Ein Festival der Worte

An der Mammutlesung des Zürcher Schriftstellerinnen und Schriftsteller Verbandes kamen nicht nur hiesige Schreibende zu Wort, es fand auch eine Taufe statt: Das Maskottchen der Lesung, das bislang namenlose Mammut, erhielt einen ­passenden Vornamen.

Der Höngger Autor Yves Baer bei der Mammutlesung in Höngg. (Foto: das)

Vom 21. bis 26. Oktober war ganz Zürich im Lesefieber: Das alljährliche Festival «Zürich liest» zelebrierte die Freude an der Literatur an 114 Orten und 236 Veranstaltungen der Stadt. Unter anderem in Höngg: Während in der Buchhandlung Kapitel 10 zwei Autoren ihre Werke präsentierten, lud der Zürcher Schriftstellerinnen und Schriftsteller Verband (ZSV) zu seiner traditionellen Mammutlesung in die Weinlaube bei Zweifel 1898.

Gegründet wurde der ZSV bereits 1942 mit dem Zweck der lokalen und regionalen Förderung des Literaturschaffens. Mehrmals jährlich organisiert dieser für seine Mitglieder öffentliche Veranstaltungen in Form von Lesungen, einmal pro Jahr wird ein Jahrbuch mit ausgewählten Texten herausgegeben. Letzteres bildete denn auch die Grundlage für die Mammutlesung: 12 verschiedene Autor*innen erhielten an diesem Nachmittag die Gelegenheit, ihre Kurzgeschichten, Essays und Gedichte dem Publikum zu präsentieren.

Sich von Vögeln beobachten lassen

Auf die ersten vier Lesungen musste die Schreibende aus Zeitmangel zwar verzichten, doch einen Grossteil der vorgetragenen Texte liess sie sich nicht entgehen. Da war zum Beispiel der humorvolle Essay von Peter Biro über die neue Gattung der «Ornithoskopiker», vorgelesen von Yves Baer. Der Text, der auch dem Jahrbuch seinen Namen gegeben hatte, widmete sich dem neuen Hobby, der Ornithoskopie, bei der sich Vogelfreunde von Vögeln beobachten lassen, während sie unbekleidet im Gras liegen.

René Oberholzer las aus seiner Lyrik: nachdenklich-traurige, aber auch witzig-satirische Gedichte; Karl-Heinz Pichler gab den Zuhörenden Anekdoten aus seiner Tätigkeit als Kunstkurator zum Besten. Eine literarische Auseinandersetzung mit der vorüberziehenden Wetterfront präsentierte August Guido Holstein, während Dominik Riedo Einblicke in sein neuestes Buch gewährte, das sich mit dem Briefwechsel zwischen Carl Spitteler und Carl Loosli auseinandersetzt.

Doch nicht nur deutschsprachige, auch spanische, italienische und englische Texte wurden präsentiert – übersetzt ins Deutsche, gelesen von Yves Baer und der Zürcher Schriftstellerin Dill McLain. Letztere präsentierte neben eigenen Texten nicht nur einen englischen Essay ihres Ehemannes Alan Bruce Thompson, sondern auch Werke des kubanischen Autors Manuel Olivera Goméz. Und zum Abschluss der Lesung gab schliesslich Yves Baer als Präsident des ZSV mit seinen Texten «Zitronenmond» und «Lungo Mare» einen kleinen Einblick in sein Schaffen.

«Wortmut» ist geboren

Zum krönenden Abschluss hatten die Gäste noch die Gelegenheit, selber wortkreativ tätig zu werden. Gefragt waren sinnige Vorschläge, um dem bis anhin namenlosen Mammut, dem Maskottchen der Veranstaltung, einen Vornamen zu geben. Die Publikumsjury entschied den Namenswettbewerb in einem demokratischen Wahlverfahren, das Votum war eindeutig: «Wortmut» soll das Rüsseltier nun genannt werden.

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