Quartierleben
«Dörfs es bitzeli meh si?»
Was der Meierhofplatz und seine nähere Umgebung an Verkehr zu viel hat, hat er an Angebotsbreite an Fachgeschäften zu wenig. Das Zentrum, so wird befürchtet, «verslumt». Gibt jemand Gegensteuer? Der «Höngger» geht der Frage in zwei Teilen nach.
14. Juni 2012 — Fredy Haffner
An der letzten Generalversammlung des Vereins Handel und Gewerbe (HGH) kam die desolate Lage des Detailhandels im Dorfzentrum zur Sprache: geschlossene Läden, leere Verkaufslokale. Wie zeigt sich die Situation vor Ort tatsächlich? Vier Brennpunkte zeichnen sich aktuell ab und als würde er darauf Bezug nehmen, schrieb Autor Max Küng im letzten «Tages-Anzeiger-Magazin» unter dem Titel «Zürcher Probleme»: «Nun, eine Weile stand der Laden leer, dann fingen Arbeiter mit dem Umbau an. Man fragte sich: Was würde hier bald sein? Welcher Laden würde dem Quartier gut tun? Und man fing an mit Gebeten, dass nicht noch ein Coiffeur einziehen würde oder noch ein Geschäft mit Ethno- Buddha-Rattan-Klangschalen- Kitsch oder eine Boutique mit Designermode für Hunde.» Der «Höngger» wollte sich nicht weiter im Stillen fragen, sondern kontaktierte die Besitzer und die Verwaltungen der freistehenden Lokalitäten. Die Frage lautete bei allen gleich: Nach welchen Kriterien werden freie Ladenflächen neu vermietet? Gelten nur finanzielle Interessen oder ist man bemüht, Firmen und Detaillisten mit Läden nach Höngg zu bekommen, die dem Quartier auch ein neues Angebot bringen und deren Branche nicht bereits mehrfach vertreten ist?
Doch keine Bäckerei?
Am brennendsten interessiert dies, was die ehemalige «Dorfmetzg» am Meierhofplatz im Wohn- und Geschäftshaus «Rebstock» angeht. Speziell seit im «Höngger» vom 31. Mai die Bauausschreibung «Umbau und Umnutzung (. . .) ehemalige Metzgerei in Bäckerei» Fragen aufwarf. Neben der Bäckerei Konditorei Baur in unmittelbarer Nähe und zwei Filialen des Flughafenbecks Steiner eine vierte Bäckerei im Zentrum? Oder zügelt eine der ansässigen Bäckereien? Die genannten Betriebe verneinten alle und auch die Bäckerei Steiner aus Wetzikon, über die das Gerücht kursierte, sie wolle in Höngg eine Filiale eröffnen, dementierte. Auch Dr. Peter Heinrich, Urhöngger und Mitbesitzer der Meierhof Höngg Immobilien AG, in deren Besitz die Liegenschaft ist, wollte das Rätsel nicht lösen. Am Telefon liess er sich nur entlocken, dass «noch alles in der Schwebe» sei. Das lässt sich so interpretieren, dass vielleicht doch keine weitere Bäckerei einzieht – was nicht dementiert wurde. Mit im Rennen um die freie Lokalität an prominenter Lage war auch die angrenzende Apotheke zum Meierhof. Inhaber Rolf Graf, so hiess es mehrfach, wolle vergrössern. Warum er von seinen Plänen abkam, war bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung zu bringen und Dr. Heinrich wollte sich dazu auch nicht äussern. Es scheint jedoch, dass die Verhandlungen auf halbem Weg scheiterten, nur so ist zu erklären, dass die Metzgerei im Hinblick auf eine neue Nutzung abgerissen wurde. «Ein neues Verkaufslokal muss aus energetischen Gründen besser isoliert sein», liess Dr. Heinrich verlauten und fügte an, man habe nicht damit gerechnet, dass sich die Neuvermietung so verzögern würde.
Wer zieht neben He-Optik ein?
Auf der anderen Seite des Meierhofplatzes ist im Haus Gässli 2 das Geschäft «Mode Flühmann» ausgezogen. Besitzerin der Liegenschaft ist die Erbengemeinschaft Jakob Schrem. Nachgefragt, wer dort einziehen wird, gibt Reinhard Schrem zur Auskunft: «Natürlich versuche ich, eine Mieterschaft zu gewinnen, die auch in die bestehende Geschäftslandschaft passt. Ich will der Verwahrlosung nicht Vorschub leisten. Ein Fastfoodlokal wird es definitiv nicht geben. Unter Umständen werden wir selber ein Geschäft eröffnen.“Das Gerücht, wonach ein Fachgeschäft für Motorradbekleidung einziehen werde, erklärt er damit, dass er selbst im Motorradhandel tätig ist. Schrem gibt sich aber bedeckt: «Es sind alle Optionen offen.»
Endgültig geschlossen?
Zwei Fussgängerstreifen weiter, an der Ecke Limmattal- und Ackersteinstrasse, steht man vor den geschlossenen Räumen von S.A.-Fashion. Dies dürfte insofern nicht weiter auffallen, da im Laden seit Jahren kaum je Kundschaft zu sehen war. Das Haus «Central», gehört der Immosip AG und wird von der EPM Swiss Property Management AG verwaltet. Auch die EPM vertröstet: «Der Laden kann noch nicht weitervermietet werden, weil mit dem aktuellen Mieter noch Aspekte geklärt werden müssen über von ihm selbst getätigte Ausbauten im Ladenlokal. Deshalb können wir zurzeit noch keine Angaben über die zukünftige Nutzung dieses Ladenlokals machen.» Die Eigentümerschaft wünsche, so die EPM, dass die Nutzung durch den neuen Mieter zu keinen Belästigungen für die Nachbarschaft oder für die Mieter im Haus führen dürfe und «das Objekt nicht für Zwecke verwendet wird, welche nach allgemeiner Sicht als anstössig empfunden werden». Man wolle mit Mietern und der Nachbarschaft langfristig in partnerschaftlicher Beziehung stehen, lässt die EPM allgemeingültig verlauten. Auch hier wird sich also in absehbarer Zeit nichts tun.
Wer gibt Gegensteuer?
Wie in der Verkehrsfrage ist auch zur Frage der Angebote rund um den Meierhofplatz alles offen. Vor allem unangenehme Fragen. Die Besitzer der Liegenschaften, so scheint es zumindest, stellen finanzielle Interessen in den Vordergrund – selbst kurzfristige, was langfristig zum Bumerang werden dürfte, denn ein immer schlechterer Ladenmix drückt langfristig die Mietzinse nach unten. Die Mittel, um Einfluss auf die drohende «Verslumung» zu nehmen, scheinen für die ansässigen Geschäfte begrenzt – selbst der HGH-Präsident André Bolliger hielt an der eingangs erwähnten Generalversammlung fest: «Uns fehlen die Mittel und auch der politische Einfluss».
0 Kommentare