Findlingsgarten 2.0

Wenn Millionen Jahre alte Steine im Findlingsgarten Kappenbühl auf dem Hönggerberg mit einem QR-Code versehen werden, ist der Verschönerungsverein Höngg definitiv im 21. Jahrhundert angekommen.

1/10

Die klirrend kalte Luft trägt die Klänge des Jazz Circles an diesem Herbstmorgen über die Wiese bis zum Rand des Hönggerwaldes. Just den 10.10., um 10 Uhr 10 hat sich der Verschönerungsverein Höngg (VVH) ausgesucht, um die neue Informationstafel ihre Findlingsgartens Kappenbühl einzuweihen. Doch nicht nur die Tafel ist neu: Das Bänkliteam hat unter der Leitung von Vorsteher Hansruedi Frehner die neun Findlinge mit QR-Codes ausgestattet. Wer sie scannt, erhält umgehend wissenswerte Informationen wie Namen, Alter und Herkunft der Steine auf das Mobiltelefon gespielt. Auf diese Weise möchte der VVH auch jüngeren Interessierten das geologische Wissen näherbringen.

Blick in die Vergangenheit, Blick in die Zukunft

Präsident Ruedi Zweifel begrüsste die rund 60 erschienenen Gäste pünktlich mit einem Glas Weisswein in der Hand und sinnierte darüber, wie die Findlinge wohl hier auf den Hönggerberg gelangt waren. Bevor er das Wort dem Geologen Peter Haldimann von der Jäckli Geologie AG, welche die Vorarbeiten für die neue Tafel geleistet hatten, übergab, erwähnte er einen möglichen Zuwachs, der den Findlingsgarten vielleicht irgendwann bereichern könnte: Bei der ETH Hönggerberg läge ein sogenannter «Chindlistein», ein Findling, der den Forschungsgeist des VVH wecke und den Verein in Zukunft bestimmt beschäftigen werde, so Zweifel. Dieser Findlingsgarten sei ein besonderer Ort, begann der Geologe Haldimann seine Ansprache. Beim Hügel, auf dem die Findlinge zusammengetragen worden seien, handle es sich um eine Moräne, gebildet vor 22000 Jahren, als die letzte Eiszeit zu Ende ging. Damals trafen sich der Limmattalgletscher und der Furttalgletscher etwa dort, wo heute der «Fressbalken» in Würenlos steht. Als es wärmer wurde, begangen sie zu schmelzen und der Limmattalgletscher bildete auf seinem Rückzug eben diese Seitenmoräne, die vom Zürichberg dem Waidberg entlang wunderschön geformt bis nach Engstringen reicht. Auf der anderen Seite des Hönggerbergs lag die Furttalmoräne. Zwischen den beiden Moränen, in der Ebene, in der der Turnplatz und die Felder liegen, befand sich ein See aus Schmelzwasser. Als dieser auslief, höhlte das runterstürzende Wasser das Tobel aus und schaffte so den Holderbach. Nachdem die Gletscher geschmolzen waren, fand man überall sogenannte «Erratiker», Steine, die aus dem Einzugsgebiet des Linth-Gletschers stammen und aus den Alpen und Voralpen bis hierher gelangt waren. Meist kamen sie in Baugruben oder auf den Ackern des Hönggerbergs zum Vorschein.

Eine zöiftige Idee

So auch in Höngg. 1962 hatte der Landwirt Jaques Heusser III den ersten Findling in einer Baugrube entdeckt und dem VVH übergeben, erzählte Hansruedi Frehner anschliessend in seiner kurzen Ansprache. Die Idee, einen Findlingsgarten anzulegen, stammte scheinbar aus Zunftkreisen. Am 2. September 1994 konnte der damalige Zunftmeister Fritz Meier diesen Ort offiziell einweihen. Und auch die Einweihung der neuen Informationstafel liessen sich der Alt-Zunftmeister und andere Zünfter nicht entgehen. Bei spendierter Suppe und Wurst wärmten sich die Gäste vor dem Turnerhaus wieder auf. Kein schlechter Start in den Sonntagmorgen.

0 Kommentare


Themen entdecken