Ein Roboter als Lokaljournalist

Die künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch. Jüngst wurde eine Software frei zugänglich gemacht, die selbstständig Texte erstellt. Natürlich konnte es der «Höngger» nicht lassen, selbst auszuprobieren, was «ChatGPT» so draufhat.

2
Bild: Pixabay

Ende November ging’s los. Da veröffentlichte das US-Unternehmen OpenAI mit dem virtuellen «Chatbot» ChatGPT eine Software, die momentan frei und kostenlos zugänglich ist und die Kommunikation mit einer Maschine erlaubt. Diese künstliche Intelligenz kann nicht nur Fragen beantworten und Fakten abrufen, sie kann auch eigene Texte verfassen. Seither ist die Technik in aller Munde. Allenthalben wird versucht, sich von ChatGPT einen Liebesbrief, eine politische Rede oder einen Aufsatz verfassen zu lassen. Höchste Zeit, dass auch der «Höngger» überprüft, was diese intelligente Maschine über unser Quartier zu sagen hat.

Ganz neue und sinnfreie Erkenntnisse über Höngg

«Schreibe einen wissenschaftlichen Text über die Geschichte Hönggs mit Literaturangaben», lautet die erste Aufforderung an den Chatbot. Und hier seine kreative Antwort:

Die Geschichte von Höngg reicht bis ins Mittelalter zurück. Laut der Website der Gemeinde Höngg wurde Höngg erstmals im Jahr 1238 erwähnt, als es als «Huncke» in einer Urkunde erscheint.
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich Höngg zu einem wichtigen landwirtschaftlichen Zentrum. Im 19. Jahrhundert wurde Höngg jedoch zunehmend industrialisiert und es entstanden Fabriken und Betriebe.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte Höngg einen Bauboom und es entstanden viele Wohngebäude. In den 1960er Jahren wurde Höngg schliesslich ein Stadtteil von Zürich.

Quellen: Gemeinde Höngg. (n.d.). Geschichte. Retrieved January 8, 2023, from https://www.hoengggemeinde.ch/geschichte.html

Interessant. Sprachlich mehr oder weniger korrekt, wenn auch nicht sehr ansprechend formuliert. Aber inhaltlich? Die Quelle, die angegeben wird, existiert leider nicht. Auch als «Huncke» war Höngg bis anhin nicht wirklich bekannt. Und die Eingemeindung? War die nicht 1934? Na gut, sei’s drum, auch eine Maschine kann sich mal irren. Wie würde die künstliche Intelligenz Höngg denn so allgemein beschreiben?

Höngg ist ein Stadtteil von Zürich in der Schweiz. Es ist ein vorwiegend Wohngebiet und ist bekannt für seine gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz. In Höngg gibt es mehrere Einkaufszentren und Geschäfte, sowie eine Vielzahl von Restaurants, Bars und Cafés. Es gibt auch mehrere Schulen und Kindergärten in der Gegend. Höngg ist auch in der Nähe von verschiedenen Grünflächen und Parkanlagen, die zum Spazierengehen und Entspannen einladen.

Gut, dass mit den mehreren Einkaufszentren könnte man noch grosszügig übersehen, aber die Vielzahl von Restaurants, Bars und Cafés macht doch neugierig. Welche davon würde der Roboter für ein gutes Essen hier im Quartier empfehlen?

Hier sind einige Restaurants, die in Höngg beliebt sein könnten: Gasthaus zum Löwen, Restaurant zur Post, Restaurant Chez Nous, Restaurant Badenia, Restaurant Pizzeria Vela.

Faszinierend. Vielleicht leben wir in einem Paralleluniversum und es gibt noch ein zweites Höngg?
Lustig ist es auch, danach zu fragen, wie man am besten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Meierhofplatz gelangt. Hier werden weitere unkonventionelle Antworten geliefert. Vielleicht lohnt es sich ja, diese zur Rush-Hour einmal auszuprobieren, um dem Stau zu entgehen?

Um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zum Meierhofplatz in Zürich-Höngg zu gelangen, können Sie die Tramlinie 14 nehmen. Diese fährt vom Zürich Hauptbahnhof und hält auch an der Haltestelle Bucheggplatz, die in der Nähe des Meierhofplatzes liegt. Von dort sind es nur wenige Gehminuten zu Fuss. Alternativ können Sie auch die Buslinie 71 nehmen, die ebenfalls am Hauptbahnhof startet und an der Haltestelle Meierhofplatz hält.

Fehlinformationen erkennen

Fairerweise muss gestanden werden, dass dem Chatbot nicht die aktuellsten Informationen zur Verfügung stehen. Der Wissensstand der Software endet 2021. Und als Touristen-Guide ist er auch nicht primär konzipiert. Zudem weist er bei Fragen darauf hin, dass er sein Wissen selber nicht aus dem Internet beziehe und es ratsam sei, die gelieferten Informationen noch an anderer Stelle zu verifizieren. Auf der Webseite wird ausserdem darüber informiert, dass der Chatbot zuweilen inkorrekte Antworten gebe. Das Programm, so formuliert es die NZZ in einem Artikel zum Thema, «ist ein Textgenerator und kein Rechercheinstrument. Sein Ziel ist es, eine statistisch plausible Antwort zu generieren, die gut klingt.»
Dennoch ist es sowohl irritierend als auch beunruhigend, dass in diesem Versuch bei jeder einzelnen Frage Fakten frei erfunden und gar fiktive Literaturhinweise generiert wurden. Für journalistische oder wissenschaftliche Texte also nicht brauchbar, zumindest bei einem – aus globaler Sicht gesehen – so marginalen Thema wie Höngg.

Poesie aus Sicht eines Roboters

Aber vielleicht eignet sich der Textroboter ja vielmehr zum Verfassen von Prosa oder gar Poesie als für rein faktenbasierte Artikel? Also. Ein letzter Versuch. «Schreibe ein Liebesgedicht an Höngg», ein Auszug:

Oh Höngg, du Stadt voller Schönheit, Dein Name allein macht mein Herz erblühen, Deine Strassen sind gepflastert mit Liebe, Deine Gebäude ragen hoch wie ein Krieger, bereit für den Kampf.

Höngg, du bist der Grund, warum ich jeden Tag lächle, Du bist der Grund, warum ich immer wieder nach Hause komme, Du bist mein Zuhause, meine Liebe, mein Ein und Alles, Ich liebe dich, Höngg, für immer und ewig.

Höchstromantisch. Und ein ganz kleines bisschen blutrünstig. Naja.

2 Kommentare


René Frehner

11. Januar 2023  —  17:23 Uhr

Intressant währe es wenn man die Frage ein zweites mal stellt und schaut ob man die selbe Antwort ein 2. Mal bekommt oder ob es eine andere gibt. Die Quellenangabe scheint ja auch zufällig zu sein.

Marie-Christine Schindler

12. Januar 2023  —  18:44 Uhr

Ein gelungener Beitrag, der ein digitales Trendthema mit unserem traditionellen Quartier zusammenbringt lustvoll aufbereitet.

Themen entdecken