Eine Begegnung mit Niklaus von Flüe im 21. Jahrhundert

Im Gedenkjahr «Mehr Ranft – 600 Jahre Niklaus von Flüe» produziert das kirchliche Hilfswerk Fastenopfer ein Theaterspiel, welches die längst verstorbene Persönlichkeit mit aktuell brennenden Fragen verbindet.

Die Schauspieler diskutieren über die Gestaltung des Stücks.
Meret (Monica Gasser Weickart) bespricht mit Beat (Joseph Blättler) und Jan (Elmar Büeler) das Radbild.
Jan äussert seine Unzufriedenheit mit dem Theaterstück.
Die Schauspieler streiten über die Ungerechtigkeiten in der Welt.
Josef Blättler (Beat), Monica Gasser Weickart (Meret) und Elmar Büeler (Jan) (v.l.n.r.).
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Samstagabend, 18. März, ein neugieriges Publikum hat sich in der katholischen Kirche Heilig Geist versammelt. Auf dem Altar, wo normalerweise der Pfarrer seine Predigt hält, steht eine hölzerne Klause, welche mit dem berühmten Radbild geschmückt ist. Die ersten Klänge des Theaterstücks «Der Eremit – eine Begegnung mit Niklaus von Flüe» versetzen das Publikum zurück in eine Zeit, in der die Eidgenossenschaft noch in den Kinderschuhen steckte. Meret (Monica Gasser Weickart) spielt auf ihrer Blockflöte, begleitet von Jan (Elmar Büeler) mit dem Tamburin, während Beat (Joseph Blättler) das Gebet des Eremiten Niklaus von Flüe aufsagt. Die 45-jährige Meret, Autorin und Regisseurin, probt mit ihren Schauspielern Beat und Jan ein Theaterstück, dass sie, inspiriert vom «Pilgertraktat», selbst geschrieben hat. Ein Schauspiel im Schauspiel. Im «Pilgertraktat» trifft ein anonymer Pilger auf Bruder Klaus und wird von ihm in ein Gespräch über sein Meditationsbild, das Radbild, verwickelt. Der berühmte Eremit Niklaus von Flüe verliess nach der Geburt seines zehnten Kindes seine Familie im Einverständnis seiner Frau Dorothea, um als Einsiedler zu leben. In der «Ranftschlucht» lebte er als Bruder Klaus ein intensives Gebetsleben und nahm angeblich ausser Wasser nichts Weiteres zu sich. Im Zentrum stand für ihn die Hinwendung zu Gott und damit, nach seinem Verständnis, auch die Hinwendung zur Welt, ein Anliegen, welches auch die drei Protagonisten beschäftigt. Der Pilger Jan wendet sich an den von Beat gespielten Bruder Klaus, um mehr über das tägliche Brot zu erfahren. Nach einigen Sätzen unterbricht Jan die Probe und stellt den Sinn des Theaterstücks in Frage. Eine heftige Diskussion über die sinnvolle Gestaltung eines Theaterstücks entsteht. Der kirchenferne Jan versteht nicht, wieso die uralte Geschichte des Niklaus von Flüe den vielen Leiden in der heutigen Welt bevorzugt wird. Witzelnd fügt er hinzu, dass sowieso niemand die alte Sprechweise verstehen würde. Das Publikum lacht und sieht gespannt zu, wie die Probe ihren Lauf nimmt. Regisseurin Meret, selber auf der Suche nach ihrem Weg und fasziniert vom Leben und Wirken des Niklaus von Flüe, besteht darauf, dass die Probe fortgesetzt wird.

Tiefgründige Gespräche

So fährt Bruder Klaus fort und erklärt dem Pilger das Radbild. Die sechs Speichen des Rades stehen für die sechs Schlüssel zum Himmel und in jedem Medaillon ist ein Symbol der Barmherzigkeit wiederzufinden. Wieder interveniert der skeptische Jan und äussert voller Unverständnis sein Mitgefühl für die von Meret dargestellten Dorothea. Wie kann ein Mann seine Frau verlassen, um als Einsiedler zu leben und dabei als Heiliger verehrt werden? Was mit einer harmlosen Kritik beginnt, mündet in tiefgründige Gespräche über die ungerechte Verteilung in der Welt. Wie kann man einen Heiligen verehren, der ganz auf Nahrung verzichtet, angesichts der unzähligen hungernden Menschen in der heutigen Welt? Wie kann es sein, dass während sich einer eine «bombenmässige» Villa baut, ein anderer aus seiner Stadt fliehen muss, weil sie bombardiert wird? Etwas abrupt und mit vielen offenen Fragen endet das kurze, aber tiefgreifende Stück, und hinterlässt ein gleichzeitig amüsiertes wie auch nachdenkliches Publikum.

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