Das Vereinsleben erwacht

Lange stand die Schweiz still. Mit dem Lockdown wurde auch das Vereinsleben jeglicher Art auf ein absolutes Minimum reduziert. Nun wird es Schritt für Schritt wieder zum Leben erweckt. Der «Höngger» hat sich mit einigen Höngger Vereinen getroffen und über die Auswirkungen der vergangenen Zeit sowie die nächsten Schritte und die Zukunft der Vereine unterhalten.

Die Sportanlage des TVH ist brandneu und bereit für den Betrieb.
Das Musical Heicho konnte gerade noch vor der Pandemie durchgeführt werden.
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Kein Fussball, kein Turnen, keine Musikproben, keine Pfadi, kein Theater, keine Naturbegehung, kein Gesang, kein gar nichts. Das Vereinsleben hat, wie viele andere Aspekte des Lebens arg gelitten in der Coronazeit. Der Zweck fast jedes Vereines ist es, Menschen mit derselben Leidenschaft zusammenzubringen. Doch das Konzept «Menschen zusammenbringen» lässt sich leider nicht wirklich mit einer Pandemie vereinbaren. Die Folge: jegliche Vereinsaktivitäten und Veranstaltungen wurden gestrichen. Der «Höngger» musste kurzerhand sogar den Veranstaltungskalender komplett streichen, da es schlichtweg keine Veranstaltungen gab. Mittlerweile werden die Massnahmen jedoch gelockert. Mit jedem Lockerungsschritt werden auch die Bedingungen für das Vereinsleben verbessert. Immer mehr können nun den Betrieb wieder teilweise oder sogar vollständig aufnehmen.

Fussball auf dem «Hönggi»

Der SV Höngg ist ein Traditionsverein und tief verankert im Quartier. Auch neben dem Fussballsport pflegt der Verein ein intensives Vereinsleben. Seit dem 16. März aber ging gar nichts auf dem «Hönggi». «Das gesamte Vereinsleben war von einem auf den nächsten Tag stillgelegt. Es gab keine Trainings, keine Spiele und natürlich war auch die Vereinsbeiz geschlossen, die dem ganzen Verein als Treffpunkt diente», erzählt Martin Gubler, Präsident des SV Höngg.
Neben dem normalen Spielbetrieb sind der Pandemie aber auch andere Veranstaltungen des Vereins zum Opfer gefallen. So musste gemäss Gubler auch der traditionelle Martin Cup abgesagt werden. Weitere Veranstaltung wie der Sponsorenlauf und die GV mussten verschoben werden. Das Wegfallen des Martin Cup’s sowie die geschlossene Vereinsbeiz bedeuten natürlich auch finanzielle Einbussen. Gubler ist aber dennoch zuversichtlich: «Der SV Höngg ist trotz der Coronakrise finanziell in einer stabilen Lage. Der Verein hat eine gesunde Finanzstrategie und nie übermässig viel investiert. Ausserdem können wir auch auf die grosse Solidarität von unseren Trainer*innen und Sponsoren zählen, die uns in dieser Zeit unterstützt haben.»
Ab dem 15. Juni wurde nun der Spielbetrieb und die Beiz unter Berücksichtigung von entsprechenden Schutzkonzepten wieder hochgefahren. Alles in allem hat der SV Höngg die Krise bisher gut gemeistert und kann nun positiv in eine hoffentlich krisenfreiere Zukunft blicken.

Turnverein hofft auf Ende der Krise

Neben dem SV Höngg gibt es mit dem Turnverein Höngg noch einen weiteren grossen Verein auf dem «Hönggi». Ruth Stössel, langjährige Präsidentin der Frauenriege des Turnvereins und auch jetzt noch sehr aktiv für den Verein, gab dem «Höngger» Auskunft über die Auswirkungen von Corona. «Wie alle Vereine mussten auch wir unsere Veranstaltungen absagen. So fielen unter anderem der «schnellste Zürihegel», die Maiwanderung der Männerriege und der Frühlingsausflug der Frauenriege der Pandemie zum Opfer», erklärt Stössel im Telefongespräch.
Finanziell ist mit Problemen zu rechnen, da verschiedene Einnahmequellen wegfielen. «Es wird eng werden 2020. Wir hatten keine Einnahmen wegen des Ausfalls des «Schnellsten Zürihegels» und sonstigen Anlässen, keine Einnahmen aus der Vermietung des Turnerhauses und auch keine Wirtschaftseinnahmen aus den Riegen», sagt Stössel.
Parallel zu wegfallenden Einnahmen blieben die Fixkosten für den Unterhalt des Turnplatzes und die Beiträge an die Verbände bestehen. Zusätzlich kam mit der Erneuerung und Sanierung der Sportanlage auf dem Hönggerberg auch noch eine grosse Investition hinzu. Eine zweite Pandemiewelle könnte deshalb negative Folgen haben.
Alles in allem bleibt Stössel aber positiv: «Ein Teil der Jugendriege hat den Turnbetrieb unter Schutzauflagen bereits wieder aufgenommen. Die neue Anlage ist bald fertig und wir sind alle sehr motiviert, jetzt den Betrieb wieder aufzunehmen zu können.»

«Das isch ja heiter worde»

Auch der Theater-Verein Zürcher Freizeit-Bühne (ZFB) war von der Krise betroffen. Nur eine Woche vor der Hauptprobe für ihr neues Stück «Das cha ja heiter werde» legte die Coronapandemie alles still. Mehr als ein halbes Jahr Vorbereitung und Proben wurde im Keim erstickt. Ein riesen Frust für Vreni Jenni, die Präsidentin des Vereins: «Natürlich waren alle Vereine von der Pandemie betroffen. Aber für uns hätte der Zeitpunkt wirklich nicht ungünstiger sein können».
Dennoch hatte die Freizeit-Bühne Glück im Unglück. «Finanziell haben wir keine fundamentalen Probleme. Wir mussten keine Miete für den Lastwagen und das Kirchgemeindehaus bezahlen, wir konnten alle Getränkebestellungen stornieren und auch die Tantiemen und Bewilligungen wurden uns erlassen. Wir kamen also gerade noch gut durch die Krise, ohne ein grosses finanzielles Loch», sagt Jenni.
Das geplante Stück soll nun vom 25. bis 28. März 2021 nachgeholt werden. Den Protagonisten bleibt also genug Zeit, um die bereits vorbereiteten Aufführungen noch einmal aufzufrischen und einzuüben.

Ein krisenresistentes Konzept

Einen etwas glücklicheren Zeitpunkt für die Aufführungen hatte der Verein Musicalprojekt Zürich 10. Der Verein konnte sein Musical «Heicho» gerade noch vor dem definitiven Lockdown aufführen.
Nicole Meier, Co-Präsidentin des Vereins gibt darüber Auskunft: «Als wir unsere Aufführungen hatten, wurden gerade erste Massnahmen wie Personenbeschränkungen und eine empfohlene Abstandsregelung eingeführt. Da wir jedoch die damals beschlossene Personenanzahl nicht überschritten und die Abstandsregel noch nicht gesetzlich Pflicht war, konnten wir unser Musical dennoch aufführen».
Die ersten Auflagen des Bundes hatten aber trotzdem Auswirkungen auf die Vereinskasse. «Besonders ältere Leute blieben zu diesem Zeitpunkt bereits vermehrt zu Hause. Da diese Personen meist auch finanziell etwas stabiler sind als junge Erwachsene hat sich das auf den Konsum und die Kollekte ausgewirkt», erklärt Meier. Der Verein hat die Lockdownphase nun genutzt, um ein neues krisenresistentes Konzept zu entwickeln.
«Einen Totalausfall des Musicals können wir uns nicht leisten, denn bereits mit der ersten Welle der Pandemie hatten wir finanzielle Einbussen. Deshalb mussten wir uns etwas überlegen, wie ein solcher Totalausfall verhindert werden könnte», erklärt Meier. Doch wie sieht das Konzept aus?
«Dieses Jahr wollen wir wieder ein Stück selber schreiben. Das Überthema lautet: «Leben und Tod». Es wird keine Rahmenhandlung wie in den vergangenen Jahren geben, sondern es soll eine Art «Patchwork» von verschiedenen Szenen und Bildern zu unserem Überthema entstehen. Dazu werden wir mit Teilnehmenden, die sich dafür interessieren, ein Kreativteam bilden, welches das Stück, die Lieder und die Choreografien gemeinsam auswählt, erarbeitet und vermittelt.»
Dadurch, dass das Musical so nicht einem einzigen Handlungsstrang folgt und es keine Hauptrollen gibt, könnte man dann gemäss Meier auch einzelne Teile des Stückes individuell einüben und aufführen und flexibler reagieren, falls es zu einer zweiten Welle der Pandemie kommen sollte.
Das Musical soll im März des kommenden Jahres aufgeführt werden. Es warten also mit der Theateraufführung «Das cha ja heiter werde» der Zürcher Freizeit-Bühne und dem Musical zum Thema «Leben und Tod» des Musicalprojekt Zürich 10 zwei spannende Projekte auf Höngg.

Dämpfer für die Gospelsingers.ch

Neben Sport, Theater und Musicals ist auch der Gesang in der Coronazeit verstummt. Die Gospelsingers.ch sind einer der betroffenen Vereine. Der Lockdown hat die Entscheidungen der kurz bevorstehenden Generalversammlung «eingefroren» und den intensiv vorbereiteten Workshop vom März zum Stoppen gebracht. Regula Ilg von den Gospelsingers.ch bedauert diesen abrupten Dämpfer durch die Pandemie sehr: «Bei diesem Workshop wäre etwas ins Rollen gekommen und wir haben uns sehr darauf gefreut. Nun versuchen wir, Teile davon in den Herbst zu retten.»
Das soziale Vereinsleben stand also wie bei allen anderen Vereinen still. Der Austausch der Vereinsmitglieder beschränkte sich vorwiegend auf private Kontakte. Im Hintergrund fanden jedoch im Mai Vorstands- und Musikkommissionssitzungen per Videokonferenz statt, um die nahe und fernere Zukunft «nach Corona» aufzugleisen.
Finanziell gab es bei den Gospelsingers.ch bisher keine Probleme, da sich die Fixkosten ohne Probebetrieb in Grenzen halten. Es könnte aber ein grundlegendes Thema werden, falls die Proben wieder in geplanter Anzahl stattfinden und die Auftritte und Konzerte im Herbst nicht oder nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden könnten.
Der Betrieb wurde bei den Gospelsingers.ch seit dem 8. Juni wieder aufgenommen. Einige Chormitglieder bleiben jedoch aus Sicherheitsgründen noch zu Hause. Auch beim Chorgesang gibt es spezielle Schutzauflagen für den Betrieb: «Wir haben uns intensiv mit dem Schutzkonzept der schweizerischen Chorvereinigung auseinandergesetzt. Wir halten uns an die Empfehlungen, auf <spuckintensive> Einsingübungen zu verzichten und die Tasten des Klaviers vor und nach Gebrauch zu desinfizieren», erklärt Ilg.
Die generellen Coronaregeln sind für Ilg und die anderen Gospelsingers eine Herausforderung, besonders im Hinblick auf allfällige Jahreskonzerte im November: «Gospel lebt zu einem gewissen Grad von Nähe, Zusammenstehen und geteilter Freude während des Singens. Das würde mit zwei Metern Abstand bei den Konzerten natürlich eine Herausforderung darstellen.»

Zwischen finanziellen Sorgen und grossen Erwartungen

Bei diesem Blick hinter die Kulissen einiger Höngger Vereine hat sich gezeigt, dass viele Vereine Ähnliches durchgemacht haben. Zwar wurden nicht alle im gleichen Ausmass von der Krise betroffen, aber es haben die meisten in einer gewissen Form Verluste hinnehmen müssen. Sei dies in finanzieller Hinsicht oder auch im allgemeinen einen Verlust der sozialen Interaktion, die alle gemeinsam haben.
Andererseits hat sich aber auch gezeigt, dass sehr viel Solidarität und Optimismus in all diesen Vereinsstrukturen vorhanden ist und die Mitglieder, aber auch aussenstehende Personen den Vereinen durch diese Krise helfen, so gut es geht. Natürlich gibt es in Höngg noch viel mehr Vereine, ein einzelner Artikel kann nicht das Vereinsleben in seinem vollen Umfang beschreiben. Jeder Verein hat seine eigene Geschichte und ist eine wichtige Stütze des gesamten Zusammenlebens im Quartier.
Es bleibt zu hoffen, dass das Höngger Vereinsleben in all seiner Vielfalt so bestehen bleibt und schon bald alle Vereine wieder ihren geregelten Betrieb in vollem Umfang aufnehmen können. Die Erwartungen der Verantwortlichen und den Mitgliedern an eine baldige Rückkehr sind jedenfalls riesengross.

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