Der Garten muss warten

In den Gartenkursen der Gesellschaft für Schülergärten Zürich erhalten rund 650 Schüler*innen der zweiten und vierten Klasse die Möglichkeit, verschiedene Gartenarbeiten zu erlernen und ein eigenes Beet zu bewirtschaften. Die meisten Setzlinge sind in der Erde, die Kinder müssen sich aber noch gedulden, denn dieses Jahr ist alles anders.

Statt Kinder besucht ein Entenpaar den Schülergarten Pünten.
Die Beete wären bereit.
Kohlrabi, Salate und Rüebli sind schon in der Erde.
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Die Mauersegler fliegen kreischend ihre Formationen, und in der Ecke des Gartens hat sich ein Entenpaar hingehockt. Der Zwetschgenbaum verspricht eine fette Ernte, unter ihm blüht ein grosser Rhabarberstrauch prächtig. Plötzlich schleicht eine Katze um die Ecke und die Vögel, die sich vom menschlichen Besuch zuvor nicht beeindrucken liessen, suchen rasch das Weite im Schülergarten Pünten.
«Die Kinder würden so gerne zum Gärtnern kommen», sagt Yvonne Muggler, Leiterin des Schülergartens Pünten und seit diesem Jahr Präsidentin der Gesellschaft für Schülergärten Zürich (GSG). «Pünten» ist ein alter Begriff für einen Familien- oder Schreber-Gemüsegarten. 25 Gärten in der ganzen Stadt verteilt werden von jeweils einer bis zwei Leiter*innen betreut. Erst kürzlich kamen die Schulen Pfingstweid und Schütze im Kreis 5 dazu. In Höngg verfügt neben dem Schulhaus Pünten auch die Schule Riedhof über einen Schülergarten.

Wie schnell alles wächst

Die Radieschen wären bereit zum Ernten und die Kohlräbli zeigen bereits einen kleinen Bauch. Dieses Jahr hatten sich 24 Kinder für das Freifach im Schülergarten Pünten angemeldet. Jedes bewirtschaftet ein eigenes Beet, in dem Kartoffeln, Rüebli, Salat und eben Kohlrabi und Radieschen wachsen. Auf kleinen Schildern stehen die Namen der kleinen Gärtner*innen. Nächste Woche werden die Sellerie- und Lattich-Setzlinge geliefert, neu beziehen die Leiter*innen diese von der Stadtgärtnerei. «Manchmal lugen die Kinder durch die Zaunmaschen, wenn ich im Garten arbeite, und staunen, wie schnell alles wächst», erzählt Muggler, die selber auf einem Bauernhof aufwuchs und eine von Klosterfrauen geführte Bäuerinnenschule besuchte, bevor sie schliesslich eine Laufbahn als medizinisch-technische Angestellte mit Weiterbildung zur Arzt- und Chefarztsekretärin in den drei Stadtspitälern einschlug. In einem gewöhnlichen Jahr würden die Schüler*innen zusammen die Setzlinge in die Erde bringen, jäten, die Pflanzen wässern und Kompost ansetzen. Ausserdem würden sie das Wichtigste zum sicheren Umgang mit Gartengeräten, aber auch mit giftigen Pflanzen lernen und erfahren, was sie bei Insektenstichen und Zeckenbissen tun können.

Erst am 8. Juni können die Kinder kommen

Doch dieses Jahr ist kein gewöhnliches Jahr. Der Antrag, bereits am 11. Mai mit den Gartenkursen beginnen zu dürfen, wurde abgelehnt. Erst am 8. Juni dürfen die Kinder wieder in den Garten kommen, in Vierergruppen und immer dieselben vier zusammen und mit einem Abstand von zwei Metern. In 15-Minuten-Slots können sie gärtnern, «ich werde sie deshalb in sogenannte Erntegruppen einteilen, denn bis dahin werden die Gartenleiter*innen praktisch alle Setzlinge gepflanzt haben, und für viel mehr reicht die Viertelstunde nicht», meint Muggler. Im Juni können die Schüler*innen wenigstens die Tomaten setzen, vor den Sommerferien schliesslich den Mais, die Bohnen und Pflücksalat. «Die Kinder zahlen 100 Franken für die Saison von April bis zu den Herbstferien – der gesamte Gemüse- und Kräuterertrag gehört ihnen». Sie ist ein bisschen traurig, dass dieses Jahr nichts aus dem Kurs wird. «Es ist einfach wunderbar mit Kindern zu arbeiten», sagt die Leiterin. «Sie sind unkomplizierte und wissbegierige Frohnaturen und wollen alles immer ganz genau wissen. Und wenn man es ihnen gut erklärt, verstehen sie es auch und vergessen es nicht». Dann blickt die Frau, die selber sehr wissensdurstig ist, über den Garten und sagt leise zu sich selber: «So, da wartet Arbeit auf mich».

Die Gesellschaft für Schülergärten finanziert sich aus den Beiträgen der Eltern, privaten Spenden und einem Beitrag der Stadt Zürich. Diese Mittel werden ausschliesslich für eine bescheidene Entschädigung der Leitenden sowie für den Unterhalt der Gärten eingesetzt.

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