Geburtstagsfeier auf dem Hönggerberg

Zum Bundesfeiertag am 1. August lud der Quartierverein Höngg auch dieses Jahr zur traditionellen Feier auf den Hönggerberg ein. Bis zum Lampionumzug spielte auch das Wetter mit.

Festredner Walter Zweifel preist in seiner Rede die Vorzüge Hönggs als lebendiges Dorf mitten in der Stadt (Foto: Ilias Islam)

Vertraute Klänge schallten an diesem Abend vom Turnplatz des TV Hönggs, Hits aus vergangenen Tagen. Ein Hauch von Bratwurst lag in der Luft, die Festwirtschaft des Turnvereins lief auf Hochtouren. Rund 650 Besucher*innen hatten es sich auf den Festbänken rund um das Turnerhaus gemütlich gemacht, um gemeinsam den Geburtstag der Schweiz zu feiern. Auch die Hitze war an diesem 1. Augusttag nicht ganz so stark wie die Wochen zuvor, gut liess es sich draussen aushalten.

Ein lebendiges Dorf in der Stadt

Um 20.30 Uhr eröffnete Alexander Jäger, Präsident des Quartiervereins, mit seiner Begrüssungsrede den offiziellen Teil der Feierlichkeiten. Er bedankte sich zunächst bei den Freiwilligen vom Verschönerungs- und Turnverein für die bewährte Zusammenarbeit und übergab dann das Wort an Festredner Walter Zweifel, Höngger, Winzer und Zunftmeister der Zunft Höngg. Dieser blickte in seinen Worten zunächst auf die Geschichte Hönggs und seiner Institutionen zurück und betonte den besonderen Charakter dieses lebendigen Rebbauerndorfs in der Stadt, im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne.  «Wenn Höngg nur den Traditionen verpflichtet und nicht gleichzeitig auch offen für Neues wäre», so erklärte er, «dann wären wir auch heute noch ein grosses Rebbauerndorf». Aus seiner Sicht als Weinproduzent wäre dieser Umstand zwar durchaus zu begrüssen, schmunzelte er, doch de facto seien von den ursprünglich 138 Hektaren Reben im Quartier heute nur noch deren acht übrig. Dafür habe viel Neues und Progressives in Höngg Einzug gehalten – angefangen bei der Gründung der Spinnerei Strickler im Zeitalter der Industrialisierung über den Bau des Höngger Trams 1898 und die Anbindung an die Stadt bis hin zur Gründung der ETH Hönggerberg als internationale Innovationsschmiede. Die Balance zu halten zwischen Traditionen und Innovationen, das sei eine der grossen Herausforderungen der heutigen Zeit, so Zweifel weiter.

Mehr Autonomie fürs Quartier gefordert

Das sei auch eine der Grundlagen der Eidgenossenschaft mit ihrem föderalistischen Charakter, die stets darum bemüht sei, auch die kleineren Akteure mit ihren unterschiedlichen Interessen und Herkünften wahrzunehmen und alle politischen Strömungen in die Entscheidungsfindung zu integrieren. Allerdings habe der Föderalismus auch seine Grenzen. Das habe sich etwa während der Pandemie gezeigt, als jeder Kanton seine eigenen Covidgesetze erlassen habe.
Eine weitere Grundlage der Eidgenossenschaft sei das Prinzip der Subsidiarität. «Mitbestimmung ist die DNA der Schweiz. Wir trauen uns und unseren Mitbürger*innen zu, selbst zu entscheiden», so Zweifel. Doch die Stadt Zürich, so Zweifel, sei zentralistisch organisiert. Der Kreis10 habe etwa keine demokratische Möglichkeit, auf Entscheidungen Einfluss zu nehmen, die ihn direkt beträfen, obwohl er doch im Hinblick auf seine Bevölkerungszahlen grösser sei als etwa der Kanton Appenzell Innerrhoden. Dabei könnten auf Quartierebene seiner Meinung nach oftmals sinnvollere Lösungen für lokale Probleme gefunden werden. Man sehe dies etwa am Streit über den Parkplatzabbau, der zu der rekordhohen Anzahl von 350 Rekursen bei der Stadt geführt habe. «Ich bin persönlich davon überzeugt, dass mit einem institutionalisierten Mitbestimmungsrecht von Quartier- oder Kreisvertreter*innen bessere, kreativere und auf lokale Bedürfnisse abgestimmte Lösungen gefunden werden könnten. Ein bisschen mehr Föderalismus und eine gewisse Quartierautonomie würden unserer Stadt, dem Kreis 10 und Höngg guttun», so Zweifel.
Mit einem Gedicht und einem Schluck Wein aus dem grossen Zunftmeisterbecher schloss Zweifel seine Rede ab und übergab das Kommando wieder an Melanie Serschön, welche mit ihrem Keyboard die musikalische Untermalung des Abends bestritt. Zeit für die Nationalhymne, die sie nun gemeinsam mit dem Publikum anstimmte.

Kein Feuer und ein verregnetes Feuerwerk

Mehr als der Gesang interessierte die anwesenden Kinder allerdings der darauffolgende Lampionumzug. Dieser musste aufgrund der anhaltenden Trockenheit zwar etwas abgespeckt werden und führte statt durch den Wald nur dem Kappenbühlweg entlang, doch das spielte für die Teilnehmenden keine Rolle. Hauptsache, die Laternen und Lampions kamen zur Geltung.
Leider fiel auch das traditionelle Höhenfeuer, das normalerweise den krönenden Abschluss der Augustfeierlichkeiten darstellt, den extremen Wetterbedingungen der vorangegangenen Wochen zum Opfer zu gross wäre die Waldbrandgefahr durch Funkenschlag gewesen.
Und wie um dieses Feuerverbot noch zu unterstreichen, zeigte der Himmel nun plötzlich kein Erbarmen mehr und öffnete seine Schleusen. Ein Platzregen ergoss sich über dem Festgelände und führte zu einem jähen Ende so mancher privater Feuerwerksaktivität. «Rette sich, wer kann», war die Devise – und wer nicht gerade in der Nähe eines Dachs war, flüchtete unter den nächsten Baum. Eine willkommene Abkühlung für die Flora – und auch die Tierwelt war wahrscheinlich über die Pause, die die Raketen und Vulkane nun einlegten, nicht unglücklich. Der Stimmung aber tat der Regen keinen Abbruch – beim Turnerhaus wurde weiter gefeiert, getanzt und gelacht. Geburtstag ist schliesslich nicht alle Tage.

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