Die Flüchtigkeit der Zeit

Unsere Redaktorin Dagmar Schräder schreibt über die grossen und kleinen Dinge des Lebens. Heute darüber, wie man seine Freizeit sinnvoll nutzt. Oder?

Die Krux mit der Zeit. (Symboldbild Pixabay / «darksouls1»)

Kennen Sie das? Da hat man plötzlich und ganz unverhofft ein ganzes Wochenende nichts zu tun. Keine Termine, keine Verabredungen, keine Deadlines, um die man sich kümmern muss. Klar, die üblichen Verdächtigen, der Haushalt, die Kinder, die Tiere, die sind immer noch da und fordern ihre Aufmerksamkeit ein, aber sonst… nix.

Am Freitagabend schon bin ich also ganz enthusiastisch, denn mit so viel frei verfügbarer Zeit könnte man ja auch wirklich viel anfangen. Also fängt das Planen an: Soll ich morgen vielleicht früh aufstehen, alles erledigen und dann mit einem Kaffee nochmals gemütlich zurück in die Federn? Oder ausschlafen, solange es geht? Ich könnte auch das gute Wetter nutzen und mit den Kindern was Tolles unternehmen. Oder einfach blöd vor der Glotze abhängen? Nein, das wäre unverantwortlich, Sport ist selbstverständlich viel besser. Im äussersten Notfall könnte ich die Zeit natürlich auch dazu nutzen, um endlich mal all die Dinge zu tun, die ich seit Monaten vor mir herschiebe.

Nun gut, die Detailplanung erübrigt sich vorerst bis auf weiteres, ich schlafe einfach vor dem Fernseher ein, ohne einen Wecker gestellt zu haben und die existentiellen Fragen endgültig beantwortet zu haben. Und wache am Samstag so spät auf, dass die Variante mit dem frühen Erledigen aller Dinge schon vom Tisch ist. Aber immerhin bin ich jetzt ausgeschlafen. Ein kleines bisschen Stress mischt sich nun allerdings auch in die Begeisterung: Das Wochenende ist schon im vollen Gange und der Plan ist noch nicht gemacht? Naja, erst mal Kaffee trinken, man will ja nichts überstürzen. Allerdings muss ich dazu jetzt erst mal abwaschen, alle Kaffeetassen sind dreckig. Für die Spülmaschine fehlen die Tabletten. Also in den nächsten Laden, das Nötigste besorgen, dann Tasse abwaschen, Kaffee kochen. Eine Stunde ist verstrichen. Aber jetzt. Achtung, fertig, Wochenende.

Wobei – erst mal müssen nun ganz dringend die Tiere versorgt werden. Hühner raus, Kaninchen gefüttert, Katzen gestreichelt. Ach, der Rasen ist in den letzten Tagen enorm gewachsen. Kurz mähen vielleicht? Der doofe Rasenmäher spielt da leider nicht mit. Lässt sich zwar anstellen, tuckert dann aber nur so ein bisschen ohne Power vor sich hin und säuft wieder ab. Eine weitere Stunde Wochenende dem Projekt Rasen geopfert – und etwas Frust angesammelt.
Die Mittagszeit ist schon vorüber. So langsam kriechen auch die Kinder aus ihren Schlafkojen, der Hunger treibt sie in die Küche. Also kochen. Abwaschen. Einkaufen… Mann.

Noch einmal kurz spazieren, die Tochter zum Fussball begleiten, erneut Nahrungsmittel zubereiten – und urplötzlich ist es Sonntag. Nix gemacht – und schon wieder viel zu spät für alles, was noch nicht erledigt ist. Wo ist nochmals das Wochenende hin? 48 Stunden sind ja ein Witz. Ich plädiere für eine Verdoppelung der Wochenendzeiten. Obwohl, das würde wahrscheinlich gar nichts ändern. Sondern das Problem nur verlagern.

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