Corona und der Gemeinderat

Am 15. März informierte der Gemeinderat der Stadt Zürich darüber, dass seine Plenumssitzungen bis auf Weiteres abgesagt seien. Wie läuft der politische Betrieb in Zeiten von Corona weiter?

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Nachdem die Frühjahrssession der eidgenössischen Räte abgesagt worden war, hat die kantonale Gesundheitsdirektion auch die vorgängig erteilte Bewilligung für die Durchführung der Ratssitzungen in der Halle 7 der Messe Schweiz (Zürich) AG widerrufen, meldete das Büro des Gemeinderats am 15. März. Damit finden bis auf Weiteres keine Plenumssitzungen des Gemeinderats mehr statt. Welche Folgen hat dieser Entscheid für die Gewährleistung der Gewaltentrennung und für politische Geschäfte, über die nicht debattiert werden kann? Drei Gemeinderät*innen aus dem Kreis 10 haben per Video zu diesen Fragen Stellung genommen.

Die ständigen Kommissionen sind weiterhin aktiv

2016 hatte der Stadtrat das Konzept zur «Führung in besonderen und ausserordentlichen Lagen» (FIBAL) letztmals angepasst. Darin ist festgehalten, dass die städtischen Organe in einer Notlage angepasste Entscheidungen treffen dürfen. Am 20. März hat der Regierungsrat des Kantons Zürich sogenannte Gemeindevorstände ermächtigt, an Stelle der Gemeindeversammlungen Entscheidungen zu treffen. In der Stadt ist dies der Stadtrat. Dieser erhält die vorübergehende und ausserordentliche Kompetenz, auf kommunaler Stufe schnell und unbürokratisch diverse Massnahmen zu beschliessen, «unter anderem zur Liquiditätsversorgung von Unternehmen und Selbstständigerwerbenden, zu Steuerforderungen von Gemeinden, zu Schulden gegenüber Lieferanten und Forderungen der Städte und Gemeinden, zur Unterstützung von gemeinnützigen Organisationen aus den Kultur-, Sozial-, Sport-, Bildungs- und weiteren Bereichen oder zur ausserordentlichen Unterstützung für Selbstständigerwerbende».
Dem Stadtrat steht ein Führungsstab unterstützend zur Verfügung, bestehend aus Vertreter*innen jener Dienstabteilungen, die bei einer Katastrophe zum Einsatz kommen, zum Beispiel die Stadtpolizei Zürich, Schutz und Rettung, die Stadtspitäler, ewz oder die Wasserversorgung. Dennoch sei es nicht so, dass der Stadtrat nun über die Köpfe des Gemeinderats hinweg entscheiden könne, so Martina Zürcher von der FDP Kreis 10. Denn die parlamentarische Aufsicht, welche durch die beiden ständigen Kommissionen, die Rechnungsprüfungskommission und der Geschäftsprüfungskommission, in der Zürcher selber Mitglied ist, wahrgenommen wird, sei weiterhin aktiv, auch wenn man sich nicht mehr zur Plenumssitzung treffe. Der Gemeinderat könne auch in dieser Situation weiterhin Vorstösse zuhanden des Stadtrats einreichen, so Ronny Siev von der GLP 10. Er bedaure jedoch, dass man es nicht geschafft habe, die Sitzungen via Kommunikationsplattformen zu organisieren. «Da fehlt uns die rechtliche Grundlage, und da wir nicht tagen, können wir die zu diesem Zeitpunkt auch nicht schaffen», meint Siev in seiner Videobotschaft.

 

Zeitsensible Geschäfte würden von den Gemeinderät*innen zusammengetragen und jeden Montag im Büro besprochen, erklärt Simone Brander, SP 10. Das «Büro» ist die Geschäftsleitung des Gemeinderats. Es organisiert den Ratsbetrieb und vertritt den Rat nach aussen. Die Gemeinderätin begrüsst den Entscheid des Bundes, die Volksabstimmung vom 17. Mai abzusagen, obwohl die eigene Initiative davon betroffen sei und die Produktion von Informationsmaterial bereits angelaufen gewesen sei. «Unter den aktuellen Umständen wäre es aber nicht möglich gewesen, die Stimmbevölkerung adäquat über die Abstimmungsvorlagen zu informieren, deshalb ist die Entscheidung richtig», so Brander. Andrea Leitner, Gemeinderätin der AL, appelliert von ihrem Homeoffice an die Bevölkerung, die Kleinstunternehmer*innen jetzt nicht zu vergessen und zu überlegen, wie man sie kurzfristig unterstützen könnte, zum Beispiel mit Onlinebestellungen oder Gutscheinkäufen für eine spätere Gelegenheit. «Wenn das viele machen, ist das immerhin etwas», so Leitner.

Heute, Mittwoch, 25. März, sollen Stadt- und Gemeinderat über die Kompetenzfragen diskutieren und den weiteren Fortgang zu wichtigen Geschäften entscheiden.

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