Eine Zeitkapsel für die Nachwelt

Bei der Grundsteinlegung des Ersatzneubaus der privaten Stiftung Am Wasser wurden Erinnerungswerte für die Nachwelt geschaffen. Auch Stadtrat André Odermatt war mit von der Partie.

Stiftungspräsident Felix Spielmann und Stadtrat André Odermatt versenken die Zeitkapsel im Boden. (Foto: Hans Peter Gilg)

Ziemlich genau vor 50 Jahren, am 22. September 1972, gab es für die Stiftung «Am Wasser» Grund zu feiern: An diesem Tag nämlich wurde an der gleichnamigen Strasse der Grundstein zum ersten von der Stiftung erbauten Mehrfamilienhaus gelegt. Getreu dem erklärten Stiftungsziel «Gemeinnützig und altersgerecht bauen», wurden in der Folge in dem Gebäude direkt an der Limmat 18 Eineinhalb-, sechs Zwei- eine Zweieinhalb- sowie eine Viereinhalbzimmerwohnung erbaut, welche nach einer Bauzeit von rund 24 Monaten Mitte 1973 bezogen werden konnten. Vor 15 und 12 Jahren folgte der Bau zweier weiterer Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft des ersten, so dass die Stiftung mittlerweile über 43 Wohnungen, vorwiegend für Betagte und Behinderte, verfügt.
Doch ein halbes Jahrhundert ist eine lange Zeit, die auch an einem Gebäude nicht spurlos vorübergeht. Im vergangenen Jahr musste das «Mutterhaus» daher abgerissen werden und wird nun durch einen Ersatzneubau ersetzt.

Der Nachwelt etwas mitgeben

Deshalb hatte die Stiftung nun exakt 50 Jahre nach ihrer Gründung die Gelegenheit, den Bau des neuen Gebäudes mit einem ähnlich feierlichen Akt zu begehen wie damals zu Beginn der 70er-Jahre.
Zum Festakt am 31. Mai konnte Felix Spielmann, der Präsident der Stiftung, nicht nur Vertreter*innen der Stiftung, der beteiligten Baufirmen, Mitglieder des Stiftungsrats und der Bauherrschaft sowie die Architektin und Nachbarschaften begrüssen, sondern auch Stadtrat André Odermatt. In seinen begrüssenden Worten erinnerte Spielmann an die Anfangszeiten der Stiftung, welche 1972 von Gipsermeister Hans Vollenweider gegründet worden war. Dieser hatte der Stiftung das Grundstück am Wasser sowie ein Startkapital zur Verfügung gestellt, was den Bau der heute drei Mehrfamilienhäuser ermöglichte. Und bereits damals wurde eine Tradition gestartet, welche nun fortgesetzt werden solle, wie Spielmann erklärte: Bei der Grundsteinlegung wurde eine Zeitkapsel in die Erde eingelassen, in der Erinnerungsstücke aus der damaligen Zeit für die Nachwelt festgehalten wurden. Leider, so Spielmann, sei beim Abriss des Gebäudes diese Zeitkapsel nicht zum Vorschein gekommen. Doch das könne sich in Zukunft ja ändern. Deshalb sei auch für die jetzige Grundsteinlegung eine derartige, wasser- und witterungsgeschützte Box vorbereitet, in der wichtige Informationen für die Nachwelt enthalten sein sollten. «Wir haben neben der Stiftungsurkunde die aktuelle Ausgabe der «Höngger Zeitung» vorbereitet», erklärte Spielmann mit einem Schmunzeln. Ausserdem habe er sich erlaubt, den symbolischen Betrag von 97 Franken Bargeld, entsprechend der Hausnummer des Gebäudes, beizulegen.

Mehr Wohnraum für Ältere ist erklärtes Ziel der Stadt

Odermatt, Vorsteher des Hochbaudepartementes, betonte in seiner an die Begrüssung anschliessenden Ansprache, dass die Ziele der Stiftung, bezahlbaren Wohnraum für die ältere Generation zu schaffen, auch den Zielen der Stadt entsprächen. Die Gesellschaft habe sich in den vergangenen 50 Jahren deutlich gewandelt, nicht nur hinsichtlich der demographischen Entwicklung und Zusammensetzung, sondern auch in Hinblick auf die Bedürfnisse. Die Wohnbedürfnisse der älteren Menschen hätten sich deutlich verändert. Die Generation der «Babyboomer» etwa, zu der auch er selbst gehöre und welche nun in den kommenden Jahren ins Pensionsalter komme, sei sehr auf Selbstständigkeit bedacht, erklärte Odermatt. Der Umzug ins Altersheim sei für viele keine Option mehr, eigenständig leben bis zum Schluss sei viel mehr die Devise. Der Bedarf nach Alterswohnungen steige daher zunehmend. Die Stadt habe ja bekanntermassen jüngst die Wartelisten für derartige Wohnungen abgeschafft – zu ihrer Altersstrategie gehöre nun prioritär auch das Ziel, in den nächsten Jahren tausende neue altersgerechte Wohnungen zu erstellen.

Ein weiter Weg bis zum Neubau

Architektin Dalila Chebbi vom Architekturbüro Chebbi|Thomet|Bucher Architektinnen AG erläuterte den langen Weg von den ersten Umbauplänen bis zur Erstellung des Neubaus. Ursprünglich, so Chebbi, sei von der Stiftung eine Studie zum Umbau in Auftrag gegeben worden. Während der Planungsphase habe sich jedoch eine Sanierung als bedeutend aufwendiger und kostenintensiver und vom planerischen Vorgehen her weniger sinnvoll als ein Neubau erwiesen, so Chebbi, sodass der Abriss des Hauses beschlossen wurde. Nun ist das Fundament gelegt, die Bauarbeiten haben begonnen und werden voraussichtlich im kommenden Jahr fertiggestellt werden. Dann soll das Gebäude wieder 28 alters- und einige behindertengerechte, aber erschwingliche Wohnungen beherbergen.

Zeitkapsel einbetoniert

Und dann ging es schliesslich zum eigentlichen Akt der Grundsteinlegung. Gemeinsam deponierten Spielmann und Odermatt die Erinnerungsstücke in einer eigens für diesen Zweck erstellten Kupferbox, welche anschliessend fachmännisch fein säuberlich verschweisst und im Fundament eingelassen wurde. Mit vereinten Kräften schaufelten Spielmann, Odermatt und Chebbi sowie der Gesamtstiftungsrat die Grube zu, der Betonmischer lieferte gleich darauf frischen Beton – die Grundsteinlegung war damit zementiert. Beim nächsten Umbau – in 50 Jahren vielleicht – wird sich die Nachwelt davon überzeugen können, was heute im Quartier so aktuell war.

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