Desperado soll wieder ein Treffpunkt werden

In letzter Zeit hatte sich das Desperado von der Höngger Stammkundschaft entfremdet. Nun ist ein alter Bekannter zurück und will die ehemalige Mülihalde wieder in eine «Beiz für alle» verwandeln.

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Sascha Dietze ist zurück im Desperado und wieder für das Quartier da.

Die Stühle stehen noch auf den Tischen, der Koch ist bereits da und nimmt eine Lieferung entgegen, bald beginnen die Vorbereitungen für den Mittagsservice im Desperado am Zwielplatz. Sascha Dietze lässt schnell zwei Kaffees raus, dann geht es los.
Ein Unbekannter ist der Wahlhöngger im Quartier nicht: Bis vor drei Jahren führte er das Desperado selber, dann lockte ihn ein spannendes Angebot ins Quai 61 an den Zürichsee. «Die drei Sommersaisons waren eine intensive und sehr lehrreiche Zeit für mich», erzählt der leidenschaftliche Gastronom, «aber ich musste feststellen, dass keine Zeit mehr für meine Familie blieb, und das wollte ich so nicht mehr». Deshalb benötigte er nicht viel Bedenkzeit, als diesen Frühling die Anfrage der mexikanischen Restaurant-Kette kam, ob er nicht wieder als Geschäftsführer in Höngg tätig sein wolle. «Ich habe die Entwicklung im Quartier natürlich verfolgt, die Leute sprachen mich auch darauf an, dass sich der ehemalige Treffpunkt negativ verändert habe», erzählt Sascha. Das tat dem Vollblutgastgeber persönlich weh: «Es wurden einige Fehler gemacht, als ich weg war. Wir arbeiten nun daran, diese wieder zu korrigieren». Unterstützung erhält Sascha dabei von CEO Stefano Alborghetti, einer professionellen Marketingabteilung – und seinem alten Team, dem auch frühere Angestellte angehören, die er wieder für das Desperado rekrutieren konnte. «Die neue Richtung, die mit dem Relaunch eingeschlagen wurde, möchten wir weitergehen», sagt Sascha. Die leichten, gesunden Gerichte entsprächen einem Kundenbedürfnis, aber auch einige der Klassiker sollen einen Platz auf der Karte finden. Das Umweltkonzept mit kompostierbaren Materialien und ohne Plastikröhrchen wird weitergeführt und die Ausstattung, zum Beispiel im Bereich Technik, Schritt für Schritt modernisiert. «Wir sind auch mit der Stadt im Gespräch, denn wir sind der Meinung, dass dieses Denkmalgeschützte Gebäude auch gepflegt werden sollte». Noch eine frohe Botschaft: Auch die Lounge soll wieder einen Platz im Lokal finden.

Meister der Synergien

Doch was hat Sascha dazu bewogen, wieder nach Höngg zurückzukommen? «Erst einmal bin ich natürlich sehr mit meinem Wohnquartier verwurzelt, lebe und liebe hier, pflege auch gerne Nachbarschaften», meint der gebürtige Deutsche. Beruflich überzeuge ihn die Grösse des Lokals, mit dem grossen Saal und dem Zunftsaal im oberen Stock seien es über 300 Plätze, dazu komme noch die Terrasse. Ausserdem habe es ihn schon früher fasziniert, dass das Quartier eigentlich als Dorf in der Stadt funktioniere. «Das ist auch die Herausforderung: Das Desperado gehört zu einer Kette, muss aber auch auf die individuellen Bedürfnisse der Anwohner*innen eingehen können, ein anonymes Restaurant bringt es hier schlicht nicht». Seine Vision ist ein Familienrestaurant, in dem auch grosse Gruppen Platz finden, und wo das südamerikanische Flair auch ein wenig rüberkommt. «Der grosse Saal soll wieder für alle geöffnet werden, schliesslich hat der eine lange Tradition, weit vor unserer Zeit». Sascha hat Kontakt mit allen Vereinen des Quartiers aufgenommen, steht in Kontakt mit der Zunft und auch mit der ETH. Am Wümmetfäscht wird sich das Desperado seit 15 Jahren zum ersten Mal wieder mit eigenen Ständen beteiligen und stellt auch den Vereinen die Bühne für ihre Aufführungen gratis zur Verfügung. «Gerade sind wir auch dabei, einen Brunch für am Sonntag anzudenken, wenn möglich mit Kinderprogramm, damit die Eltern auch einmal in Ruhe einen Kaffee trinken können», sagt Sascha, selber Vater von zwei Kindern. Dass da genügend Kindersitze ins Lokal gehören, ist selbstverständlich. An Ideen mangelt es dem neuen Chef jedenfalls nicht, und an Motivation auch nicht: «Ich freue mich sehr, zurück zu sein und unser Restaurant wieder zu einer Beiz für alle zu machen», sagt Sascha und muss los, die Arbeit ruft.

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