Ein Hoch auf Gen Z

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, dass die heutige Jugend gar nicht so übel ist.

Dagmar Schräder bringt ihre Gedanken aufs Papier. (Foto: dad)

Ich hatte in den letzten Wochen ein paar Begegnungen, die mich beeindruckt haben. Von denen muss ich einfach berichten. Und zwar hatte ich kürzlich zweimal Besuch von jungen Leuten. Es waren Töchter von alten Freundinnen von mir, mit denen ich vor Ewigkeiten zusammengelebt habe. In Berlin, zu Studienzeiten. Viel erlebt haben wir damals gemeinsam, viel diskutiert und uns Gedanken über die Welt gemacht.

Jetzt sind unsere Kinder erwachsen und machen sich selber auf ihren Weg durch die Welt. Und manche davon kommen bei mir vorbei. Die eine junge Frau macht nach dem Abitur zunächst ein Jahr Pause, reist durch Europa und arbeitet an den verschiedensten Orten gegen Kost und Logis. Eine andere ist sportlich sehr aktiv und war nach einem Wettkampf kurz in Zürich. Mit beiden habe ich nun etwas Zeit verbracht und muss sagen, ich bin fast ein wenig neidisch. Weil sie mit 18 oder 19 schon so selbstbewusst und resolut durchs Leben gehen.

Ich selbst war im selben Alter noch ganz anders drauf. Irgendwie unreif im Vergleich. Gemütlich bin ich erst ein paar Jahre durchs Leben geschaukelt, hab mal hier, mal dort gejobbt, bin viel gereist und war dabei zu einem grossen Teil an Party und Selbsterfahrung orientiert. Nicht, dass ich das heute bereue, das war eine super Phase.

Aber ich staune, wie klar diese jungen Leute heute sind. Nicht nur die beiden, das fällt mir auch in weiteren Begegnungen auf. Diese Teenies und Twens haben eine politische Haltung, die sie eloquent vertreten und begründen. Sie achten auf sich und ihre Gesundheit, was nicht nur bedeutet, dass sie viel mehr Schlaf kriegen als ich damals, sondern sich auch sehr bewusst ernähren – sei es vegan, vegetarisch, mit Fleisch oder ohne Gluten, das ist keine zufällige Entscheidung. Sie sind tolerant und weltoffen und nehmen Rücksicht auf die Umwelt, aber auch auf das Gegenüber. Sie machen einfach ihr eigenes Ding und scheren sich keinen Deut um den Mainstream.

Und in all dem sind sie auch fast schon ein bisschen anstrengend konsequent. So konsequent, dass ich alte Schachtel mich daneben meiner eigenen Inkonsequenz schäme. Vor allem dann, wenn sie mich dezent, aber bestimmt auf die Widersprüche in meinem Verhalten hinweisen.

Und noch was fällt mir auf: Sie kleben gar nicht so am Handy, wie man das von dieser Generation vielleicht erwarten würde. Von meinen beiden Besucherinnen etwa hat die eine unentwegt gelesen. Sie verschlang ein Buch an dem anderen, wohingegen ich daneben immer nur davon redete, mehr lesen zu wollen. Und die andere war froh, in der Schweiz keine mobilen Daten zur Verfügung zu haben. Während ich mich ständig dabei ertappte, in meinem Handy rumzutippen.

Diese Begegnungen mit meinen jungen Gästen fand ich sehr schön. Und bereichernd. Bestimmt sind nicht alle Vertreter*innen dieser Generation so. Müssen sie auch gar nicht. Aber ich glaube, da findet sich viel Potenzial. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich darunter ein paar Exemplare finden, die zumindest einen Teil von dem, was wir Alten auf der Welt gerade so alles verbocken, wieder geradebiegen können.

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