Ein ungeduldiger Beobachter

Die Lesungen der Buchhandlung Kapitel 10 erfreuen sich grosser Beliebtheit. Auch die Vernissage zum Buch «Der Lauf der Tage» von Hans Städeli war sehr gut besucht. Schauspieler Hanspeter Müller-Drossart konnte sich die Aufmerksamkeit der Gäste vom ersten Satz an sicher sein.

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In der Buchhandlung Kapitel 10 hat soeben die Buchvernissage begonnen. Hans Städeli sitzt sichtlich vergnügt auf seinem Stuhl in der ersten Reihe. Der gemütliche Raum ist bis auf den letzten Platz besetzt. Städeli lauscht seinem alten Freund, dem Schauspieler Hanspeter Müller-Drossart, der aus einem Buch vorliest. Nicht aus irgendeinem Buch, nein. Es ist Hans Städelis Buch, es heisst «Der Lauf der Tage». Und Städeli lacht, als hörte er die Passagen zum ersten Mal.

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

Ein eigentümlicher Mann, dieser Städeli. Geboren 1930 im Industriequartier, wohnhaft in Höngg. Eines Tages liess der Bühnenbildner, Bauarbeiter, Marionettengestalter und -spieler, Lehrer und Vater dem Inhaber der Buchhandlung, Andreas Pätzold, ausrichten, er wünsche eine Buchvernissage in seinem Laden abzuhalten, hier sei das entsprechende Buch, er rufe am Nachmittag an. Etwas irritiert entgegnete Pätzold, erst müsse er das Buch lesen und entscheiden, ob das etwas sei. Und überhaupt: Vor Weihnachten noch eine Lesung ins Programm quetschen – er wisse nicht, ob das möglich sei. Dass beeindruckte den Höngger Autor jedoch herzlich wenig. Doch, doch, es müsse noch in diesem Jahr sein, im Frühjahr sei es zu spät, insistierte er. Scheinbar hatte auch der Schauspieler Müller-Drossart ein Schreiben von Städeli erhalten. Darin äusserte dieser den Wunsch, der Vorleser des Literaturklubs möge sich doch das Buch anschauen und wenn ihm etwas gefalle, so wäre es schön, er könne an der besagten Vernissage daraus vorlesen. Und so kam es schliesslich auch.

Geschichten mit Lokalkolorit

Der Vorleser Müller-Drossart ist ein charmanter Mann, so nahbar, dass die Gäste trotz seines Bekanntheitsgrads keine Scheu zeigen, ihn anzusprechen. In humorvollem Ton und mit lautmalerischer Gestik trägt er zwei Passagen aus dem orangen Büchlein vor und haucht den Figuren darin Leben ein. Städeli, der Autor, erweist sich als sehr genauer Beobachter, er beschreibt Geschehnisse detailliert und scheint eine Faszination für Zahlen, Zeitangaben und Eisenbahnen zu haben. Ein beliebter Schauplatz ist das Werdinseli, und auch die Reformierte Kirche Höngg spielt eine prominente Rolle. Gerade dieses Lokalkolorit machen die Geschichten so einzigartig. Und Müller-Drossart weiss, wie man die Leser*innen anfixt. Er schliesst die erste Erzählung mit einem Cliffhanger und der Bemerkung, «Grossartig, ganz grossartig. Müssen Sie lesen». Grossartig, ganz grossartig, so wie die heimeligen Lesungen in der Höngger Buchhandlung. Das neue Buch von Städeli, sowie auch seine früheren Werke, sind im Kapitel 10 erhältlich.

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