970er-Jahren gegen Lärm gedämmt und ist auch energetisch zufriedenstellend. Eine zusätzliche Dämmung wäre nicht wirtschaftlich.
Die Liegenschaft in Höngg: Der ursprüngliche Hausteil mit Giebeldach ist mit einer anderen Liegenschaft zusammengebaut. Der Anbau mit Flachdach wurde in zwei Etappen realisiert.
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Hauspläne liegen ausgebreitet auf dem Esstisch, Ordner mit Energie- und Baukostenabrechnungen in Griffnähe und mittendrin ein bunter Blumenstrauss – das 1000ste Energie-Coaching der Stadt Zürich steht an. Das Eigentümerpaar einer Höngger Liegenschaft hat sich für das Beratungsangebot der Stadt Zürich entschieden, um den Heizungsersatz frühzeitig zu planen. «Unsere Gasheizung hat bald das Ende der Lebenserwartung erreicht», erklärt der Hauseigentümer. «Wir wollten im Winter nicht plötzlich im kalten Wohnzimmer sitzen und zu einer Notlösung gezwungen sein». Am «Open Day» des Energie-Coachings des Umwelt- und Gesundheitsschutzes Zürich habe er zudem eine frisch sanierte Liegenschaft in seiner Nachbarschaft besucht. Beeindruckt von der Solaranlage auf dem Dach wollte er diese Option auch für sein Haus prüfen. Deshalb hat er sich für das vertiefte Beratungsangebot «Energetische Sanierung» entschieden.

Typische Schwachstellen

Der rüstige Rentner hat vor kurzem sein Testament überprüft und dabei sei ihm bewusst geworden, dass mit dem Haus eine «Blackbox» auf seine beiden Söhne warte. «Von den Ergebnissen des Energie-Coachings erhoffen wir uns eine Auslegeordnung über den Zustand der Liegenschaft», sagt der Eigentümer. Und nach dem Ja zur Energiestrategie möchte auch er einen Beitrag zu mehr Effizienz und erneuerbaren Energien leisten. Um die Geheimnisse dieser «Blackbox» zu lüften, lässt sich Energie-Coach Reto Niedermann durch das Haus führen. 1935 erbaut wurde das Gebäude zweimal erweitert, letztmals in den 1970er Jahren durch den Ausbau des Dachgeschosses und einen Anbau mit Flachdach. Im Keller stösst Niedermann, der ein privates Bau- und Energieberatungsbüro führt, auf Heizungs- und Warmwasserleitungen, die nicht isoliert sind. Auch die Kellerdecke ist nicht gedämmt, so dass aus den darüber liegenden Räumen ein Teil der Raumwärme verloren geht. «Dies ist typisch für Gebäude, die vor 1990 gebaut wurden», erklärt der erfahrene Energie-Coach. «Damals waren Wärmedämmungen noch kaum ein Thema.» Dies zeigt sich auch bei der Fassade, die aus einem einfachen Mauerwerk besteht. Beim Giebeldach, das beim Ausbau gegen Lärm isoliert wurde, sieht Niedermann keinen Handlungsbedarf. «Heute könnte man das Dach zwar noch besser gegen Wärmeverluste dämmen», erklärt er. «Doch das wäre kaum wirtschaftlich.» Beim Flachdach und den Terrassen hingegen rät er zu einer Dämmung. Nach bald 40 Jahren haben diese Bauteile demnächst ihre Lebensdauer erreicht und sollten sowieso bald erneuert werden.

Zwei Muss und interessante Optionen

Für den Energie-Coach liegt der Handlungsbedarf auf der Hand: «Mit dem Heizungsersatz sollten unbedingt die Kellerdecken sowie die Heizungs- und Warmwasserleitungen gedämmt werden. Zusammen mit einem Gaskessel der neusten Generation lässt sich der Energieverbrauch mit diesen einfachen Massnahmen um schätzungsweise 15 Prozent reduzieren», erklärt Niedermann. Er sieht aber noch deutlich mehr Potenzial, um den Energiebedarf zu reduzieren und so die Nutzung erneuerbarer Energien zu ermöglichen. Werden zusätzlich das Flachdach und die Terrasse gedämmt und die Fenster ersetzt, würde sich der Umstieg auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe lohnen. «So würde das Gebäude zu zwei Dritteln mit erneuerbarer Umgebungswärme beheizt», erklärt der Energie-Coach. Noch besser wird die Energiebilanz, wenn die Fassade des Anbaus vor Wärmeverlusten geschützt und eine Photovoltaikanlage installiert wird. So könnte das Gebäude übers Jahr gesehen sogar so viel Strom produzieren, wie die Wärmepumpe benötigt. «Gegenüber der Minimalvariante sind die Investitionen trotz Subventionsbeiträgen zwar deutlich höher», räumt der Coach ein. «Doch fallen die jährlichen Energiekosten viel tiefer aus.»

Fundierte Diskussionsgrundlage

Reto Niedermann wird die verschiedenen Varianten durchrechnen und die Energieeinsparung, Investitionen, Fördergelder und Wirtschaftlichkeit abschätzen. Die Resultate wird er an einer gemeinsamen Schlussbesprechung mit der Eigentümerschaft diskutieren. «Ideal wäre, auch unsere Söhne mit am Tisch zu haben», überlegt sich die Eigentümerschaft. So könne das Energie-Coaching gleich zum Anlass genommen werden, die Diskussion über die Zukunft der Liegenschaft anzustossen. 

Energie-Coaching der Stadt Zürich
Rund 25 unabhängige und neutrale Energie-Coachs begleiten in Zürich
Eigentümerschaften und Planungsbüros interdisziplinär bei Sanierung, Umbau und Neubau.
– von der Projektidee bis zum energieeffizienten Haus. Interessierten stehen verschiedene Beratungsangebote für alle Projektphasen zur Verfügung. Die Angebote werden von der Stadt Zürich mit einer Kostenbeteiligung gefördert. Weitere Informationen und Anmeldung: www.stadt-zuerich.ch/energie-coaching oder 044 412 24 24 (Montag bis Freitag, 9 bis 12 Uhr)

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