Brachiale Schönheit

Der blaue Sammelcontainer der Stadt ist keine Endstation für Aludosen und Büchsen. Wenn der Lastwagen sie in die Wiederverwertungsanlage fährt, beginnt die eigentliche Reise erst.

Die «Kralle» hievt das von den Sammelstellen gelieferte Material über ein erstes Sortiergitter.
Als erstes werden die übergrossen Gegenstände aussortiert.
Es rüttelt und rattert.
Der Überbandmagnet trennt das Weissblech vom Rest.
Hier wird das Weissblech abtransportiert.
Der Wirbelstromabscheider trennt Alu vom restlichen Abfall.
Ein Mitarbeiter kontrolliert nochmals, dass keine falschen Teile in die Presse gelangen.
Es landet auch allerlei Kurioses im Sammelcontainer.
Als Dosen gelangt das Alu in die Presse…
.. und als Blöcke kommen sie wieder raus.
Ein Fach voller Alublöcke
Alublöcke nach Legierung sortiert und bereit zum Abtransport.
Gepresste Tuben mit und ohne Deckel.
Autonummern haben ihre eigene Legierung.
Ein Berg von Aluspänen.
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Es ist eisig kalt in den hohen Hallen des Metallrecycling-Betriebs Metallum in Regensdorf. Das Dröhnen, das schon von weitem zu hören war, schwillt an – das ist hier kein Smartphone-Shop, hier wird richtig gross und laut gearbeitet. Als hätte der Weihnachtsmann einen wirklich grossen Sack mit silbernen Verpackungsschleifchen ausgeleert, türmt sich in einer Ecke ein Berg von Aluspänen. Späne brauchen viel Platz und bringen wenig Gewicht, viel praktischer sind da die Presslinge im nächsten Abteil, zylinderförmige Briketts, die sich gut für den Transport eignen. In diesen sogenannten Fächern, so gross, dass ein Lastwagen bequem darin parken könnte, sind die Metalle sortenrein gelagert, das heisst, nach Legierung geordnet. Meistens liefern die Firmen sie bereits sortiert, denn je sauberer das Material, desto höher der Preis. Weiter hinten schimmern rotgoldene Kupferdrahtlandschaften neben ausgedienten, kilometerlangen SBB-Oberleitungen, es ist ein wahres Mekka für jeden Altwarenhändler und Altmetall-Fan.

Gelebter Bubentraum

Der Lärm steigt auf Tinnitusniveau, als Metallhändler Markus Sidler von der Metallum die Gruppe näher zum Herzstück des Rundgangs führt: Die Alusortieranlage. Ein kleiner Kran mit grosser Kralle, der so manches Buben- und offensichtlich auch Männerherz höherschlagen lässt, gräbt seine «Finger» in einen Haufen farbiger Büchsen aus Weissblech und Dosen aus Aluminium und hievt die Ladung über ein im Boden eingelassenes Gitter. Ein Mitarbeiter sortiert die grösseren Fremdmetalle aus, die nicht durch die Querverstrebungen fallen. «Ursprünglich war die Idee, dass man die beiden Metalle bereits an der Sammelstelle trennt», schreit Sidler gegen den Lärm an, und man erinnert sich an die kleinen Magnete an den Containern, die anzeigten, was Blech war und was nicht. «Das hat nicht gut funktioniert. Es hatte oft Konservendosen im Aluminium, und wenn das zusammen eingeschmolzen wurde, wurde das Aluminium zu eisenhaltig, der Kunde wollte es so nicht mehr». Über ein senkrechtes Förderband gelangen die Büchsen nun in die Höhe. Es bebt und rumpelt im Schacht, hier versteht man kaum ein Wort und staunt nur über das, was vor sich geht: Immer wieder fliegen einzelne Büchsen blitzschnell in die Luft und bleiben an einem anderen Laufband kleben. Magie? Wohl eher Physik: Der Überbandmagnet zieht die Weissblechdosen an und bringt sie weg. Sie werden ebenfalls gesammelt und nach Oberrüti in die Elektrozinn AG transportiert, dort wird das Zinn, das als Korrosionsschutz dient, vom Weissblech getrennt und weiter vermarktet, während das Stahlblech im Stahlwerk eingeschmolzen wird.

Sortiert und «gebündelt»

Doch zurück zu den Aludosen. Diese sind inzwischen beim Wirbelstromabscheider angelangt: Am Ende des Bandes werden alle Teile elektrisch geladen, die leitfähigen Aluminiumteile werden dadurch an die Wand eines weiteren Schachts katapultiert, während die nicht leitfähigen Teilchen wie Papier, Plastik und anderer Unrat durch einen Spalt nach unten fallen. Es fällt schwer sich von diesem Schauspiel loszureissen, auch Daniel Frischknecht von der IGORA-Genossenschaft, welche das Alu Recycling in der Schweiz koordiniert, ist immer wieder fasziniert davon. Es sind robuste, klobige Gerätschaften, kein Touchscreen weit und breit, solide Maschinen, die rütteln und rattern und wahrscheinlich schon seit den Anfängen eingesetzt werden und noch immer brav ihren Dienst tun. Auch wenn sich die Augen nicht daran sattsehen können, die Ohren danken es, als die Gruppe endlich die schmale Leiter hinunterklettert. Unten kontrolliert ein Arbeiter noch einmal von Hand, dass sicher nichts durchgerutscht ist, was nicht Aluminium ist. Besondere Aufmerksamkeit gilt den Spraydosen: Diese enthalten Rückstände, welche hochexplosiv sind und auf keinen Fall in die Presse gelangen dürfen. Neben ihm stehen einige kleinere Container mit weiteren Dingen, von denen jemand dachte, dass auch sie in die Alusammlung gehören: Da gibt es einen dunkelroten Toaster, einen alten Ghettoblaster und sogar einen Bürostuhl. Wie der ins Loch gepasst hat, bleibt für immer ein Geheimnis. Schliesslich werden die Aludosen in der Paketierpresse zu hübschen, farbigen Kuben gepresst. In dieser Form lassen sie sich am besten transportieren und brauchen viel weniger Platz als im losen Zustand. Im Zwischenlager warten sie neben Blöcken aus Autonummern, Mayo- und Senftuben mit oder ohne Deckel und schon fast kunstähnlichen Würfeln aus silbrigen Alusträngen darauf, verladen zu werden. 

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