Geschichten lauschen bei He-Optik

Vergangenen Donnerstag lud He-Optik zu einem Abend voller mystischen, humorvollen und sogar ein wenig prickelnder Geschichten ein, vorgetragen von Sybille Baumann.

Sibylle Baumanns Erzählungen entführen die Zuhörer*innen in ferne Welten und Zeiten.
Sibylle Baumanns Erzählungen entführen die Zuhörer*innen in ferne Welten und Zeiten.
Ein feiner Apéro Riche stand für die Gäste des Abends bereit.
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«Uralte Geschichten, älter als das Internet und Facebook, ja sogar älter als die ältesten Bücher, reisen durch Raum und Zeit und an diesem Abend sogar bis nach Höngg». Mit diesen Worten begrüsste die Erzählerin Sybille Baumman die geladenen Gäste in den Räumlichkeiten im Innenhof von He-Optik. Geschichten eröffnen neue Welten und Sichtweisen, die man – passend zur Gastgeberin He-Optik – mit oder ohne Brille entwickeln könne. Die Stimme und Mimik der professionellen Erzählerin und ihre bildhaften Beschreibungen nahmen die Zuhörer*innen dann auch umgehend mit auf eine Reise, nach Afrika zu einem Affen, der «Trouble» suchte und zur Einsicht gelangte, dass der Ärger der anderen immer etwas süsser ist, als der eigene. Wenig später führte eine Erzählung zum Anfang der Zeit, als die Gottheit die Menschen erschuf, und deckte auf, wo der Irrglaube, dass Männer immer den ersten Schritt machen, seinen Ursprung hat.

Überlieferte Erzählungen – ein alter Brauch

Die mündliche Überlieferung von Mythen, Sagen, Fabeln und Märchen ist so alt wie die gesprochene Sprache selbst. Sogenannte «Storyteller» lesen ihre Geschichten nicht vor, sondern tragen sie frei und immer in leicht abgeänderter Version vor. Die Sätze sind bildhaft und einfach, so dass das Kopfkino unmittelbar angeht, wenn die ersten Worte gesprochen sind. Schön, dass Tiziana Werlen – ausgewiesene Leseratte – ihren Mann Robert – nicht so die Leseratte – davon überzeugen konnte, Sibylle Baummann noch einmal nach Höngg einzuladen. Es war nach dem Adentszauber bereits ihr zweiter Besuch im Quartier. Sie hat übrigens auch Erwachsenengeschichten im Repertoire, von denen sie einige nach dem grosszügigen Apéro riche ebenfalls zum Besten gab. Eine kleine Kostprobe – obwohl natürlich nie so gut, wie die vorgetragene Version – soll den Leser*innen zum Schluss doch noch erzählt sein. Sie ist aber nur sinngemäss, weil aus dem Englischen und der Erinnerung.
In einer Höhle in einem fernen Land lebten Vampirfledermäuse. Wie der Name andeutet, ernährten sie sich von Blut, sie liebten es über alles. Eines Tages bekamen sie Besuch von einer schottischen Vampirfledermaus. Diese war total erschöpft und hängte sich an den Felsen, um zu schlafen. Die anderen Fledermäuse bemerkten, dass sie über und über mit Blut bekleckert war. Sie fragten sie aufgeregt, wo sie so viel davon gefunden habe. Erst wollte das Tierchen nicht mit der Sprache herausrücken, aber die anderen Fledermäuse, schon fast im Blutrausch, bearbeiteten sie so lange, bis sie schliesslich sagte: «Also gut, ich zeige es euch». So flogen sie in die Nacht, sie flogen und flogen. Irgendwann erschien am Horizont ein hoher Turm. «Seht ihr den Turm da?», fragte die blutüberströmte Fledermaus. «Ja, ja!» riefen die anderen aufgeregt. Sie flogen schnell, weiter dem Turm entgegen. Als sie schon recht nahe waren, fragte die Fledermaus noch einmal: «Und jetzt, seht Ihr den Turm noch?» «Ja, ja, natürlich», schrien die anderen ungeduldig. «Tja, und ich habe ihn eben nicht gesehen».

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