Kultur
Die Zürcher Märchenkönigin wohnt in Höngg
Ramona Fattini hat vor einem Jahr die Leitung der Zürcher Märchenbühne übernommen. Anfang November beginnt die neue Spielzeit mit «Räuber Hotzenplotz». Wie sie es schafft, all ihre verschiedenen Aufgaben unter einen Hut zu bringen, erzählt sie hier.
24. Oktober 2025 — Dagmar Schräder
Verantwortlich dafür, dass Ramona Fattini heute auf und hinter dem Vorhang der renommierten Zürcher Märchenbühne aktiv ist, ist eigentlich das Ballett. Im Alter von sieben Jahren begann sie in der Winterthurer Ballettschule von Claudia Corti Unterricht zu nehmen. Im darauffolgenden Jahr durfte sie das erste Mal bei einer der Aufführungen mitwirken: Beim Stück «Die Schöne und das Biest» erhielt sie die Rolle einer Jass-Karte mit einem zweiminütigen Auftritt. Von da an war klar, dass sie Schauspielerin werden wollte.
Doch ihre Eltern rieten ihr dazu, eine solide Ausbildung zu absolvieren. Also wurde Fattini zunächst Drogistin. Aber direkt nach Abschluss der Lehre wandte sie sich wieder ihrem Traumberuf zu und absolvierte an der SAMTS Musicalschule & Schauspielschule eine vierjährige Ausbildung. Während dieser Zeit stand sie bereits in verschiedenen Engagements auf der Bühne, arbeitete aber nebenher noch immer als Drogistin.
Einmal Märchenbühne, immer Märchenbühne
Im Jahr 2014 fasste Fattini den Entschluss, alles auf die Schauspielerei zu setzen. «Ein Jahr lang war das sehr anstrengend», erinnert sich die 36-Jährige. Sie tingelte von Casting zu Casting, der finanzielle Druck war gross. Doch bereits 2015 taten sich neue Horizonte für sie auf: An der Zürcher Märchenbühne konnte sie als Regiesassistenz tätig werden.
«Ich hatte mich schon zwei Jahre zuvor bei der Märchenbühne beworben, doch leider hatten Erich Vock und Hubert Spiess, die damaligen Leiter des Theaters, keine passende Rolle für mich. Stattdessen boten sie mir zwei Jahre später eine Stelle als Regieassistentin an.»
Fattini sagte zu – und seither hat sie die Märchenbühne nicht mehr losgelassen: Im Jahr 2016 spielte sie endlich ihre erste Märchenrolle, es folgten weitere Rollen, Regieassistenzen, die persönliche Assistenz von Erich Vock – und schliesslich vor einem Jahr die Übernahme der Märchenbühne.
«Ich wäre selber gar nicht auf die Idee gekommen, die Märchenbühne zu übernehmen, ich dachte, ich kann das doch nicht, aber Erich Vock und Hubert Spiess haben die Idee an mich herangetragen. Ein Angebot, das ich nicht ausschlagen konnte.»
Nicht nur für Kinder
Nun laufen bereits die Vorbereitungen zur zweiten Spielsaison unter ihrer Verantwortung. Schon in der kommenden Woche, am 1. November, wird die Premiere von «Räuber Hotzenplotz» im Theater am Hechtplatz stattfinden. Fattini ist nicht nur für die Produktion zuständig, sondern steht auch als Kasper auf der Bühne. Die Regie aber hat sie einer weiteren Fachperson überlassen: Philippe Roussel.
«Es freut mich ausserordentlich, dass Philippe bei dem Stück Regie führt. Schon in meiner Kindheit habe ich ihn im Fernsehen in der Sitcom ‹Mannezimmer› bewundert. Dass er jetzt für mich Regie führt, erscheint mir fast surreal» lacht Fattini. Und Roussel führt nicht nur bei «Hotzenplotz» Regie, sondern auch beim zweiten Stück, das Fattini momentan produziert und das ab März zu sehen sein wird: «Traumhochzeit» – eine Komödie für Erwachsene, basierend auf einer Idee von Erich Vock. «Er hat mir nahegelegt, doch neben dem Kindermärchen noch ein Stück für Erwachsene anzubieten.» Und auch hier hat sie nicht lange gezögert und sich ins Abenteuer gestürzt.
Die Familie unterstützt
Es stellt sich die Frage, ob Fattini bei so vielen Projekten nicht nervös ist. «Doch, natürlich, ich bin schon aufgeregt, jetzt, wo die Premieren näher rücken. Früher war ich einfach als Schauspielerin unterwegs und musste mich nur um mich und meine Rolle kümmern. Jetzt haben sich meine Aufgaben vervielfacht – das ist ein enormer Druck. Ich bin schliesslich dafür verantwortlich, dass dem Publikum unsere Darbietungen gefallen.»
Doch das managt sie mit einer gesunden Portion Optimismus: «Ich habe mir angewöhnt, weniger lang zu überlegen und einfach mal zu machen.» Viel Zeit zum Überlegen bleibt ihr ohnehin nicht. Denn neben der Theaterarbeit gibt es da ja auch noch die Familie. Die besteht aus Pirmin Huber, ihrem Ehemann – und seit anderthalb Jahren auch aus ihrem gemeinsamen Sohn Valerio.
Wie kriegt sie das nur alles unter einen Hut? Das Glück sei, dass Pirmin als Musiker andere Arbeitszeiten als sie habe. In den Hochphasen ihrer Arbeit, also im Herbst und Winter, übernehme er tagsüber viel von der Betreuungsarbeit. Auch Ramonas Eltern unterstützen die Familie. Und abends nach den Proben könne sie dann den Kleinen übernehmen und ins Bett bringen, während Pirmin Konzerte spielt.
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Die nächste Saison
Die kommenden Monate werden für die Familie Fattini also herausfordernd, aber auch erfüllend werden: «Es ist wahnsinnig schön zu sehen, wie viel Spass die Kinder in den Vorstellungen haben, wie sie kichern und mitfiebern.» Doch auch für die Erwachsenen spielt Fattini gerne – vor allem Komödien: «Natürlich mag ich auch Dramen. Aber in der jetzigen Welt finde ich es wichtig, den Menschen ein paar unbeschwerte Stunden zu bescheren und sie zum Lachen bringen zu können.»
Und was geschieht nach der Saison, wenn die rund 100 Vorstellungen von «Räuber Hotzenblotz» über die Bühne gegangen sind? Dann freue sie sich auf den Frühling und Sommer, wenn sie tagsüber wieder viel Zeit mit ihrem Sohn verbringen kann. Schliesslich muss sie dann «nur» noch die nächste Spielzeit vorbereiten. Ein Klacks für Fattini. Denn das, so lacht sie, «kann man prima im Homeoffice machen.»
Der Räuber Hotzenblotz
1. November 2025 bis 31. Dezember 2025
im THEATER AM HECHTPLATZ
25. März 2026 bis 3. Mai 2026
im BERNHARD THEATER




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