Den Höngger Wald von Abfall befreit

Zum rund 20. Mal fand am vorletzten Mittwoch der beliebte, jährliche Waldputzvormittag statt. Auch zwei Höngger Schulklassen nahmen am von Grün Stadt Zürich organisierten Anlass teil und sammelten im Höngger Wald achtlos weggeworfenen Abfall ein.

Die Vogtsrain-3.-Klässler von Lehrerin Marianne Baumgartner (hinten links) in der «Sammelhalbzeit». Regula Guyer (hinten rechts) erzählte ihnen Wissenswertes über Abfall.
Nicht nur auf den Waldwegen, sondern auch daneben wurde der achtlos weggeworfene Abfall eingesammelt.
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Ein kalter Mittwochmorgen, kurz nach neun Uhr. Emsig wuseln Schülerinnen und Schüler warm gekleidet in kleinen Gruppen durch den Wald und halten Ausschau nach allem, was nicht in die Natur gehört. Zwei Schulklassen aus den Schulhäusern Am Wasser und Vogtsrain sind aus Höngg unterwegs. Die Zweierteams sind mit einem Abfallsack und durchsichtigen Einweghandschuhen, die sie über ihre eigenen Handschuhe gestreift haben, ausgerüstet und werden schnell fündig – nicht nur auf den Waldwegen, sondern auch an den Bachläufen und im Dickicht.

Was machen Kokosnüsse im Wald?

Viele gebrauchte Nastücher, Aludosen, Petflaschen, Glasflaschen, Zeitungen, unzählige Zigarettenstummel und eine alte, schmuddelige Wolldecke gehören zur Ausbeute, die vor der Znünipause um 10 Uhr zum Treffpunkt bei der Holderbachhütte getragen wird. Seltsam mutet auch der Fund von unzähligen, halbierten Kokosnüssen an – wer die wohl illegal entsorgt hat? «Wir haben zudem eine alte Znünibox gefunden, die war wahrscheinlich irgendein Geheimversteck. Wir haben sie auch entsorgt », erzählt die achtjährige Sarah, die im Schulhaus Vogtsrain die dritte Klasse besucht und findet «Dä Wald mues suuber si!» Zusammen mit den 20 Mitschülern ihrer Klasse nimmt sie begeistert am Waldputzanlass teil. Der neuneinhalbjährige Nadim kennt den Wald, ist er doch beim Cevi Züri 10 und findet es «toll, wänni Tierli gseh, und ich wott nöd, dass sie wägem Abfall chrank werded!» Dies ist das grösste Anliegen der jungen Abfallsammler: Sie wollen nicht, dass die wehrlosen Tiere unter dem Müll leiden müssen. Ein Mädchen, welches bei der Pfadi dabei ist, kennt den Wald ebenfalls gut: «Es ist schrecklich, wenn Tiere wegen gefressener Aludosen-Teile an inneren Verletzungen sterben. Das will ich nicht!» Dies ist schnell der Fall, wie Regula Guyer, Naturpädagogin in der Waldschule Hönggerberg, den Kindern zu Beginn erklärte: «Nur schon der Verschluss einer Aludose kann einen Vogel tödlich verletzen, wenn er ihn schluckt. Liegengelassene Essensreste können Tiere zudem krank machen.»

Stinkender Abfallberg

Bei der Holderbachhütte haben sich derweil viele stinkende Abfallsäcke angesammelt, die dann vom Waldrevier Nord abgeholt werden. «Wäh, muesch mal cho schmöcke, wie dä stinkt!» – «Ou nei, lieber nöd!», sind Sätze, die sich die Kinder zuwerfen. So schlimm scheint es aber nicht zu sein, essen sie doch hungrig ihren mitgebrachten Znüni, manche auch einen «Spezialznüni»: «Sonst habe ich nicht so viel dabei, aber für heute hat mir mein Mami Popcorn und Malbuner eingepackt», so ein Schüler. Frisch gestärkt geht es dann auf die zweite Sammelrunde des zweistündigen Waldputzeinsatzes. Auch Positives finden die Kinder: In allen Gewässern sehen sie Froschlaich, sie hören einen Specht klopfen und unzählige Vögel singen. Ein Reiher hat gar einen Fisch gefangen. «Fische sollte es in dem kleinen Weiher hier aber nicht haben, wahrscheinlich sind es wieder einmal ausgesetzte – sie fressen den Froschlaich und behindern so die Fortpflanzung der Frösche. Wer Fische aussetzt, tut der Natur gar keinen Gefallen», informiert Regula Guyer.

Total 75 Klassen, über 1500 Schüler

Am «Waldputz» sind die Naturschulen, die Waldreviere Üetliberg und Zürich-Nord sowie die Wildschonreviere von Grün Stadt Zürich beteiligt. Das Einsammeln und Entsorgen des Abfalls an den Depots übernehmen die Forstreviere. Mitmachen können Schüler von der dritten bis zur sechsten Klasse aus dem ganzen Stadtgebiet – diesmal waren 75 Klassen in den Zürcher Wäldern unterwegs, gesammelt haben sie insgesamt 1350 Kilogramm Abfall. Gesammelt wurden stadtweit ein Einkaufswagen, ein Grill, ein Reisepass, ein Laptop, eine Reisetasche und gar ein Tresor. Jedes Jahr findet der Waldputzmorgen Anfang Frühling statt, da dann noch keine bodenbrütenden Vögel und Rehe in ihrer Setzzeit gestört werden, zudem wächst noch nicht so viel, und man sieht den Abfall besser. «Wenn die Büsche bis unten zugewachsen sind, dann wird es mit dem Suchen schwer», so die Naturpädagogin, die sich den Schülern als Stellvertreterin der Tiere und der Natur vorstellte. «Die Tiere und die Natur können sich nicht wehren, deshalb braucht es die Sensibilisierung von Kindern schon im frühen Alter. Wir wollen nicht mit dem Mahnfinger kommen, es genügt, wenn wir den Kindern erzählen, was liegengelassener Abfall für Folgen hat – dann ist es für sie ganz logisch, ihn gar nicht erst fallen zu lassen.»

Das lange Leben von Abfall in der Natur
Nastücher: 3 Monate
Bananenschale: 3 Monate
Zeitung: 3 bis 12 Monate
Zündholz: 6 Monate
Zigarettenstummel: 1 bis 2 Jahre
Kaugummi: 5 Jahre
Aludose: 100 Jahre
Feuerzeug: 100 Jahre
Petflasche: 100 bis 1000 Jahre
Kreditkarte: 1000 Jahre
Glasflasche: 4000 Jahre