«Freier Kindergarten» im Bauernhaus

Ein unkonventioneller Kindergarten ist seit 44 Jahren ein Erfolg: Der «Freie Kindergarten Hönggerberg» lässt Kindern Platz zur Entfaltung und motiviert sie, selbst aktiv zu werden.

In der Znünipause sitzen alle zusammen und machen eine kleine Pause vom Herumtoben oder Basteln.
Kinder beim Abwaschen: Im «Freien Kindergarten Hönggerberg» helfen die Kinder auch in der Küche mit – wenn sie Lust dazu haben.
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Ein Kindergarten in einem alten Bauernhaus? Ja, das ist möglich. Der Verein «Freier Kindergarten Hönggerberg» betreibt einen solchen. Seit 1968 ist der «Freie Chindsgi», wie er im Alltag genannt wird, beliebt bei Generationen von Kindern und Eltern. Das grosse Bauernhaus mit viel Umschwung, im Besitz der Stadt, hat in den vergangenen 44 Jahren viel erlebt, Zentrales ist aber gleich geblieben. In der Stadt gibt es insgesamt nur zwei freie Kindergärten: den oben genannten sowie den «Chindsgi Rote Fabrik». Daniel Schibli, welcher seit 15 Jahren im «Freien Kindergarten Höngg» arbeitet, erklärt, dass die Kinder ihr Umfeld selbst mitgestalten können und sollen. «Das fängt damit an, dass sie selber entscheiden, ob sie zum Beispiel basteln oder lieber draussen herumtoben wollen.» Als diplomierter Turn- und Sportlehrer hat er es ermöglicht, dass aus der alten Bauernhof-Scheune eine Turnhalle entstand: Matten und Barren stehen dort, Seile hängen von der Decke, Ringe baumeln vor sich hin. «Die Turnhalle ist sehr beliebt aber nur unter Aufsicht geöffnet, damit wir jederzeit einen Überblick über das Geschehen haben», sagt Daniel Schibli. Der Kindergarten bietet eine Ganztagesbetreuung an. Montag bis Donnerstag ist er von 8 bis 17 Uhr geöffnet, 16 Mädchen und Buben gehen auf dem Hönggerberg in den «Chindsgi». Zwei Betreuende sind für die Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren da, unterstützt werden sie jeden Tag von einem Elternteil, denn die Eltern der Kinder sind verpflichtet mitzuhelfen. So kocht jeweils eine Mutter oder ein Vater für die Kinder und ist zusätzlich Ansprechperson für die Mädchen und Buben. Christopher Latkoczy, Vater eines Sohnes, der den Kindergarten besucht, schätzt den einen Tag, den er alle eineinhalb Monate bei den Kindern verbringt: «Ich sehe, wie sich mein fünfjähriger Sohn hier zurechtfindet, die anderen Kinder lernen mich kennen und haben so viele weitere Bezugspersonen, da ja alle Eltern mithelfen.» Den Einkauf für das Essen macht jeweils der Elternteil, der zum Kochen eingeteilt ist. «Zum Znüni gab es Hüttenkäse und Brot sowie Früchte. Zum Mittag essen koche ich einen Risotto», so der Österreicher. Er schätzt es, dass die Kinder durch die rund 30 Eltern ganz verschiedene Geschmäcker kennenlernen. «Ich frage die Kinder jeweils, ob sie mir etwas helfen wollen, und meist habe ich Helfer in der Küche, die Gemüse rüsten, den Tisch decken oder abwaschen.» Wer sich nicht in der Küche tummeln will, werkelt im Garten etwas oder bastelt mit Betreuerin Judith Schneider. «Am Mittwoch gehen wir immer in den Wald, ansonsten können die Kinder malen, sich verkleiden, Theater spielen oder nach dem Mittagessen auch einfach einmal ‹mättele›, sprich sich auf ausgelegten Matten ausruhen. Unser Kindergarten ist für Kinder eine richtige Oase», so die Fachfrau.

Neue Wege zur Mittelbeschaffung

Da die Finanzen des von der Stadt Zürich subventionierten Kindergartens immer knapp sind, hat der Vorstand des Vereins beschlossen, neue Wege zur Mittelbeschaffung einzuschlagen. Diverse Vorschläge wurden eingereicht, einige davon verwirklicht. So wurden Objekte von den Kindern hergestellt, fotografiert und die Sujets als Postkarten verkauft. Im Sommer soll ein Sponsorenlauf stattfinden, bei dem die «Kindergärtler» mittels Sackhüpfen gegen die Ebbe in der Vereinskasse aktiv werden. Am 14. April findet zudem die erste Kinderkleiderbörse statt, an welcher Kleider, Spielsachen und Sportgeräte verkauft werden. Wer noch brauchbare Sachen zu Hause hat, kann diese dem Kindergarten vorbeibringen und ihn so unterstützen.

Weitere Informationen www.chindsgi-hoenggerberg.ch