Der Kampf gegen die Elemente

Unsere Redakteurin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, wie viel Nerven das Wetter manchmal kostet. Und wie gut es trotzdem tut, es zu spüren.

Dagmar Schräder liebt es zu schreiben. (Foto: Jina Vracko)

Es windet. Ziemlich fest. Schon zum dritten Mal innerhalb einer Woche. Kein richtiger Sturm, einfach so ein kräftiger Wind mit abgebrochenen Ästen und umhergewirbelten Gartenstühlen. Nichts wirklich Schlimmes. Aber ich hab ja nun mal meine Hühner. Und die leben seit November unter einem Netz. Die Vogelgrippe, Sie wissen schon. Dieses Netz habe ich eigenhändig mit einer Freundin gespannt. Also Pfosten eingeschlagen und befestigt und dann ein Netz drüber gespannt. Klingt stabil, ist es aber nur bedingt. Weil meine handwerklichen Skills doch eher etwas begrenzt sind. Also haben wir ein bisschen gebastelt. Zusammengeschustert. Stundenlang gearbeitet, immerhin zu zweit, das hat sogar ein bisschen Spass gemacht.

Aber dieser doofe Wind kennt kein Erbarmen mit unserer Bastelei. Zwei, drei kräftigere Windstösse und die Pfosten fallen um wie Streichhölzer und reissen das Netz mit sich. Die Hühner sind jetzt eingeklemmt. Verstehen die Welt nicht und kucken nicht ganz so schlau aus den Federn unter ihrer Netzdecke. Also versuche ich, das Problem zu beheben. Im peitschenden Regen und Sturm (so fühlt es sich für mich jetzt jedenfalls an) muss ich die Pfosten wieder aufrichten und ihn im Erdboden befestigen. Ich komme mir vor wie eine Matrosin auf hoher See, die den Segelmast sichern muss, um das Schiff vor einem Schiffbruch zu bewahren. Nur dass weit und breit kein Kapitän in Sicht ist, der mich unterstützt.

Eine kräftige Böe kommt auf, der Pfosten wird mir wortwörtlich aus den Händen gerissen. Er fällt zu Boden und mit ihm das ganze Netz. Ich muss meinen Ärger ziemlich laut Luft machen, das wirkt befreiend. Natürlich läuft gerade jetzt ein Spaziergänger vorbei. Er dreht sich erstaunt nach der Quelle der nicht salonfähigen Äusserungen um. Aber Hilfe leistet er keine. Also muss ich allein weitermachen.

Mittlerweile bin ich richtig wütend. Das Universum will mich auf die Probe stellen, das spüre ich. Aber ich gebe nicht auf. Beim dritten Versuch klappt es. Das Netz lässt sich jetzt wieder spannen, die Hühner tauchen wieder auf. Ich zurre alles fest, so gut es geht. Fertig. Voll verdreckt und abgekämpft kann ich mich auf den Heimweg machen. Mittlerweile ist auch der Wind abgeklungen, die Sonne kommt raus. Ein wunderschöner Frühlingstag ist es, ganz plötzlich. War ja klar, jetzt, wenn ich fertig bin. Will das Universum mich auslachen?

Ich laufe durchs Quartier und wirke bestimmt wie ein Wesen aus einer anderen Welt. Aber ich bin nicht mehr wütend. Schliesslich habe ich mich gerade gegen die Elemente behauptet. Fühlt sich irgendwie gut an. In der Sonne spazieren kann schliesslich jede*r. Aber ich hab mir den Frühlingstag jetzt so richtig verdient.  

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