Die älteste Nutzpflanze wächst im Rütihof

Auf einem Stück Land von Grün Stadt Zürich wird im Rütihof Hanf angepflanzt. Aus den Hanfsamen sollen Nahrungsmittel entstehen.

Roger Urs Bottlang vor seinem Hanffeld beim Rütihof. (Foto: das)

Wenn Roger Urs Bottlang von Hanf zu sprechen beginnt, gerät er ins Schwärmen. Der «Höngger» trifft ihn im Rütihof auf einem Feld – einem Hanffeld notabene. Hier baut Grün Stadt Zürich in Kooperation mit der Firma Harmonius GmbH in diesem Sommer Nutzhanf an. Eine ideale Gelegenheit, um sich über die Vorzüge dieser Pflanze auszutauschen. Und da hat Bottlang so einiges zu erzählen. Denn Hanf, so wird schnell klar, ist ein Multitalent.

Das Hanffeld beim Rütihof. (Foto: das)

Zunächst mal ist die Pflanze sehr vielseitig verwendbar – als Nahrungsmittel, als Faser für die Produktion von Textilien – und sogar Mercedes und Porsche profitieren davon. Sie verarbeiten Fasern und Hanfschäben zu Türverkleidungen und Armaturenisolationen. Sogar wer mit seinem Körpergewicht unzufrieden ist, kann zu Hanf greifen: Mit dem regelmässigen Konsum von einigen Esslöffeln Hanfsamen vor jeder Mahlzeit, so Bottlang, könne man einfacher sein Traumgewicht erreichen. Selbst Tiere profitieren vom Hanfkonsum – zum Beispiel in Form einer Wurmkur.

Die Menschen erkannten den Nutzen dieser Pflanze bereits sehr früh: «Hanf oder Sativa, wie er auf Lateinisch heisst, ist die älteste Kulturpflanze der Welt», erklärt Bottlang. «Schon vor 12 000 Jahren dienten Hanfsamen den Menschen als Nahrungsmittel. Und mit den Fasern wurden Seile und Kleider gefertigt.» Auch in Pyramidengräbern wurden bereits kleine Beutel mit Hanfsamen gefunden, die sogar noch keimfähig waren. Und Cleopatra badete in Hanföl für eine schöne und junge Haut.

Lange Zeit verboten

Heute ist Hanf ein absolutes Nischenprodukt. Nach Angaben des Bundesamts für Landwirtschaft wurden 2023 schweizweit 112 Hektaren Hanf angebaut. Eine verschwindend geringe Menge, vergleicht man sie etwa mit Weizen: Hiervon werden pro Jahr zwischen 70- und 80 000 Hektaren in der Schweiz produziert.

Das liege unter anderem daran, so Bottlang, dass der Anbau der Pflanze lange Zeit verboten war. Ab den 1920er-Jahren begann zuerst in den USA die Politik, Hanfanbau zu verbieten. Und das primär nicht etwa wegen der berauschenden Wirkung des Marihuanas, so erzählt Bottlang, sondern eher wegen der Konkurrenz zu synthetischen Fasern. Hanf als Droge habe lediglich als Vorwand gedient, um den Anbau zu stoppen.

Auch in der Schweiz wurde der Anbau von Hanf verboten. Erst gegen die Jahrtausendwende wurden die Gesetze wieder gelockert und die Produktion von Hanf wurde wieder erleichtert – sofern sich der THC-Gehalt in einem Wert von unter einem Prozent bewegt.

Hanfsamen als Nahrungsmittel

Nun wächst in diesem Sommer also auch im Rütihof Hanf. Angebaut wird der Hanf hier für die menschliche Ernährung. Vier Hektar gross ist das Feld, Ende Mai wurde der Hanf angepflanzt, bald ist er reif, dann werden die Samen geerntet. Der Ertrag liege in der Regel bei 300 bis 1000 Kilogramm Samen pro Hektar, erklärt Bottlang. Pflanzung, Pflege und Ernte erfolgen durch Grün Stadt Zürich, die Samen gehen dann zu Bottlang. Geerntet wird mit einem Drescher. Danach geht es schnell zum Trocknen und Reinigen, sonst verschimmeln sie in kürzester Zeit. Dann werden sie gelagert und bei Bedarf geschält.

Ein tofu-ähnliches Medaillon, das etwa für eine Bolognese oder ein Zürcher Geschnetzeltes verwendet werden kann, ist das jüngste Produkt, das aus dem hiesigen Hanf entsteht. Bottlang verkauft zudem auch rohe Hanfsamen, kaltgepresstes Hanfnussöl, hochwertiges Protein und zahlreiche weitere Produkte. Seine Mission ist es, die Pflanze wieder bekannter zu machen – als nachhaltiges und regionales, vielseitig verwendbares landwirtschaftliches Produkt.

Hanf – drei Nutzungen

Ernährung: enthält praktisch kein THC, reich an Eiweiss, Omega-Fettsäuren und Mineralstoffen. Grundlage für Samen, Öl und pflanzliche Proteine.

Medizin: spezielle Sorten mit höheren Gehalten an THC (psychoaktiv) oder CBD (nicht berauschend, therapeutisch wirksam).

Industrie: liefert Fasern und Holz für über 1000 Anwendungen – von Textilien und Baustoffen bis zu Papier und Bioplastik.

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