Die «Hönggermusik» erobert Neuland

Der Musikverein Zürich-Höngg stiess in seinem «Konzert in der Kirche» mit zwei Uraufführungen in neue Gewässer vor. Das Publikum war begeistert.

Dirigent Enrico Calzaferri beim Aufritt mit dem Musikverein Zürich-Höngg in der katholischen Kirche Heilig Geist. (Foto: Arthur Phildius)

Ein Artikel von Arthur Phildius

Sechs Werke von Schweizer Komponisten, von 1921 bis 2023: Wer in Höngg zwei echte Premieren erleben wollte, besuchte am vergangenen Wochenende eines der beiden Konzerte der «Hönggermusik» in der katholischen Kirche Heilig Geist. Schon die drei Startstücke boten vielfältigen Hörgenuss. Dafür sorgte der seit Januar neue Dirigent des Musikvereins, Enrico Calzaferri.

Jean-François Michels «Towermusic» war ein echter Auftakt. Fantastische Fanfaren baute auch Oliver Waespi für das Eidgenössische Blasmusikfest 2006 ein: «Fanfare and Funk.» Der Groove von Perkussion und E-Bass fuhr in die Glieder. 1912 bewegte ein doch sinkbarer Dampfer auch Stephan Jaeggi. Ihm verdanke man ein frühes «Programmwerk», so Moderator Marco Galli: Mit 18 erzählte Jaeggi die «Titanic»-Tragik musikalisch. Vom Bordleben über den Crash bis zum Untergang erklang alles effektvoll.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Nun kam neue Blasmusik von Schweizer Komponisten, beide 39, und von Musikvereinen für Wettbewerbe beauftragt. Beide Beiträge erreichten bisher kein Publikum. Das änderten Calzaferris Kontakte. Das Freiburger Blasmusikfest 2020 hatte Pandemie-Pech; «Arboria» vom Thurgauer Fabian Künzli blieb stumm.

Bis am Freitag in Höngg: Es tönte wie eine Collage: vielfältig in Melodien, Rhythmen, Stimmungen – sorgfältig ineinander verwoben. «Eine Uraufführung hat etwas Zauberhaftes!» strahlte Künzli. «Wenn die kreative Arbeit so weit zurückliegt, habe ich viel Distanz gewonnen.» Eine Premiere erfrische ihn: Andere Kreative machten etwas Eigenes daraus. «Ich mag das sehr.»

Das Publikum durchschütteln

«Out of the Dark» hat Benedikt Hayoz für die «Hönggermusik» fürs Zürcher Kantonale Blasmusikfest 2024 kreiert. «Mit diesem wilden Selbstwahlstück wollen wir das Publikum durchschütteln», so Calzaferri lachend. Wild? «Ja! Ein guter Film kann einen auch erschüttern. Das Leben ist nicht immer nur schön.» Tiefe Töne zählen weiter zur Klangsprache des Freiburgers Hayoz.

Von ihm bei Intensivproben neue Impulse zu erhalten, das half dem Verein: «Anfangs sieht man nur die Noten und hat noch keine Vorstellung vom Klang», meinte Co-Präsidentin Anita Stauffer. «Dadurch wird es sehr komplex», so Kollegin Fabienne Mergen. Hayoz schlüsselte seine Komposition wirksam auf: «Spätestens dann ging allen der Knopf auf und wir arbeiteten gerne dran», lächelte Stauffer.

Am Konzert griff alles ineinander. Der Weg von Basstiefen zu Höhenstrudeln der Klarinetten und Flöten überzeugte. Ergriffen von der Musik forderte das Publikum eine Zugabe. Das Korps liess «Dr Heimetvogel» über malerische Hügel fliegen.

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