Architektur
Ein Neubau mit Ambitionen
An der Ackersteinstrasse 172 hat die Stiftung zum Erhalt preisgünstigen Wohn- und Gewerberaums im vergangenen Jahr einen Neubau erstellt. Dieser ersetzt das 1933 erstellte Gebäude, das in einem schlechten baulichen Zustand war, und gewährt mehr Wohnraum.
21. Januar 2025 — Dagmar Schräder
«Quirky house», zu Deutsch «schrulliges Haus» – unter diesem Titel plante das Architekturbüro Scheidegger Keller den Neubau an der Ackersteinstrasse. Und der Name trifft zu – ein bisschen schrullig wirkt das Gebäude tatsächlich, eigenwillig auf jeden Fall, mit seiner dunklen Fassade aus kleinen Eternit- Schindeln und der verwinkelten Form mit Erkern und Balkonen. Entfernt erinnert es auch an ein sympathisches Hexenhäuschen: klein, aber gemütlich.
Das Haus wurde von der Bauherrin, der Stiftung zum Erhalt preisgünstigen Wohn- und Gewerberaums (PWG), im vergangenen Jahr erstellt. An seiner Stelle stand zuvor bereits ein Wohnhaus, das 1933 erbaut worden war. Wie Thomas Güntensperger, verantwortlicher Projektleiter der Stiftung, dem «Höngger» erklärt, war das Gebäude allerdings in einem schlechten baulichen Zustand und wies noch einige Ausnutzungsreserven auf, sodass sich die Stiftung 2018 für ein Neubauprojekt entschied.
Die Suche nach einem Architekturbüro erfolgte mittels Wettbewerb. Hauptvorgabe für die teilnehmenden Architekturbüros war es, die begrenzte und wegen der Hanglage schwierig zu bebauende Grundstücksfläche optimal auszunutzen. Dabei entschied sich die Stiftung bewusst für den Bau kleinerer Wohnungen, um Wohnraum für Alleinstehende, Paare und Kleinfamilien zur Verfügung zu stellen.
Hauptsache Wohnfläche
Gewonnen hat den Wettbewerb, wie eingangs erwähnt, das Architekturbüro Scheidegger Keller. Für die Bauausführung zuständig war das Büro BGS & Partner, die Aussenraumgestaltung fiel den Landschaftsarchitekten Ganz zu. Und das Gebäude wird den Vorgaben gerecht: «Klein ist schön» ist gewissermassen das Credo des Baus. In dem dreistöckigen Haus ist nun – anstelle der 5 Wohnungen im alten Gebäude – Platz für deren 7 geworden, in der Grösse zwischen 1,5 und 3,5 Zimmern.
Auch im Innenausbau manifestiert sich das Prinzip: Der Bau verzichtet auf unnötigen Luxus. Wände und Decken aus Sichtbeton prägen das Bild. Die Wohnungen sind möglichst kompakt gestaltet, die Zimmer vielfältig nutzbar. Die Standardeinrichtung, so Güntensperger, sei einfach, aber zweckmässig und robust und somit möglichst nachhaltig gehalten. Besonders ins Auge sticht der rote Linoleumboden, der nicht nur kostengünstig, sondern auch einfach zu pflegen ist.
Um den Wohnraum maximal gross gestalten zu können, haben sich die Architekt*innen zudem ein paar ganz besondere Tricks und Kniffe ausgedacht. So dienen etwa die kleinen Erker und Balkonvorsprünge dazu, die bewohnbare Grundfläche zu vergrössern. Auch die Konstruktion der Gebäudehülle wurde so konzipiert, dass sie möglichst wenig Fläche einnimmt. Sogar im Treppenhaus konnte auf den vorgeschriebenen schallisolierenden Abstand zwischen Stufen und Wand verzichtet werden, indem ein Gummigranulatboden als Stufenmaterial verwendet wurde.
Nachhaltige Mobilität
Ein wichtiges Kriterium für die Planung war auch, dass durch den speziellen Schnitt und die Ausrichtung der Erker alle Wohnungen bezüglich der Aussicht gleichberechtigt sind und Blick auf die Stadt haben. Ebenso wichtig: Das Mobilitätskonzept, mit dem zugunsten eines grosszügigen Velokellers auf den Bau einer Tiefgarage verzichtet wurde.
Aufgrund der Vorgaben der Stadt konnte beim Bau nicht gänzlich auf Autoeinstellplätze verzichtet werden – zwei Parkplätze weist das Gebäude nun auf. Diese wurden an zwei Mietparteien vermietet, die übrigen Mietenden verpflichteten sich beim Einzug, auf ein eigenes Auto zu verzichten.
Für den terrassierten Garten des Hanggrundstücks, der mit einem durch die Mietparteien selbst bepflanzbaren Beet und Nutzpflanzen angelegt wurde, wurden die Platten des früheren Sitzplatzes wiederverwendet. Damit wurden nicht nur die Gehwege durch den Garten gelegt, sondern auch kleine Mäuerchen aufgeschichtet und Treppen erstellt.
Mietpreise: möglichst günstig
Und schliesslich ist auch der bezahlbare Mietzins eine entscheidende Eigenschaft der Bauten, die von der PWG erstellt werden. Die gemeinnützige Stiftung zum Erhalt preisgünstigen Wohn- und Gewerberaums wurde 1990 aufgrund einer Volksinitiative gegründet. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, Liegenschaften aufzukaufen, um sie der Spekulation zu entziehen und auf Basis der Kostenmiete vermieten zu können – einer Miete also, die nur die Kosten deckt und keine Rendite abwirft.
Allerdings differiert die Höhe der Kostenmieten aufgrund unterschiedlicher hoher Grundstückspreise und Baukosten von Quartier zu Quartier deutlich.
Jüngst verglich ein Artikel im «Tages-Anzeiger» die Mietpreise des gemeinnützigen Wohnraums bei der Liegenschaft an der Ackersteinstrasse mit jenem einer Liegenschaft in Witikon. Die Witiker Liegenschaft fiel um einiges günstiger aus als ihr Höngger Pendant.
Der Ersatzneubau an der Ackersteinstrasse sei aufgrund der Grösse, der Lage und der baurechtlichen Rahmenbedingungen eigentlich kein typisches Projekt der Stiftung PWG, erklärt Güntensperger die Preisdifferenzen: «Wir sind aber überzeugt, dass auch solche Projekte in unserem Portfolio Platz haben. Insbesondere wenn dadurch mehr Wohnraum geschaffen wird und auch das Quartier durch einen architektonisch hochwertigen und nachhaltigen Bau einen Mehrwert erhält.»
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