Kunst
Grosse Ehre für Luiz Alves da Silva
Der Sänger, Ensembleleiter, Musikwissenschafter – und seit bald fünf Jahren Dirigent des Männerchors Höngg − Luiz Alves da Silva erhielt den diesjährigen Nikolaus-Harnoncourt-Preis des Kantons Zürich.
21. April 2011 — Fredy Haffner
Kennern der Welt der klassischen Musik ist Nikolaus Harnoncourt natürlich ein Begriff. 1929 in Berlin geboren und im österreichischen Graz aufgewachsen, schuf er sich in allen grossen Konzert- und Opernhäusern rund um die Welt einen Namen als bedeutender Musiker und grosser Dirigent. Aus Anlass seines 70. Geburtstages vor elf Jahren beschloss der Zürcher Regierungsrat, den mit 20 000 Franken dotierten «Nikolaus-Harnoncourt-Preis» zu stiften, mit dem seither alle zwei Jahre der Nachwuchs gefördert und eine künstlerische oder wissenschaftliche Arbeit ausgezeichnet wird. Harnoncourt selbst empfiehlt jeweils der Fachstelle Kultur des Kantons Zürich die Preisträger. Seine nun fünfte Wahl fi el auf den Sänger, Ensembleleiter und Musikwissenschafter Luiz Alves da Silva. Die Preisverleihung am Freitag, 8. April, in der ehrwürdigen Aula des Schulhauses Hirschengraben eröffnete da Silva gleich selbst mit «Kue reien», einem Lied von 1730 aus dem Appenzellischen. Seine Stimme schwebte klar über den geladenen Gästen im imposanten Raum der, etwas salopp ausgedrückt, mit seinen opulenten Schnitzereien an einen umgekehrten Schiffsladeraum aus Christoph Kolumbus’ Zeiten erinnerte. Er war vollgestopft mit Fabelwesen, Fresken, Gemüse und Antlitzen von Menschen aller Kontinente. Regierungsrat Markus Notter, Noch-Vorsteher der Direktion der Justiz und des Innern, liess sich in seinem Grusswort die Gelegenheit nicht entgehen, um einige Spitzen gegen die anhaltenden Ausländerdebatten zu platzieren: «Luiz Alves da Silva ist nicht nur nicht kriminell, nein, er ist auch bestens integriert und beweist sogar einen Hang zum Appenzellischen, wie wir eben gehört haben.» Er freue sich deshalb besonders, etwas zurückgeben zu können für die Bereicherung, die da Silva mit seinem Talent, seinen Fähigkeiten und seinem Engagement als Co-Leiter des Ensembles Turicum, das sich der historischen Aufführungspraxis alter Musik widmet, für Zürich ist. «Luiz Alves da Silva bereichert das musikalische Leben Zürichs seit 20 Jahren massgeblich», meinte der Regierungsrat.
Würdigung vom Meister
Nikolaus Harnoncourt seinerseits würdigte in seiner Laudatio nebst da Silvas Tätigkeit als Musiker und Initiator kultureller Projekte speziell auch dessen Engagement als Förderer der musikalischen Ausbildung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher in Brasilien. 1964 dort geboren, ist da Silva heute brasilianischschweizerischer Doppelbürger. Viele seiner Projekte sind gezeichnet vom Bemühen um einen kulturellen Austausch zwischen seinen beiden Heimatländern. Wer seinen Blick während den zahlreichen musikalischen Darbietungen, welche das Rahmenprogramm der Preisverleihung bildeten, zur zuvor beschriebenen Decke der Aula schweifen liess, mochte darin leicht eine Metapher für diesen befruchtenden Austausch erkennen, für den Weg, den die Musik zwischen dem alten Kontinent und Brasilien hin und her gegangen ist – und mit ihr Luiz Alves da Silva. Da Silva bezeichnete in seiner berührenden Dankesrede mit den Worten «der Name des Preises verpflichtet» den Nikolaus-Harnoncourt-Preis denn auch als Ehre und grossen Ansporn. Und er werde mit dem Preisgeld drei jungen brasilianischen Musiktalenten einen Aufenthalt in der Schweiz ermöglichen. «Ach ja», liess er spitzbübisch schmunzelnd einfliessen, «wir suchen nur noch Unterkünfte für sie für die Monate August und September». Das ist wohl typisch für den sympathischen Preisträger: Selbst für einmal im Mittelpunkt stehend, vergisst er nicht, an andere zu denken. Für die zwei Zwillingsbrüder und ein Mädchen, alle 18 Jahre alt – werden, gratis oder sehr günstig, zwei Zimmer gesucht und er ruft die Anwesenden zur Mithilfe auf.
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