Höngg hat jetzt auch einen Käseexperten

Weinsommeliers sind eine bekannte Grösse. Aber Käsesommeliers? Davon gibt es bis anhin noch nicht viele in der Schweiz. Mit Enzo Vollenweider hat Höngg nun seinen ersten Käsespezialisten.

Ein Mann mit vielen Hobbys - und einer Leidenschaft für Käse: Enzo Vollenweider. (Foto: D. Schräder)

Ich würde mich selbst als Generalist bezeichnen. Ich habe sehr viele verschiedene Interessen und lasse mich gerne auf die unterschiedlichsten Dinge ein. Das ist eine meiner Stärken, hat aber auch eine negative Seite: Ich weiss oft nicht so genau, worauf ich mich konzentrieren und spezialisieren soll. Als ich noch in der Schule war und mir überlegte, was ich beruflich wohl machen könnte, wurde mir oft gesagt, ich solle doch zum Radio gehen, weil ich gerne rede – oder Entertainer werden. Schliesslich habe ich dann aber eine kaufmännische Ausbildung absolviert und war als Verkaufs- und Marketingleiter bei IBM für Events und Exhibition zuständig. Ich liebe es, Dinge zu organisieren. Spannend finde ich an der Organisation vor allem, zu improvisieren, wenn etwas schiefgeht – und das so gekonnt zu tun, dass es ausser mir niemand merkt.

Käse als Hobby

Mittlerweile bin ich pensioniert, habe aber ein grosses Hobby: Käse. Ich hab nämlich trotz Rente immer noch ein bisschen «Pfupf» und bin stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Events. Deshalb habe ich letztes Jahr die Ausbildung zum Käsesommelier gemacht.
Diese Ausbildung wird von Gastro Suisse angeboten. Und weil ich nebenbei noch vegetarische Kebabs verkaufe und daher als Arbeitnehmer Mitgliedsbeiträge an den Gastroverband zahle, bin ich auf dessen Webseite über das Ausbildungsangebot gestolpert. Letztes Jahr wurden all diese Ausbildungen aufgrund von Corona gratis angeboten, da musste ich einfach zuschlagen. An elf Kurstagen mit jeweils acht Lektionen wurden wir Kursteilnehmer*innen in die Welt des Käses eingeführt. Wir waren in verschiedenen Regionen, wie etwa dem Emmental oder in Gruyère. Dort haben wir unterschiedliche Milchbetriebe, Käsereien und Verarbeitungsbetriebe kennengelernt und natürlich sehr viele Käsesorten probiert. In der Schweiz gibt es über 1000 verschiedene Sorten Käse, wir haben vielleicht 200 davon degustiert.
Der Kurs wurde schliesslich mit einer Abschlussprüfung beendet, die aus einem schriftlichen, einem sensorischen, einem mündlichen und einem praktischen Teil bestand. Ich bin sehr stolz auf mein Diplom, das ich mir durch die Prüfungen verdient habe.

Alter Käse

An der Diplomfeier nach den Abschlussprüfungen zum Käsesommelier haben wir 18-jährigen Alp Sbrinz gegessen, das war ein ziemliches Erlebnis. Niemand, nicht mal unsere Expert*innen, waren sich sicher, ob der Käse nach so langer Zeit überhaupt noch geniessbar ist, aber wir haben den Versuch gewagt. Wir haben zusammengelegt und insgesamt rund 2000 Franken für den ganzen Laib bezahlt. Und was soll ich sagen? Er hat geschmeckt. Das ist schon sehr erstaunlich, dass ein Milchprodukt so lange haltbar gemacht werden kann. Nur die Rinde ist über die Jahre ein wenig gewachsen und dunkler geworden.
Mein Lieblingskäse ist aber der Etivaz, eine gar nicht so bekannte Käsesorte, die ein wenig ähnlich schmeckt wie Gruyère. Das besondere an diesem AOP-Käse ist, dass er nur auf der Alp und erst noch im traditionellen Kupferkessel hergestellt wird.
Was mich neben der Degustation der einzelnen Sorten an der Tätigkeit als Sommelier sehr fasziniert, ist das «Pairing», also die Kombination von Käse mit den dazu passenden ergänzenden Getränken oder Lebensmitteln. Die Geschmacksexplosionen, die man erleben kann, wenn man geschickt kombiniert, sind einfach faszinierend. Dabei ist es auch sehr spannend zu sehen, wie individuell das «Pairing» funktioniert – und sehr viel mit persönlichen Erfahrungen zu tun hat. Geschmack ist doch etwas sehr Persönliches.

Höngg als Eventlocation

Doch ich habe auch noch andere Hobbys in meinem Leben – wenngleich ich diese zuweilen sogar mit meiner Käseausbildung kombiniere. So bin ich seit etwa zwei Jahren Mitglied im Tennisclub und habe letztens im Verein bereits meine erste Käsedegustation absolviert.  Gerne helfe ich auch der Stadtwinzerin jeweils im Herbst bei der Wümmet im Rebberg unterhalb der Kirche. Ich finde es super, sich als Pensionierter Zeit nehmen zu können für die Dinge, die einem Spass machen und einen wirklich interessieren. Und in Höngg wird so viel geboten. Bevor ich hierhergezogen bin, hatte ich den Eindruck, das Quartier sei mehr so ein Schlafquartier. Doch nun weiss ich, dass es voller Leben steckt. Und wer weiss? Vielleicht gibt es ja einen Verein oder eine Gruppe, die Freude daran hätte, die Welt des Schweizer Käses ein wenig besser kennenzulernen? Ich stelle mich gerne zur Verfügung. Aber Vorsicht, es darf auch ein wenig stinken!

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