Glitzerglimmerfunkelkitsch

Nun haben wir wieder die Bescherung. Irgendwann gegen Ende November begann sie. Als erstes entdeckte ich einen an ADS leidenden Weihnachtsstern im Fenster meines Nachbarn. Jeder seiner zehn Farben vermochte er eine Aufmerksamkeitsspanne von einer Zehntelsekunde zu widmen, bevor er zur nächsten wechselte. Keine Ahnung, wie der Typ hinter dem Fenster das aushält. Wahrscheinlich ist er bis Neujahr in Thailand, wo er das fürchterliche Ding bestimmt her hat. Tags darauf folgte dem neurotischen Stern eine Gruppe illuminierter Rentiere in einem nahen Garten. Standen einfach da und leuchteten doof vor sich hin über die nahen Gartenzwerge weg. Und hoppela, da erdrückte doch tatsächlich schon die erste Leuchterkette eine Balkonpflanze.
Dann, Anfang Dezember, explodierte die zeitschaltuhrgetimte Lichtverschmutzung vollends: Plastik-Nikolause mit verschluckten LED-Lampen in ihren fetten Bäuchen stürmten Vorgärten, Hausfassaden und Dachkamine und Nachbars Rentiere vermehrten sich wie die Karnickel und schwärmten über das ganze Dorf aus, selbst grosse, leuchtschlangenumwickelte Schlitten zogen sie hinter sich her. Der Stern von Bethlehem ging als Meteroitenschauer zwischen den Häuserschluchten nieder, dass es selbst den Perseiden unheimlich wurde, und ein Rudel Leuchtschlangen machte sich über die letzte Tujahecke her, um sie zu erwürgen. Irgendwo hatte ein Komiker sogar einen Schwarm 1.-August-Lampions aufgehängt.
So erleuchtet gehen wir nun bis irgendwann in den Januar hinein, bis dann endlich, weihnachtlich still und leise, die Stecker gezogen werden und der ganze leuchtende Klimbim wieder für elf Monate im Estrichabteil verschwindet.
Leider stolpern bei dieser Gelegenheit nicht wenige dieser die Dunkelheit mit kitschigem Licht verschmutzenden Zeitgenossen über die dort eingelagerten Windspiele, die so furchtbar lustig klimpern. Aber das Thema halte ich mir für einen Sommermonat warm.

Mit abgedunkelten Grüssen
Frank Frei

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