Ein Stück Schweden in Höngg?

Auffällig sind sie, die drei roten Wohnhäuser und das dazugehörige Bürogebäude an der Giblenstrasse. Was ist ihre Geschichte, wann wurden sie erbaut und warum erinnern sie unwillkürlich an Bullerbü?

Seit bald dreissig Jahren steht die kleine, aus vier Gebäuden bestehende Überbauung an der Giblenstrasse, direkt neben der Pony- und Hühnerweide des QuarTierhofs. Leuchtend rot sind die 1994 erstellten Häuser mit den schwarzen Giebeln, würfelförmig und kompakt wirken sie, mit ihren zwei Stockwerken eher klein. Ihr Alter würde man ihnen nicht wirklich geben, dank der auffälligen Färbung wirken die Häuser immer noch fast wie Neubauten. Geplant und erstellt wurden sie vom Architekturbüro Stücheli Architekten AG in Zürich, Auftraggeberin und Bauherrin war die Pensionskasse der Tagesanzeiger AG. 1992 wurde die Baubewilligung erteilt, im Jahr 1994 war die Überbauung bezugsbereit.

Wohnen und Arbeiten

In den drei Wohnhäusern befinden sich je zwei kleine 2,5 Zimmer-Wohnungen im Erdgeschoss mit Gartensitzplatz sowie zwei grössere 4,5 Zimmer-Maisonette-Wohnungen im Obergeschoss, wie Christof Glaus, Mitinhaber der Stücheli AG, dem «Höngger» in einem Gespräch verrät. Er hat die alten Pläne und Zeichnungen aus dem Archiv geholt und nimmt sich die Zeit, das Projekt genau anzuschauen, auch wenn er selbst damals nur peripher an der Erstellung beteiligt war. Ein weiteres, quer stehendes Gebäude beinhaltet Büroräumlichkeiten. 90 Prozent der Gesamtfläche habe, so Glaus, nach den Vorgaben der Bauherrschaft Wohnungen beinhalten müssen, 10 Prozent seien für Büros konzipiert – ein Versuch also, Wohnen und Arbeiten im Bau zu kombinieren. Zwischen den Wohnhäusern befinden sich zudem einstöckige Ateliers, die von den Parterrewohnungen aus zugänglich sind.

Komposition soll sich harmonisch in Umgebung einfügen

Die städtebauliche Überlegung des Architekturbüros war es, mit den Neubauten eine Siedlung zu erstellen, die sich harmonisch in die Umgebung und die natürlichen Gegebenheiten einfügt und dem Geländeverlauf folgt. Von der Höhe, so Glaus, sollten sich die neuen Häuser den bereits bestehenden Gebäuden an der Regensdorfer- sowie der Giblenstrasse anpassen, zwischen denen sie erbaut wurden. Anders als diese wurden die Giebel der drei Wohnhäuser jedoch quer zur Regensdorferstrasse errichtet und nicht parallel zu ihr.
Mit der kubischen Form habe das Architekturbüro versucht, «ein klassisches Schweizer Giebelhaus etwas moderner zu gestalten», führt Glaus aus. Der Bau sei bewusst sehr einfach und minimal gehalten, ohne jegliche Schnörkel und Verzierungen, auch die Giebeldächer stünden nicht vor, auf Vordächer wurde verzichtet.

Was leuchtet so rot?  

Die blutrote Farbe sei es, die die einfache Kubatur der Gebäude so speziell mache und der Überbauung eine eigene Identität verleihe. Die Idee, den Gebäuden diese auffällige Farbe zu verpassen, sei dem Architekten, Renzo Bader, bei einer Umgebungsbesichtigung gekommen. Dabei sei ihm ein rotes Garagentor ins Auge gestochen, klärt Glaus auf. «Die Farbe betont den Kontrast zum Grün der Gärten und Weideflächen der Umgebung. Die klassische Holzfarbe verleiht den Gebäuden zudem eine gewollte Natürlichkeit.» Mit Schweden allerdings hätten die Häuser eigentlich nicht viel zu tun, auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht so wirke: «Die Assoziation zu Schweden war von uns nicht unbedingt beabsichtigt», klärt Glaus auf. Anders als bei den klassischen Häuschen, die für das nordische Land so typisch sind, handelt es sich bei den Häusern an der Giblenstrasse auch nicht um Holzbauten: «Obwohl die Fassade wie eine Holzfassade wirkt, besteht sie in Wirklichkeit aus grossflächigen Eternitplatten», erläutert Glaus. Eternit sei damals ein eher ungewöhnlicher und etwas verpönter Baustoff gewesen, weil das Material vor allem in den 50er- bis 70er-Jahren Asbest enthalten hatte und die Verwendung stark eingeschränkt wurde. Doch selbstverständlich enthielten die Platten in den 90er-Jahren keinerlei Spuren mehr von Asbest. Dafür sei das Material sehr günstig, extrem robust, langlebig und recyclierbar – allerdings auch ziemlich dünn. In der Fassade wurde daher bewusst darauf geachtet, den «papierenen Charakter des Eternits», wie es Glaus nennt, zu verbergen. So weisen die Fenster starke Rahmen aus Metall auf, die Fugen der Eternitplatten sind gegenüber den Ecken der Fenster verschoben. Die Fassade wirkt so nicht gerastert, sondern erscheint als eine ganze, einheitliche Fläche.

Im digitalen Zeitalter angekommen

Und schliesslich ist das Bauprojekt noch aus einem weiteren Grund besonders: für das Architekturbüro waren die Skizzen zu diesen vier Gebäuden wohl die ersten, die auf digitale Weise gezeichnet und erfasst werden konnten. Während die ersten groben Skizzen und Studien noch von Hand angefertigt wurden, wie damals allgemein üblich, konnten die definitiven Baupläne schliesslich am Computer erstellt und bearbeitet werden. Modern in jeder Hinsicht also, die roten Häuschen an der Giblenstrasse.

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