Do it yourself – nie wieder

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Zum Beispiel, wie viel Lebenszeit frau einer Schraube widmen kann.

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Dagmar Schräder liebt es zu schreiben. (Foto: Jina Vracko)

Die Tochter bekommt ein neues Bett. Bestellt bei einem grossen Möbelhaus. Zum selber Aufbauen. Für die versierte und erfahrene Mutter doch kein Problem.
Aber Pustekuchen. Schon die Lieferung ein Desaster. 150 Kilogramm, verteilt auf drei Pakete. Der Lieferant ist ziemlich im Zeitdruck und sehr entnervt, weil ich über sein Kommen nicht rechtzeitig informiert wurde. Er lädt die Kartons auf dem Trottoir ab und verschwindet wieder. Wie schleppt man die 50 Kilo-Pakete alleine ins Haus? Zum Glück sind da nette Bauarbeiter gerade mit Strassenbelagsarbeiten beschäftigt und gehen mir zur Hand, sonst stünden diese elenden Kartons heute noch draussen.

Nun gut. Zwei Stunden habe ich bis zum nächsten Termin, da nutze ich doch die Zeit und stelle meiner Tochter schnell ihr Bett auf. Haha. Können vor Lachen. Schon das Zusammensuchen der passenden Elemente fördert emotionale Abgründe in mir zutage, die lange verschollen waren. Das System, mit dem die Kisten zusammengepackt wurden, erschliesst sich mir nicht auf Anhieb. Eine Stunde verstreicht, bis ich merke, dass ich im falschen Karton suche.

Aber jetzt geht’s los. Und sicher ruckzuck. Wenn da nicht die Schrauben wären. Ich schraube und schraube und doch drehen die Dinger immer leer. Unglaublich, wieviel Lebenszeit man einer einzelnen Schraube widmen kann.
Der Termin naht, so ganz fertig ist das Bett noch nicht. Im Zimmer ein Riesenchaos. Verschiebe ich das Zusammenbauen halt auf die Abendstunden.
Das macht es allerdings nicht wirklich besser. Darf man nachts um zwei noch mit dem Akkuschrauber hantieren? Denn von Hand, das habe ich nun lang genug ausprobiert, sind die Dinger nicht in nützlicher Frist fixierbar.  

Ganz leise und diskret versuche ich, des Durcheinanders Herr bzw. Frau zu werden. Es wird immer später. Ganz so selbsterklärend wie gedacht ist die Bedienungsanleitung auch nicht. Es wird geflucht. Natürlich in einer Lautstärke, die der Tageszeit angepasst ist. Die Knochen schmerzen, ich mag nicht mehr auf dem Boden knien. Immerhin sind langsam die Umrisse eines Bettes zu erkennen. Und vielleicht braucht es ja auch nicht wirklich ganz alle Teile, die auf der Anleitung abgebildet sind. Ist ja gottseidank kein Hochbett. Da fällt sie nicht tief, falls etwas nicht halten sollte.

Stunden später, der Morgen graut schon. Halleluja, ich habs geschafft. Bloss nie mehr umziehen. Jetzt erstmal eine Mütze Schlaf. Im eigenen gemütlichen Bett. Aber hoppla, was knackt denn da? Ich glaube, ich brauche auch eine neue Schlafgelegenheit.

1 Kommentare


Hans Reding

27. Dezember 2022  —  19:01 Uhr

Liebe Dagmar
Als früherer Nachbar während deiner Kindheit hätten mich deine Eltern fragen dürfen ob ich beim Bettzusammenmontieren mithelfen würde. Selbstverständlich hätte ich den Werkzeugkoffer im Auto geholt und du hättest mit Sicherheit gut geschlafen. Deine Eltern auch…
Grüässli, Hans Reding

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