Höngger Fauna
Eine Lanze für Wanzen brechen
Kaum scheint die Sonne, kann man jetzt wieder ganze Armeen rot-schwarzer Minipanzer beobachten, die sich am Fusse von Bäumen versammeln. Kommt man ihnen zu nahe, greifen sie nicht etwa an, sondern flüchten in alle Richtungen.
10. März 2020 — Marianne Haffner
Feuerwanzen steuern sowohl ihre Versammlung wie auch deren Auflösung durch Duftstoffe, Pheromone. So wird etwa die Botschaft «hier können wir uns sonnen und fressen» ausgesandt. Bei Gefahr lösen Alarmdüfte das grosse Flüchten aus. Feinde haben sie allerdings kaum, denn die meisten Vögel schrecken vor ihrer rot-schwarzen Warntracht zurück. Von dieser soll auch ihr Name herrühren, was mir nicht einleuchtet, ausser dass mein «Chaschperli-Tüüfel» ähnlich gefärbt war und der soll ja der feurigen Hölle entsprungen sein. Wie dem auch sei, Feuerwanzen werden auch Feuerkäfer, in Englisch «firebugs», genannt. Dabei sind sie gar keine Käfer, sondern gehören zusammen mit Pflanzenläusen und Zikaden zu den Schnabelkerfen. Die Feuerwanzen-Familie umfasst weltweit rund 340 Arten, in der Schweiz gibt es zwei, wobei die typisch rot-schwarz gefärbte Pyrrhocoris apterus sehr häufig vorkommt und Gruppen bildet. Nähert man sich einer solchen vorsichtig, sieht man jetzt schon die ersten Paarungen: zwei am Hinterleib miteinander verhakte Wanzen, die sich wie ein «Stoss-mich-zieh-mich» mal in die eine oder andere Richtung fortbewegen. Will man sie fotografieren, muss man sich gar nicht beeilen, denn die meisten Paarungen dauern Stunden bis Tage. Und dies nicht etwa wegen eines besonders komplizierten Liebesspiels, sondern weil die Männchen so verhindern, dass sich Rivalen mit ihrer Auserwählten paaren. Diese legt kurz danach rund 70 Eier in den Boden oder unter Laub ab. Daraus schlüpfen Larven, die sich fünfmal häuten. Sie ähneln den Erwachsenen, sind aber kleiner und einfacher gemustert und deshalb gut zu erkennen in den Versammlungen. Ja, und eben diese Massen beängstigen manche von uns. Dabei sind Feuerwanzen absolut harmlos. Sie lieben heruntergefallene Samen von Linden, Robinien und Malven wie dem Eibisch (Hibiskus). Diese saugen sie mit ihren stechend-saugenden Mundwerkzeugen und ihrer Mundhöhlenpumpe aus. Ab und zu stehen auch lebende oder tote Insekten oder Insekteneier auf ihrem Speisezettel. Selbst wenn sich Feuerwanzen in einen Wohnraum verirren, braucht man nicht in Panik zu geraten. Hier finden sie weder Nahrung noch Flüssigkeit und sterben schnell. Besser man fängt sie – nicht mit blossen Händen, denn ihr Warngeruch riecht nicht gerade angenehm – und entlässt sie in die Freiheit, wo sie sich wieder zu ihrer Armee rot-schwarzer Minipanzer gesellen können.
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