Vereine
Herbstbesuch bei den Hirschen auf der Waid
Am 28. September lud der Verein Tierpark Waidberg zum traditionellen Herbstumgang um das Hirschgehege ein. Rund 45 Interessierte und Vereinsmitglieder folgten der Einladung und erhielten aktuelle Informationen zum Hirschrudel.
15. Oktober 2019 — Dagmar Schräder
An bester Lage in Wipkingen, unterhalb des Restaurants Waid, mit Aussicht über die ganze Stadt, lebt seit über 40 Jahren ein kleines Rudel von Damwildhirschen. Das Tiergehege, das ursprünglich einmal von der Stadt Zürich geführt wurde, wurde im Jahr 1998 vom «Förderverein Tierpark Waidberg» übernommen, nachdem die Schliessung der Anlage gedroht hatte. Seither sorgt der Verein in ehrenamtlicher Arbeit für das Wohlergehen der Tiere. Einmal jährlich, im Herbst, werden Mitglieder und Gönner*innen des Vereins zu einem Herbstumgang um das Gehege eingeladen.
Aussichtsplattform gewünscht
Zu diesem Anlass begrüsste Vereinspräsident Ernst Tschannen am 28. September seine Gäste beim Parkplatz vor dem Restaurant Waid. 45 Interessierte, vom Kleinkind bis zur Rentnerin, waren gekommen, um sich von Tschannen darüber informieren zu lassen, was in den vergangenen zwölf Jahren in und um das Gehege passiert war. Der Verein, so erklärte Tschannen seinen Zuhörer*innen nicht ohne eine gewisse Bitterkeit, bemühe sich seit geraumer Zeit bei der Stadt Zürich darum, eine Kanzel mit Aussichtsterrasse oberhalb des Geheges bauen zu können. Bei Grün Stadt Zürich stosse man für dieses Anliegen bis anhin leider auf taube Ohren. Daher, so Tschannen weiter, habe der Verein nun eine Meinungssammlung lanciert, in der die Besucher*innen des Wildparks ihren eigenen Standpunkt dazu kundtun können. Ein Plakat, dass Tschannen feierlich enthüllen liess, informiert die Passanten nun über das Vorhaben, ein Briefkasten mit Umfragezetteln geben die Möglichkeit, das Anliegen zu unterstützen.
Ein gesundes Hirschrudel und andere Tiere
Nach Tschannens Begrüssungsworten übernahm Vizepräsident und Tierverantwortlicher Hans Nikles die Führung und begab sich mit der Gruppe zum Eingang des Tieregeheges. Aus nächster Nähe konnten die Gäste nun das Hirschrudel bewundern, das von Nikles mit Äpfeln gefüttert wurde und nur wenig Scheu vor den Menschen zeigte. Ein stattlicher Hirschbock und sechs Hirschkühe gehören zum Rudel, gemeinsam mit ihren fünf Jungtieren. Das Hirschgehege ist jedoch nicht nur Lebensraum für das Damwild, sondern, wie Nikles erklärte, auch für zahlreiche Wildtierarten. Zusammen mit dem Natur- und Vogelschutzverein Höngg bemühe sich der Förderverein daher darum, die Artenvielfalt zu erhalten, erklärte Nikles. Gemeinsam hätten die beiden Vereine, so Nikles weiter, daher in jüngster Vergangenheit Nistkästen für verschiedene Vogelarten sowie Stein- und Asthaufen für Eidechsen und bodenlebende Vögel errichtet.
Der Platzhirsch und die Äbtissin
Nachdem für die Tiere gesorgt und die wichtigsten Informationen vermittelt worden waren, konnte zum gemütlichen Teil des Herbstrundgangs übergegangen werden: dem Mittagessen, dieses Jahr erstmalig im Tessin Grotto, in der Waldlichtung oberhalb der Waid. Weil die Metzgete leider seit diesem Jahr nicht mehr stattfindet, musste eine neue Lokalität für das gemeinsame Essen gefunden werden. Dafür gab es hier nicht nur kulinarischen Genuss, sondern mit dem Vortrag der Gastreferentin Regula Zweifel zusätzlich auch noch etwas geistige Nahrung für die Gäste. Nach einer kurzen Einführung des Vereinsmitgliedes und Historikers Max Furrer referierte Zweifel, Kulturhistorikerin und «Hohe Fraumünsterfrau emerita», über die Geschichte der Fraumünsterabtei und ihren Bezug zu Platzhirschen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Der Hirsch spielte nämlich bei der Gründung des Fraumünsters eine tragende Rolle, wie Zweifel ihren Zuhörer*innen verdeutlichen konnte. Der Legende nach erschien er König Ludwig dem Deutschen und seinen Töchtern jeweils auf ihrem Weg zum Gebet und zeigte ihnen schliesslich eine Stelle an der Limmat, wo der König daraufhin die Fraumünsterabtei gründete. In ihrem Referat folgte Zweifel den Äbtissinnen historisch bis in Mittelalter und erläuterte ihre Rolle innerhalb der Zürcher Gesellschaft. Sie verstand es, ihren Zuhörer*innen interessante historische Fakten und alte Mythen mit einem Schuss Humor zu liefern und darüber hinaus gleich auch noch zur Diskussion der Frage anzuregen, wer in der Gesellschaft denn jeweils der Platzhirsch ist – eine Frage, die bestimmt auch noch über das Mittagessen hinaus für Gesprächsstoff sorgte.
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